Schreckschusswaffe statt Böller an Silvester: Ist das denn erlaubt?
Wenn man an Silvester Raketen in den Himmel schießen darf, könnte ich doch auch eine Schreckschusswaffe abfeuern, oder? Nein, tatsächlich nicht.
Hamm – Knallerbsen, China-Böller, Raketen, Wunderkerzen – und Schreckschusspistolen? Ja, auch die gehören bei einigen Menschen zum Silvester-Repertoire, um den Jahreswechsel mit einem lauten Bumms zu feiern. Aber ist das in Deutschland überhaupt erlaubt? Grundsätzlich nicht. Es gibt jedoch eine Ausnahme.
Wer volljährig ist, also mindestens 18 Jahre alt, darf eine Schreckschusswaffe erwerben. Sie in der Öffentlichkeit bei sich zu tragen oder gar abzufeuern, ist aber nicht gleich auch erlaubt. In Deutschland muss dafür der sogenannte „Kleine Waffenschein“ beantragt werden – und selbst dann dürfen Schreckschusspistolen nicht einfach so in der Öffentlichkeit – auch nicht an Silvester – abgefeuert werden.
Pistole statt Böller: Darf ich Silvester Schreckschusswaffen benutzen?
„Verboten ist das Schießen außerhalb von Schießstätten und außerhalb der Wohnung, der Geschäftsräume und des befriedeten Besitztums, außer in Fällen der Notwehr und des Notstandes“, teilt die Duisburger Polizei dazu in einem Merkblatt mit. Ausnahmen von dieser Regel gelten auch nicht an Silvester. Zwar ist an diesem Tag das Abbrennen von bestimmter Pyrotechnik, deren Verkauf in den Discountern und Supermärkten bald schon startet, gestattet. Die Schreckschusspistole darf zum Jahreswechsel im öffentlichen Bereich aber nicht zum Einsatz kommen. Es sei denn:
- man befindet sich auf einem befriedeten Grundstück;
- das Grundstück ist gegen das unbefugte Betreten durch Zäune, Hecken und so weiter gesichert – der Vorgarten alleine reicht also nicht;
- der Inhaber des Hausrechts stimmt ausdrücklich zu;
- nur zugelassene Platzpatronen/Munition wird genutzt;
- die Schreckschusswaffe wird nicht in der Nähe leicht brennbarer Objekte abgefeuert.
Diese Regeln zum richtigen Umgang mit Schreckschusswaffen sollten unbedingt eingehalten werden. Denn die Strafen haben es in sich. Das Abfeuern einer solchen Waffe mit dem „Kleinen Waffenschein“ auf öffentlichem Grund stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße bis 10.000 Euro geahndet werde, erklärte die Polizei. Gleichzeitig könne die Waffe eingezogen werden. Das Abfeuern einer solchen Waffe ohne den „Kleinen Waffenschein“ auf öffentlichem Grund stelle sogar eine Straftat dar, die mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe (bis zu drei Jahren Haft) geahndet werde, gleichzeitig werde die Waffe eingezogen.
Dürfen Schreckschusswaffen an Silvester abgefeuert werden?
Nun können Schreckschusswaffen nicht nur Platzpatronen verschießen. Als Zubehör lässt sich auch pyrotechnische Munition erwerben wie Leuchtsterne, Pfeif- oder Rattergeschossen. Hierfür gelten – auch an Silvester – die gleichen Regeln wie für die Platzpatronen. Zusätzlich gilt: Der Schütze muss sicherstellen, dass die Geschosse das befriedete Grundstück nicht verlassen. Er muss also möglichst senkrecht nach oben schießen und auf äußere Faktoren wie die Windrichtung achten.
Nicht jeder, der in Deutschland in Besitz einer Schreckschusswaffe ist, hat sie sich lediglich für den Gebrauch an Silvester zugelegt. Manch einer kaufte sich sie vielleicht auch aus Gründen des Selbstschutzes. Die Polizei NRW gibt dabei allerdings unter anderem zu bedenken: „Vor der Beantragung eines Kleinen Waffenscheins oder dem Erwerb einer Gas-, Schreckschuss- oder Signalwaffe sollten Sie sich fragen, ob Sie eine solche Waffe wirklich benötigen oder auch in der Öffentlichkeit tragen wollen. Denn das Mitführen bringt erhebliche Gefahren mit sich.“
So würden die Schreckschusswaffen „zumeist wie scharfe Waffen“ aussehen. Häufig seien sie nicht von solchen zu unterscheiden, „wodurch es unter Umständen zu einem unkontrollierten Handeln bei Außenstehenden kommen“ könne. Ungeübte Waffenträger könnten sich in extremen Stresssituationen zudem „selbst gefährden oder Unbeteiligte verletzen, aus nächster Distanz können sie sogar lebensgefährliche Verletzungen hervorrufen“. Wer sich dennoch dazu entschließt, eine Schreckschusswaffe zu erwerben und den „Kleinen Waffenschein“ zu beantragen, der muss einige Dinge beachten.
Wer kann den Kleinen Waffenschein für Schreckschusswaffen beantragen?
„Der Kleine Waffenschein gemäß § 10 Abs. 4 Satz 4 Waffengesetz berechtigt zum Führen von Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen außerhalb des befriedeten Besitztums. Voraussetzung für die Erlaubnis ist die Vollendung des 18. Lebensjahres“, erklärte das NRW-Innenministerium auf Nachfrage von wa.de. Weiter hieß es: „Genau wie bei der Prüfung anderer waffenrechtlicher Erlaubnisse werden zusätzlich die Zuverlässigkeit sowie die persönliche Eignung des Antragstellers zum Führen einer Waffe geprüft.“ Dazu würden Auskünfte aus dem Bundeszentralregister, dem Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister sowie den polizeilichen Systemen herangezogen werden. Weiterhin erfolge eine Abfrage beim Landesamt für Verfassungsschutz.
Interessant hierbei: In den vergangenen Jahren stieg die Anzahl derer, die in Besitz eines Kleinen Waffenscheins sind. Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich, auch das ergab eine Anfrage von wa.de, die Zahl der Anträge mehr als verdreifacht. Die Gesamtzahlen der Inhaber von Kleinen Waffenscheinen gliedern sich dabei wie folgt:
Jahr | Inhaber eines Kleines Waffenscheins in NRW |
---|---|
2012 | 60.358 |
2013 | 62.001 |
2014 | 65.553 |
2015 | 70.757 |
2016 | 121.690 |
2017 | 144.215 |
2018 | 155.622 |
2019 | 167.002 |
2020 | 174.744 |
2021 | 181.072 |
2022 (Stichtag: 30. November) | 191.700 |
Ob die Anträge für Kleine Waffenscheine zum Jahresende zunehmen, ließ sich leider nicht feststellen. Fest steht aber: Mit der gelungenen Silvesternacht klappt es ganz sicher auch ohne Schreckschusswaffen – egal ob erlaubt oder verboten. Mancherorts müssen die Menschen sogar ganz auf die private Knallerei – es gibt Argumente dafür und dagegen – verzichten. So hat unter anderem die Stadt Bielefeld schon Böllerverbotszonen eingerichtet, auch in Dortmund ist es an zwei Orten an Silvester 2022 verboten.