DHL wehrt sich gegen Negativpreis - „Digitalzwang“ bei Packstationen
Die Deutsche Post DHL Group hat den „Big Brother Award“ erhalten – es ist Negativpreis in der Kategorie Verbraucherschutz. Gegen die Vorwürfe wehrt sich das Unternehmen.
Hamm - Die Jury des „Big Brother Award“, einem Datenschutz-Negativpreis, übt scharfe Kritik an der Deutschen Post DHL Group. Die Gründe: Digitalzwang und die Übertragung von Daten an Trackingfirmen. Im Fokus steht die Post- und DHL-App. Das Unternehmen wehrt sich gegen die Vorwürfe.
Die Packstationen von DHL werden zunehmend beliebter. Zu jeder Tag- und Nachtzeit können dort Pakete abgegeben oder auch abgeholt werden. Anfangs konnte man noch alle Packstationen ohne App und teils auch ohne Registrierung nutzen. Mittlerweile gibt es aber neuere Packstationen, die nur mit einem Smartphone verwendet werden können.

„Digitalzwang“ bei Packstationen: Deutsche Post DHL Group erhält Negativpreis
Und auch bei älteren Modellen stellt DHL auf eine Steuerung per App um. Bei diesen Packstationen gibt es dann kein Display mehr. Das Smartphone der Kunden verbindet sich via Bluetooth und GPS mit der Packstation. In der App kann dann der Versand beziehungsweise Empfang koordiniert werden.
Und genau hier setzt die Kritik vom „Big Brother Award“ an. „Digitalzwang“ nennt die Jury die neuen Packstationen. Stehe die Packstation in einer Gegend mit schlechtem Mobilfunkempfang oder das Guthaben für mobile Daten sei aufgebraucht, habe der Kunde „Pech gehabt“. Und ohne Smartphone „können Sie das mit der Abholung komplett vergessen“, heißt es in der Award-Begründung der Jury. „Es ist überhaupt nicht ok, einfach vorauszusetzen, dass jede und jeder ein Smartphone haben muss.“
„Big Brother Award“
Der „Big Brother Award“ ist ein Datenschutz-Negativpreis, der an Firmen, Organisationen und Politiker verliehen wird. Er wird unter anderem vom Verein Digitalcourage, der Deutschen Vereinigung für Datenschutz e.V. und dem Chaos Computer Club ausgerichtet. Die jährliche wechselnde Jury setzt sich aus Vertretern der Vereine, aber auch externen Datenschutz-Experten zusammen. So saß beim „Big Brother Award“ 2023 auch Peter Wedde, Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Science sowie Herausgeber und Autor, in der Jury.
2023 erhielten neben der Deutschen Post DHL Group auch die Unternehmen Zoom Video Communications, Microsoft und „finleap“ sowie das Bundesfinanzministerium den „Big Brother Award“.
„Big Brother Award“ für DHL: Unternehmen weist Kritik zurück
Auf Anfrage von wa.de hat sich die Deutsche Post DHL Group zu dem „Big Brother Award“ und den Vorwürfen geäußert. „Die Kritik des Vereins Digitalcourage an unseren Packstationen können wir nicht nachvollziehen und weisen diese daher zurück“, sagt Pressesprecher Stefan Heß. Man schließe niemanden aus und biete seinen Kunden „das engmaschigste Postnetz überhaupt“.
„Die Packstationen ergänzen unsere anderen Empfängerservices: wie die Zustellung an einen Ablageort, beim bevorzugten Nachbarn, die Direktadressierung an die Lieblingsfiliale und den klassischen Paketempfang an der Wohnungstür“, so Heß. Außerdem würde der Großteil der aktuell mehr als 11.500 Packstationen weiterhin über einen Bildschirm verfügen. Mit den App gesteuerten Packstationen wolle man den besonders Smartphone affinen Zielgruppen eine zusätzliche Möglichkeit des Paketempfangs anbieten. Bei den App gesteuerten Packstationen handele es sich um ein zusätzliches Angebot.
Und auch die Anschuldigung, die Post- und DHL-App übertrage „unsichtbar“ Daten an externe Stellen, noch bevor der Nutzer mit ihr interagiert habe, weist das Unternehmen zurück.
„Das ist illegal“: Datenschutz-Verstoß in der DHL-App?
Die Verantwortlichen des „Big Brother Award“ werfen der Deutschen Post DHL Group vor, sowohl die Europäische Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) als auch das TTDSG (Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz) sträflich zu missachten. Die App würde Daten an Google und Adobe übertragen, bevor der Nutzer den „Cookie Consent Banner“ angezeigt bekomme. „Das ist illegal“, lautet das Fazit der Jury.
Pressesprecher Stefan Heß hält dagegen. Die Deutsche Post DHL Group halte sich „selbstverständlich strikt an die Regeln und Vorgaben der Datenschutzgesetze“. Die App erhebe „nicht für die Erbringung der Dienstleistung notwendige Daten nur nach Information und Zustimmung der Kund:innen“. Zudem erfolge dies ebenso wie die Auswertung anonym. Dies sei rechts- und datenschutzkonform.
„Erfreulicherweise wurde unsere App kürzlich, im Oktober 2022, von der Stiftung Warentest zum Testsieger in Sachen Datenschutz erklärt“, so Heß. Stiftung Warentest habe dem Unternehmen unter anderem ein „sparsames Erheben von Nutzerdaten“ sowie „keine Mängel in der Datenschutzerklärung“ bestätigt.
Weitere Kritikpunkte der Award-Verantwortlichen an DHL:
- Abbau der Grundversorgung: Die Deutsche Post DHL Group entziehe sich den Pflichten der Grundversorgung bei der Briefzustellung, unter anderem durch den Plan, Postfilialen durch Automaten – sogenannte „Poststationen“ – zu ersetzen.
- Greenwashing: Die Paketzustellung an Packstationen werde als Klimaschutz verkauft, da die DHL-Fahrzeuge die Pakete gesammelt in den Packstationen abgeben. Das eingesparte CO2 würden allerdings dann die Kunden verbrauchen, die einzeln zur Packstation fahren müssen, um ihr Paket abzuholen.