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Analoge oder digitale Erinnerungen? - Sind Fotoalben immer noch im Trend?

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Von: Robin Funke

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Auch Fotoalben und Tagebücher gehen mit der Digitalisierung, um zu überleben. © dpa

Hamm – Im Leben eines Menschen gibt es viele Ereignisse, die es wert sind, festgehalten zu werden. Doch wie „speichert“ die jüngere Generationen ihre Gedanken und Erlebnisse? Ganz analog mittels Tagebüchern und Fotoalben – oder reichen die Fotos auf dem Smartphone? Die yourzz-Reporter Aleyna Kalayci, Emely Kolodziej und Joelle Thielsch wollten das von drei Jugendlichen wissen. Sie sprachen mit der 18-jährigen Rabea Chatha, die erfolgreich ihre Schullaufbahn beendete, genau wie Anissah Chatha (18) und dem 19-jährigen Julian Steiner.

Besitzt du Fotoalben oder Tagebücher und führst sie weiter?

Rabea: Ich habe einige Fotoalben zu Hause und füge neue Fotos in regelmäßigen Abständen hinzu. Sogar für meinen Hund habe ich ein Album angelegt. Bei vielen Fotos habe ich zusätzlich ein paar Worte oder Zitate aufgeschrieben, an die ich mich auch in Zukunft gerne erinnern möchte. Mit jedem neuen Foto wächst die Sammlung. Das Festhalten der Erinnerungen in Fotoalben ist intensiver: Ich blicke in Zukunft auf einen Zeitabschnitt meines Lebens zurück. Alte Tagebücher besitze ich zwar, führe diese aber nicht weiter. Auf längere Sicht würde ich die Lust am täglichen Schreiben verlieren. Ein Fotoalbum ist einfacher.

Anissah: Sowohl Tagebücher als auch Fotoalben besitze ich. Allerdings schreibe ich seit einiger Zeit nichts mehr ins Tagebuch hinein: Mir fehlen Lust und Zeit. 

Julian: Ein Mensch für Tagebücher war ich noch nie. Allerdings besitze ich ein paar Fotoalben, aber nur mit Fotos von besonderen Anlässen wie meiner Konfirmation oder meinem Abitur.

Wieso machst du das – oder auch nicht?

Rabea: Es gibt mehrere Gründe für mich, warum ich mich für das Fotoalbum entschieden habe: Zum einen macht es mir Spaß Fotos zu knipsen, zum anderen halte ich so Augenblicke fest. Außerdem ist es spannend zu sehen, wie sich alles im Laufe der Zeit verändert.

Anissah: Erinnerungen in Form von Fotos festzuhalten und daraus ein Album entstehen zu lassen, ist sehr spannend: Hinter jedem Fotoalbum steckt eine Geschichte und ist verbunden mit zahlreichen Emotionen. Es ist immer wieder interessant, auf alte Zeiten zurückzublicken. 

Julian: Ich erstelle Fotoalben, um die Erinnerungen zu bewahren. Irgendwann einmal vergisst man auch prägende Ereignisse. So kann man sich an das Erlebte viel besser erinnern.

Denkst du, dass „handfeste“ Erinnerungsstücke aussterben werden?

Rabea: Erinnerungsstücke werden nie aussterben, denn jeder nimmt sicherlich auf seinen Reisen Gegenstände mit, die eine besondere Bedeutung haben. Für mich ist es selbstverständlich, Souvenirs mitzunehmen, wie zum Beispiel Muscheln. Dadurch werde ich immer an die schö- ne Zeit erinnert. Bei Tagebü- chern bin ich der Meinung, dass Jugendliche sich immer seltener dazu entscheiden, Gedanken und Erlebnisse im Tagebuch festzuhalten – der Einfluss der sozialen Medien ist zu groß. Das Hochladen von Bildern oder Videos ersetzt für viele Tagebuchschreiben. Trotzdem werde ich bestimmt nie die einzige Person sein, die ebenfalls gerne Einträge in ein Notizbuch schreibt, wenn man etwas Besonderes erlebt oder einfach Lust dazu hat.

Anissah: Durch den zunehmenden Einfluss sozialer Netzwerke werden viel mehr Fotos gepostet oder hochgeladen, als in Alben eingeklebt. Vielen reicht es, die Fotos digital zu speichern. Des Weiteren gibt es die Möglichkeit, Souvenirs zu sammeln. Jeder Gegenstand steht symbolisch für einen Ort oder einen besonderen Moment und spiegelt, wie ein Album, deine Lebensgeschichte wider. So schön das auch klingt, bin ich der Meinung, dass viele sich nicht mehr die Mühe machen zu sammeln. Dadurch sterben leider die „handfesten“ Erinnerungsstücke aus.

