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Kaffee mit Hafermilch löst Steuer-Wirbelsturm aus – „Zeigt die Kuriositäten“

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Von: Marvin K. Hoffmann

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Hafermilch ist anders als Kuhmilch, nicht nur im Geschmack. Es fallen auch andere Steuersätze an – wegen einer absurden Regel. Steuer-Experten fordern eine Reform.

Hamm – Wer in einem Café einen Kaffee mit Hafermilch bestellt, weiß mitunter gar nicht, was er damit auslöst. Einen Wirbelsturm von kuriosen Steuer-Regeln. „Wenn ein Kunde den Kaffee vor Ort trinkt, wird die Kuhmilch nur mit 7 Prozent versteuert, die Hafermilch aber schon mit 19 Prozent. Anders ist es wieder, wenn der Kunde einen Coffee-to-go bestellt“, erklärt Stefan Oelrich von „Drei:klang Café“ in Münster, der selbst keinen Aufpreis für Hafermilch nimmt, im Gespräch mit wa.de. Es ist kompliziert. Experten fordern daher eine Reform.

Komplizierte Umsatzsteuer im Café: Hafermilch muss anders versteuert werden als Kuhmilch

Vorab entschuldigen Sie bitte den kurzen Ausflug ins Steuerrecht: 19 Prozent Umsatzsteuer nach § 12 Abs. 1 UStG gilt für alles, was nicht dem ermäßigten Steuersatz unterliegt oder nicht umsatzsteuerfrei ist. 7 Prozent Umsatzsteuer nach § 12 Abs. 2 UStG gilt z.B. für Lebensmittel, Bücher und Zeitschriften, Personennahverkehr, Tickets für ein Konzert sowie Theater oder Museen, lebende Tiere. So weit verständlich.

Nun ist der Mehrwertsteuersatz für Milchmischgetränke mit alternativer Milch wie Soja-, Reis- oder Hafermilch allerdings nicht ermäßigt. Denn: Pflanzliche Milch wird nicht als Grundnahrungsmittel gezählt. Getränke mit dieser Art Ersatzmilch werden daher in der Regel mit 19 Prozent besteuert. Milch und Wasser wiederum gelten als Grundnahrungsmittel und werden nur mit 7 Prozent besteuert. Falls Ihnen das alles zu kompliziert ist, keine Sorge: Sie sind nicht alleine.

Umsatzsteuer sorgt bei Hafermilch und Co. für Verwirrung im Café: „Wir brauchen eine große Reform“

„Dies zeigt die Kuriositäten in der Umsatzbesteuerung – weitere Einzelmaßnahmen ergeben deshalb keinen Sinn. Wir brauchen eine große Reform, die endlich Ordnung schafft – und Klarheit sowohl beim Konsumenten als auch beim Produzenten“, sagt Reiner Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler Deutschland e. V., auf Nachfrage von wa.de. Das deutsche Steuerrecht wäre aber nicht das deutsche Steuerrecht, wenn es nicht noch komplizierter werden könnte.

Entscheidend beim Coffee-to-go ist nicht nämlich nicht nur die Milch – sondern auch die Menge, die davon im Kaffee enthalten ist. Hat der Kaffee nämlich nur einen Schuss Milch intus, wird er mit 19 Prozent besteuert. Ist im Kaffee mindestens ein Milchanteil von 75 Prozent vorhanden, zählt er wieder als Grundnahrungsmittel und wird nur mit 7 Prozent besteuert. Die einzige Konstante hierbei: Milchersatzprodukte wie Hafer- oder Sojamilch im Kaffee werden immer mit 19 Prozent besteuert. Das erklärt auch, warum einige Cafés einen Aufpreis nehmen.

„Kaffeegetränke mit Hafermilch reihen sich ein in die vielen Angebote von Cafés. So ist ein Kaffee mit Kuhmilch teurer als ohne Kuhmilch. Insofern ist es auch legitim, für die teurere Hafermilch einen höheren Preis zu verlangen“, sagt Verbraucherschützer Frank Waskow dazu zwar im Gespräch mit wa.de. Doch auch er fordert eine Reform der Umsatzsteuer. „Aus Sicht der Verbraucherzentrale NRW wäre es dringend notwendig, die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze von Milch und Pflanzendrinks wie Hafermilch - wie auch von vielen anderen Lebensmitteln - anzupassen“, meint er.

Bis das so weit ist, dürften in Deutschland aber wohl noch einige Kaffees mit unterschiedlichen Steuersätzen über die Ladentheken gehen. Das Steuerrecht ist eben kompliziert – und bleibt es vorerst auch. Da hilft nur: abwarten und Tee trinken.

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