EZB erhöht Leitzins: Das sind die Auswirkungen für Hausbauer und Sparer
Die EZB hat den Leitzins deutlich erhöht und damit die Zinswende eingeleitet. Dieser Schritt hat Folgen für Hausbauer und Sparer.
Hamm - Die Inflation treibt den Menschen derzeit Sorgenfalten ins Gesicht. Im Mai lag die Rate in Deutschland bei 7,9 Prozent - so hoch wie seit fast 50 Jahren nicht mehr. Einen Höchstwert erreichte die Inflation mit 8,6 Prozent auch in der Eurozone. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat reagiert erhöht den Leitzins im Juli 2022. Das hat Auswirkungen auf jeden einzelnen - vor allem aber auf Sparer und Hausbauer.
Name | Europäische Zentralbank (EZB) |
Präsidentin | Christine Lagarde |
Hauptsitz | Frankfurt am Main |
Zinserhöhung der EZB: Gestiegene Zinsen haben Folgen für Sparer und Hausbauer
Seit gut sechs Jahren liegt der Leitzins bei null Prozent. Mit der Ankündigung, ihn erhöhen zu wollen, leitet die EZB die Zinswende in der Eurozone ein. Beim Treffen des EZB-Rats am Donnerstag (21. Juli) wurde die Zinswende eingeleitet. Nachdem weltweit Zentralbanken die Leitzinsen bereits deutlich erhöht haben, passiert dies jetzt auch in der Eurozone passieren: Die EZB erhöht die Zinsen im Euroraum angesichts der Rekord-Inflation erstmals seit elf Jahren. Der Leitzins steigt unerwartet kräftig von null auf 0,50 Prozent. Der Negativzins von minus 0,50 Prozent für geparkte Gelder von Geschäftsbanken entfällt. Die Erhöhungen der Zinsen treten zum 27. Juli in Kraft.
Zum Verständnis: Der Leitzins ist der Preis, den Banken zahlen müssen, wenn sie sich Geld bei der EZB leihen oder anlegen. Deshalb hat eine Veränderung des Leitzinses auch indirekt Auswirkungen auf Verbraucher: Die Banken müssen mehr zahlen und geben deshalb die hohen Zinsen an ihre Kundschaft weiter. Dadurch ist weniger Geld im Umlauf, Investitionen und Konsum nehmen ab - die Nachfrage sinkt. Das wirkt sich dann positiv auf die Preisentwicklung aus - der Euro gewinnt an Wert, und die Inflation wird ausgebremst.
Die Leitzinserhöhung hat unterschiedliche Folgen für die Menschen - je nachdem, in welcher Position sie sich gerade befinden. Ein Überblick.
Leitzinserhöhung: Aus für Negativzinsen? Erste Banken haben bereits reagiert
Aufgrund der Zinswende könnten Niedrigzinsen auf Tagesgeld- und Festgeldkonten oder gar Negativzinsen auf Konten, die einen bestimmten Freibetrag überschreiten, der Vergangenheit angehören. Aufgrund der Negativzinsen entstehen den Banken aktuell Kosten, die sie oftmals in Form von Verwahrentgelten oder Negativzinsen an ihre Kunden weitergeben.
Damit sollte nun Schluss sein - laut dem Vergleichsportal Verivox haben bereits 49 Banken in Deutschland die Negativzinsen ganz oder teilweise abgeschafft. Als erste große Bank schaffte die ING das Verwahrentgelt für fast alle Kunden wieder ab. Es folgten weitere, etwa die Sparda-Bank. Trotzdem verlangen aut Verivox noch immer 426 Banken Negativzinsen (Stand: 20. Juli).
Zinsen steigen: Sparer profitieren - aber nicht so sehr, wie erhofft
Von der Erhöhung des Leitzinses profitieren vor allem diejenigen, die sparen. Die Zinsen auf Tages- und Festgeldkonten dürften steigen, bereits jetzt zeigen sich entsprechende Tendenzen. Aber bei aller Freude über mehr Zinsen: Der Zinserhöhung steht eine Inflationsrate über 7 Prozent gegenüber. Das bedeutet, dass der Realzins auch weiterhin im negativen Bereich bleiben wird. Im Klartext heißt das: Das angesparte Geld wird sogar weniger, weil es durch die Inflation an Wert verliert.
Es lohnt sich also nicht, große Summen aufs Konto zu packen - in der Hoffnung, etwas Rendite zu erhalten. Im Schnitt zahlen die Banken in Deutschland laut Verivox aktuell bis zu 1,3 Prozent Zinsen für Festgelder mit zwei Jahren Laufzeit - noch zu Beginn des zweiten Quartals betrugen die besten Angebote lediglich 0,41 Prozent. Bei Tagesgeldkonten werden hingegen noch deutlich niedrigere Zinsen von durchschnittlich 0,05 Prozent gezahlt.
Sparer sollten daher möglichst wenig Geld auf dem Tagesgeld- oder Girokonto parken. Für das Gesamtjahr 2022 rechnet die Bundesbank mit einer Inflationsrate von 7,1 Prozent - 10.000 Euro auf einem unverzinsten Girokonto würden somit in einem Jahr 663 Euro an Wert verlieren.
Leitzinserhöhung: Bauen und Kaufen wird deutlich teurer
Für Hausbauer ist die Zinswende eine eher schlechte Nachricht. Wer einen Kredit aufnimmt, muss mit steigenden Kosten rechnen. Der Bau eines Eigenheims oder der Kauf von Immobilien und Grundstücken wird teurer. Das betrifft übrigens auch die Finanzierung von Autos und Küchen.
Die Bauzinsen sind zwischen Januar und Juni 2022 laut dem Internetportal Finanztip auf den höchsten Stand seit zehn Jahren angestiegen. Für einen Kredit mit fünf Jahren Laufzeit wurden Anfang Juli im Schnitt circa 3,2 Prozent Zinsen fällig, bei einer Laufzeit von zehn Jahren waren es 3,3 Prozent. Wer den Kredit über einen deutlich längeren Zeitraum von 20 Jahren abbezahlt, muss mit einem Zinssatz von circa 3,8 Prozent rechnen.
EZB erhöht Leitzins - Auswirkungen auf die Inflationsrate und Verbraucherpreise?
Merken die Verbraucher die Leitzinserhöhung auch im alltäglichen Konsum, wenn dieser Schritt der Inflation entgegenwirken soll? Mit sinkenden Preisen etwa im Supermarkt oder niedrigeren Lebenserhaltungskosten ist nicht zu rechnen. Die Inflation wird aktuell insbesondere von den hohen Energiepreisen getrieben. Hintergrund sind die derzeit hohen Preise an den internationalen Rohstoffmärkten - auf diese hat die EZB aber keinen Einfluss.
Dämpfend könnte sich eine deutliche Entscheidung der EZB hingegen auf die Inflationserwartungen auswirken. Verhindert werden soll so eine Verstetigung der hohen Inflation durch eine Lohn-Preis-Spirale. Die EZB hat angekündigt, die Leitzinsen zunächst um 0,25 Prozentpunkte zu erhöhen, einige Analysten halten auch eine deutlichere Erhöhung von 0,5 Punkten für denkbar. (mit AFP-Material).