Julian: Ich denke, dass ‚handfeste‘ Erinnerungen über kurz oder lang aussterben werden, was ich sehr schade finde. Was nützt ein Handy voller Bilder von wichtigen Ereignissen, die ich irgendwann einmal löschen muss, weil ich Speicherplatz brauche? Natürlich kann man nicht von allen Erlebnissen Fotobücher zusammenstellen, doch für die wichtigen Sachen lohnt es sich immerhin, ein analoges Backup zu haben, auch wenn man es nicht immer bei sich tragen kann.

yourzz-Meinung: Tagebücher helfen gegen das Vergessen

von Aleyna Kalayci

„Das muss ich später in mein Tagebuch schreiben!“ Die meisten kennen diesen Satz von früher, als Sätze noch in Tagebücher geschrieben wurden. Doch das nimmt ab – im Alter und heutzutage: Jugendliche schreiben kaum regelmäßig in ihr Tagebuch, geschweige denn besitzen eins. Und warum? Weil Menschen in der heutigen Zeit alles Erlebte mit dem Handy festhalten. Sei es ein Foto, Video oder eine Sprachaufnahme, um diese direkt mit Freunden zu teilen. Tagebücher verlieren leider an Bedeutung, alles ist digital. Zwar werden Fotoalben auch nicht mehr so genutzt wie früher, jedoch haben Tagebücher einen größeren Nutzen: Man schreibt nicht nur Erlebnisse, sondern auch Gedanken nieder. Das hilft dabei, Gefühle und Probleme zu bewältigen und mit bestimmten Situationen besser umzugehen. Man schreibt sich die Seele frei. Beim Tagebuch hat man seine Gefühle aufgeschrieben, wodurch diese auch nach vielen Jahren präsent sind. Wenn man sich jedoch Bilder einige Jahre später anschaut, erinnert man sich zwar an die Situation, die Gedanken gehen allerdings verloren. Trotzdem sind Fotobücher wichtig: Jeder hat eins Zuhause – ob von den Eltern oder ein eigenes. Darin befinden sich alte Aufnahmen und private Fotos, die auf keinem Handy gespeichert sind. 

Es ist schön, seine Gedanken und Erlebnisse festzuhalten: Dadurch bekommt man einen freien Kopf, au- ßerdem helfen sie dabei, sich später wieder an die Situation zu erinnern. Fotoalben und Tagebücher sollten nicht vernachlässigt werden und wieder an Bedeutung gewinnen.

yourzz-Umfrage - Tagebücher sterben aus, Fotoalben bleiben

Ob Dias der Großeltern, Tagebücher aus Kindertagen oder unzählige Ordner auf dem PC: Schöne Erinnerungen festzuhalten, war vielen schon immer wichtig. Ob es noch dem Trend der Zeit entspricht, das Erlebte schriftlich zu erfassen, fragten wir von yourzz 100 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 24 Jahren.

Was früher ein „Ort“ war, um mit einfachen Worten seine Sorgen loszuwerden, wird heute kaum noch genutzt: Nur 30 Prozent der Befragten gaben an, noch eine Art Tagebuch zu führen. 

Dabei verfassen Gelegenheitsschreiber vor allem Einträge über schöne Erinnerungen, beispielsweise Reisen oder besondere Momente wie Bildungsabschlüsse und berufliche Erfolge. Für diejenigen, die regelmäßig Einträge schreiben, ist ein Tagebuch vor allem ein Ventil in schwierigen Zeiten. Aber auch schlichte, alltägliche Gedanken finden Platz in dem Schriftstück.

Fotoalben hingegen sind den Befragten weiterhin wichtig: 48 Prozent finden die analogen Erinnerungsstücke immer noch zeitgemäß. Dass auch das klassische Fotoalbum zunehmend digitalisiert, vermuten 40 Prozent. Nur elf Personen halten Fotos als Erinnerungen überholt.

Technischer Fortschritt ermöglicht, tausende Bilder digital festzuhalten – trotzdem bevorzugen 42 Prozent gebundene Fotobücher. Hier spielt allerdings die Bedeutung der Fotos eine Rolle.

Um die vielen Bilder zu speichern, nutzen immer noch 44 Prozent der Befragten die bewährten Datenträ- ger wie CDs oder USB-Sticks. Lediglich 26 Umfrageteilnehmer verwenden Clouds und andere digitale Speicherformen. Zum Schluss gaben die Teilnehmer in einem Ranking ihre wichtigsten Fotoerinnerungen an: Das wichtigste sind Familienfotos und besondere Erinnerungen. Dicht gefolgt von Fotos mit Freunden und Freizeitaktivitäten. Das Schlusslicht bilden private Fotos. Einige Teilnehmer gaben keinerlei unterschiedliche Wertigkeit an.

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