EZB erhöht Leitzins: Das hat Folgen für Verbraucher
Die EZB hat zum zweiten Mal binnen kurzer Zeit eine Leitzins-Erhöhung beschlossen. Welche Bedeutung das konkret hat - und welche Folgen für Verbraucher in Deutschland.
Hamm - Jahrelang war die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) von äußerster Zurückhaltung geprägt. Doch die extreme Inflation, die seit Monaten in Europa und auf der ganzen Welt herrscht, hat die Währungshüter zum Umdenken gebracht. Nun hat die EZB zum zweiten Mal in diesem Jahr den Leitzins erhöht - diesmal sogar um 0,75 Prozentpunkte und damit so viel wie noch nie seit der Einführung des Euro. Aber welche Bedeutung hat die Erhöhung konkret? Und was sind die Folgen für Verbraucher?
Behörde | Europäische Zentralbank (EZB) |
Präsidentin | Christine Lagarde |
Hauptsitz | Frankfurt am Main |
Leitzins-Erhöhung der EZB: Bedeutung und Folgen für Verbraucher
Mit der neuerlichen Erhöhung steigt der Leitzins im Euroraum nun auf 1,25 Prozent. Damit liegt er so hoch wie zuletzt vor rund elf Jahren (1,25 Prozent im November 2011). Mit dem höheren Leitzins will die Europäische Zentralbank die enormen Inflationsraten bekämpfen, die „nach wie vor deutlich zu hoch seien“, wie EZB-Chefin Christine Lagarde sagte. Im August lag die Teuerungsrate vor allem wegen der extrem gestiegenen Energiepreise im Euroraum bei durchschnittlich 9,1 Prozent. Die EZB strebt normalerweise eine Inflationsrate von zwei Prozent an.
Aber was bedeutet die Erhöhung des Leitzinses eigentlich konkret? Er sagt aus, zu welchem Zinssatz Banken sich Geld bei der EZB leihen können (nun 1,25 Prozent) bzw. wie viel Zinsen sie für bei der EZB angelegtes Geld bekommen (nun 0,75 Prozent). Diese gestiegenen Sätze haben aber nicht nur Folgen für Banken, sondern auch unmittelbar für deren Kunden.
EZB erhöht Leitzins um 0,75 Prozentpunkte: Kredite werden teurer
Die gestiegenen Beschaffungskosten für Geld werden die Kreditinstitute nämlich an sie weitergeben. Zum Beispiel im Bereich von Privat- oder Immobilienkrediten: Wer sich für eine größere Anschaffung oder für den Kauf oder den Bau eines Hauses Geld bei seiner Bank leihen möchte, wird dafür höhere Zinsen als zuletzt zahlen müssen. Schon die erste Erhöhung des Leitzinses im Juli hatte Folgen für Hausbauer und Sparer. „Kreditnehmer sind unmittelbar von der EZB-Zinsentscheidung betroffen. Für Banken wird die Refinanzierung von Ratenkrediten teurer und damit auch für Verbraucher“, sagte Dr. Stefan Eckhardt, Geschäftsführer Kredite beim Vergleichsportal Check24, dem Berliner Kurier.
Besonders bei Immobilienkrediten dürfte das zu spüren sein. Wer in den vergangenen Monaten eine Finanzierung für Haus oder Wohnung abgeschlossen hat, musste ohnehin deutlich höhere Zinsen als in den vergangenen Jahren in Kauf nehmen. Mirjam Mohr, Vorständin des Kreditvermittlers Interhyp, geht von „weiter leicht steigenden Bauzinsen“ in den nächsten Monaten aus, wie sie tagesschau.de sagte: „Bis zum Jahresende erwarten wir Zinsen um etwa 3,5 Prozent für zehnjährige Darlehen.“ Die monatliche Rate für die eigene Immobilie kann dadurch um mehrere hundert Euro steigen.
Leitzins-Erhöhung: Sparer profitieren - aber nur auf den ersten Blick
Auch wer sein Girokonto hin und wieder - oder häufiger - überzieht, leidet unter der Leitzins-Erhöhung: Die Zinsen für Dispokredite dürften ebenfalls steigen. Momentan liegt der Dispozins nach Angaben von Christian Nau, Geschäftsführer Girokonto bei Check24, im Schnitt bei 9,43 Prozent. „Bis zum Jahresende könnten deutlich mehr Institute einen zweistelligen Dispozins verlangen“, sagte Nau dem Berliner Kurier.
Es gibt aber auch Menschen, die von der Erhöhung des Leitzinses profitieren: Sparer, die bei der Geldanlage auf klassische Bankprodukte setzen. Denn Banken bekommen von der EZB mehr Zinsen, wenn sie ihr „überschüssiges“ Geld dort parken, und geben das an ihre Kunden weiter - mit der Folge, dass es für Geldanlagen auf Tages- oder Festgeldkonten nach Jahren mal wieder nennenswerte Zinsen gibt.
Allerdings müssen Sparer beachten, dass der Zinssatz bei ihrem Konto auch trotz der Leitzins-Erhöhung immer noch deutlich unter der Inflationsrate liegt. Das bedeutet: Das Geld auf dem Konto wird zwar auf den ersten Blick mehr, verliert aber durch die Inflation stärker an Kaufkraft, sodass es im Endeffekt weniger wert ist.