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Streit um Verbrenner-Aus: Lohnt sich der Kauf eines neuen Autos noch? 

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Von: Marvin K. Hoffmann

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Neue Autos mit Verbrennungsmotoren sollten ab 2035 eigentlich verboten werden. Das hätte weitreichende Folgen für Verbraucher. Experten befürworten den Schritt dennoch.

Dortmund – Das Aus für Verbrennungsmotoren ab 2035 ist in der EU war schon eigentlich beschlossene Sache. Doch zunächst wurde die EU-Abstimmung auf unbestimmte verschoben – obwohl sich Unterhändler des Parlaments und der EU-Länder bereits im Oktober auf einen Kompromiss verständigt hatten, in dem viele das Aus für klassische Verbrennungsmotoren bei Autos sehen. Für die Autofahrer in Nordrhein-Westfalen und ganz Deutschland hätte das weitreichende Folgen. Die Bundesverbraucherzentrale würde diesen Schritt dennoch aus Klimaschutz-Sicht begrüßen.

Verbraucherzentrale begrüßt Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035

„Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren haben, obwohl sie in den vergangenen Jahren effizienter geworden sind, nach wie vor einen beträchtlichen Anteil an der CO₂-Emission des Verkehrs – Tendenz steigend. Denn eine immer weiter zunehmende Anzahl an Fahrzeugen und höhere Fahrleistungen überkompensieren die Verbrauchsvorteile, der gesamte CO₂-Ausstoß sinkt somit nicht, sondern steigt sogar. Ohne eine Antriebswende wird sich dies auch nicht ändern“, erklärt Verbraucherschützer Gregor Kolbe auf Nachfrage von wa.de. Er erhofft sich aufgrund des Verbrenner-Verbots, das die Neuwagenpreise nicht sofort in die Höhe schnellen lässt, einen Technologieschub, der letztendlich auch den Verbrauchern zugutekommen würde.

Obwohl in den vergangenen Jahren viele Fortschritte bei der Nutzung der E-Autos gemacht worden sei, wie etwa beim kontinuierlichen Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur, bleibe hier auch noch viel zu tun. „Vorgaben wie ein Verbrennerverbot für Neufahrzeuge ab 2035 oder ambitionierte Vorgaben für den Ausbau der Ladeinfrastruktur sind wichtig, um den Herstellern, aber auch den Verbrauchern Planungssicherheit zu geben und sich auf die anstehenden Veränderungen einzustellen“, meint Kolbe. Der ADAC sieht das ähnlich.

„Der ADAC hält es für richtig, dass ab 2035 nur noch Pkw zugelassen werden, die null Emissionen ausstoßen“, erklärt ADAC-Sprecher Andreas Hölzel auf Nachfrage von wa.de. Das sei aber nicht unbedingt eine Frage der Antriebstechnologie. „Wichtig wäre es aus Sicht des ADAC, Möglichkeiten zur emissionsfreien Weiterentwicklung des Verbrenners nicht grundsätzlich auszuschließen. Zusätzlich wird es wichtig sein, Lösungen für den Pkw-Bestand zu entwickeln, damit Klimaschutzziele im Verkehr erreicht werden können“, meint er.

ADAC fordert nach Verbrenner-Aus den Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos

Aus Sicht des ADAC müssen zudem „jetzt die Versorgung mit erneuerbarem Strom gesichert, die Stromverteilnetze und die Ladeinfrastruktur auf die wachsende Nachfrage vorbereitet werden“, damit der Wechsel hin zur Elektromobilität gelänge. „Und mindestens ebenso wichtig: E-Fahrzeuge für Verbraucher müssen bezahlbar sein, auch im Kleinst- und Kleinwagensegment sollten günstige Pkw verfügbar sein. Nur so kann sichergestellt werden, dass E-Mobilität für alle erschwinglich ist“, erklärt ADAC-Sprecher Hölzel. Denn viele Autofahrer, auf die in Zukunft eine Änderung bei der Führerscheinprüfung zukommt, haben auch die Sorge, dass sie sich nach dem Verbrenner-Aus keine Autos mehr leisten können – oder E-Autos ihren Ansprüchen nicht genügen würden.

Die Verbraucherzentrale gibt hier Entwarnung. „Vor dem Fahrzeugneukauf sollte grundsätzlich ergebnisoffen geprüft werden, was die Anforderungen an ein Fahrzeug sind. Das bedeutet auch, dass gewohnte Routinen hinterfragt werden sollten. Das sollte die Fahrzeuggröße, aber auch Leistung und Antriebsart beinhalten“, rät Experte Gregor Kolbe. Bei der Reichweitenfrage – häufiges Argument gegen E-Autos - sollte nicht der einmal im Jahr stattfindende Autourlaub die Basis bilden, sondern die tägliche Mobilität.

„Dafür reichen derzeitige E-Autobatterien meist völlig aus“, meint Verbraucherschützer Kolbe. Und: „Bei den Kosten sollte nicht nur der Kaufpreis bzw. die Leasingrate betrachtet werden, auch die weiteren Kosten können sich über den gesamten Besitz summieren.“ Sparsamere, aber etwas teurere Autos könnten so am Ende günstiger werden. „Das ist besonders relevant bei E-Autos, die in der Regel zwar teurer sind, durch geringere Energiekosten und staatliche Kaufzuschüsse aber unterm Strich günstiger sein können als vergleichbare Benziner“, teilt die Verbraucherzentrale auf Nachfrage von wa.de mit.

Aus für Verbrennungsmotoren ab 2035 könnte zu einem Umdenken bei Autofahren führen

Ein Aus für Verbrennungsmotoren ab 2035 könnte also zu einem Umdenken führen und letztendlich vielleicht sogar den Geldbeutel der Autofahrer schonen. Auch eine weitere Angst kann den Verbrauchern genommen werden. Da die Neuzulassung von Verbrennern erst ab 2035 verboten wäre, müssen Kunden hier noch nicht mit Einschränkungen rechnen.

„Autohersteller bieten heute auch mehrere Jahre nach dem Auslaufen eines Modells noch Ersatzteile an. Daran wird sich in den kommenden Jahren nichts ändern, da das Zulassungsverbot für neue Verbrenner erst 2035 in Kraft träte. Und auch danach wäre nicht mit einem plötzlichen Ersatzteilstopp zu rechnen. Wer sich heute oder in den kommenden Jahren ein neues Fahrzeug kaufen möchte, wird auch entsprechende Ersatzteile erhalten“, erklärt Gregor Kolbe von der Verbraucherzentrale. Daher könnte sein Neuwagen mit Verbrennungsmotor weiterhin bedenkenlos gekauft werden, meint auch der ADAC.

Neuzulassungen ab 2035 verboten: Verbrenner im Bestand dürfen weiter auf der Straße unterwegs sein

Verbrenner im Bestand dürften schließlich auch in jedem Fall über den Zeitraum ab 2035 weiter verwendet werden, erklärt der Automobil-Club. Nur Neuzulassungen, bei denen Pkw-Fahrer von einer neuen 10-Tage-Regel profitieren, wären betroffen. „Auch die Ersatzteilversorgung dürfte weiter gesichert sein, allein schon, weil ein großer Markt hierfür vorhanden ist. Aktuell muss man keine Angst haben, dass man mit modernen Verbrennern in absehbarer Zeit nicht mehr fahren dürfte. Daher kann bei einem entsprechenden Anforderungsprofil ein moderner Verbrenner einem Elektroauto aktuell immer noch weit überlegen sein“, sagt ADAC-Sprecher Hölzel.

Die Folgen für Verbraucher nach dem – nun doch noch nicht beschlossenen – Aus für Verbrennungsmotoren ab 2035 wären also weitreichend, aber offenbar bei weitem nicht so negativ wie zunächst angenommen. Autofahrern ermöglichen sie auch weiterhin eine gute Fahrt – meinen jedenfalls die Experten.

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