Bauzinsen steigen: Feiert der Bausparvertrag sein Comeback?
Weil die Bauzinsen in den vergangenen Jahren extrem niedrig waren, verlor der Bausparvertrag an Bedeutung. Feiert er angesichts steigender Zinsen jetzt sein Comeback?
Hamm - Für Sparer aus Nordrhein-Westfalen und ganz Deutschland könnten bessere Zeiten anbrechen: Die Zinsen steigen und diese Entwicklung dürfte sich angesichts der extrem hohen Inflation fortsetzen. Die Kehrseite der Medaille: Auch für Kredite müssen höhere Zinssätze in Kauf genommen werden - zum Beispiel für Immobilien. Erlebt deshalb nun der lange abgeschriebene Bausparvertrag sein Comeback?
Bauzinsen steigen: Erlebt der Bausparvertrag sein Comeback?
Wer aktuell ein Haus bauen oder kaufen möchte, muss dafür tief in die Tasche greifen: Der durchschnittliche Bauzins für ein Bankdarlehen mit zehn Jahren Laufzeit hat sich in den vergangenen Monaten verdreifacht. Lag der Zinssatz zu Beginn des Jahres 2022 noch bei unter einem Prozent, ist er mittlerweile auf fast drei Prozent gestiegen. Das kann für Bauherren eine zusätzliche Belastung von mehreren hundert Euro pro Monat bedeuten.
Dass die Zinsen im Allgemeinen steigen, liegt daran, dass die Europäische Zentralbank (EZB) zuletzt erneut den Leitzins erhöht hat. Damit wollen die Währungshüter die Inflation bekämpfen. Banken müssen nun also mehr zahlen, wenn sie sich Geld bei der EZB leihen, bzw. bekommen mehr dafür, wenn sie ihr Geld dort anlegen. Diese Entwicklung geben sie an ihre Kunden weiter, sodass die Zinssätze für Geldanlagen, aber auch für Kredite nach oben klettern.
Die Darlehenszinsen der Bausparkassen sind dagegen nicht gestiegen und liegen in der Regel zwischen 1,5 und 2,5 Prozent, was in etwa dem Vorjahresniveau entspricht. Und wer heute einen Bausparvertrag abschließt, sichert sich die Zinskonditionen für die nächsten fünf oder zehn Jahre.
Nachfrage nach Bausparverträgen wächst - unterteilt in Anspar- und Finanzierungsphase
Deshalb gibt es zurzeit einen regelrechten Run auf die in den vergangenen Jahren eigentlich abgeschriebenen Verträge. „Wir verzeichnen seit Mitte März einen deutlichen Anstieg der Nachfrage - zuletzt mit einem Plus im Neugeschäft von über 50 Prozent“, sagte Christian König vom Verband der Privaten Bausparkassen der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Aber lohnt sich der Abschluss eines Bausparvertrags denn überhaupt? Dazu sollte man vor allem eins wissen: Die Laufzeit eines Bausparvertrags ist in zwei Phasen unterteilt - die Anspar- und die Finanzierungsphase. In der Ansparphase zahlt der Vertragsinhaber monatlich einen vereinbarten Beitrag ein und erhält dafür Zinsen auf das Guthaben. Wenn ein gewisser Betrag erreicht ist, wird der Bausparvertrag zuteilungsreif. Das bedeutet: Man kann sich das vorhandene Geld auszahlen lassen.
Gleichzeitig beginnt die Finanzierungsphase, in der der Vertragsinhaber einen Anspruch auf ein Darlehen hat, dessen Konditionen bereits beim Abschluss des Bausparvertrags festgelegt wurden. Mit dem angesparten Geld und dem Darlehen kann man dann eine Immobilie kaufen oder bauen.
Bausparvertrag sinnvoll? Es kommt auf den Zweck an
„Der Vertrag ist als Sparvertrag rentabel, wenn die in der Sparphase gutgeschriebenen Zinsen nach Abzug der Kosten attraktiv sind“, erklärte Roland Stecher von der Verbraucherzentrale Bremen gegenüber der dpa. Weil die Guthabenzinsen aktuell aber in der Regel bei 0,01 Prozent liegen, lohnt sich ein Bausparvertrag für das reine Sparen momentan nicht. Ob er dagegen in der Darlehensphase sinnvoll ist, hängt letztlich vom Darlehenszins des Vertrags im Vergleich zum dann gültigen Darlehenszins ab - und der lässt sich beim Abschluss überhaupt nicht vorhersehen.
Nach Angaben von Christian König kann sich ein Bausparvertrag durchaus lohnen - sowohl für aktuelle Bau- oder Kaufvorhaben als auch für spätere Finanzierungspläne, weil man sich damit langfristig die Zinsen sichert.
Ein Punkt, der jedoch gegen einen Bausparvertrag spricht, sind die meist sehr hohen Abschlussgebühren, die nach Angaben von Roland Stecher zwischen 1 und 1,6 Prozent der Bausparsumme liegen. Bei einer Bausparsumme von 100.000 Euro wären das also 1000 bis 1600 Euro. Darin sind die jährlichen Kontoführungsgebühren aber noch nicht enthalten.
Bausparvertrag: Alternativen genau prüfen und vergleichen
Die aktuell niedrigen Zinsen machen einen Bausparvertrag auf den ersten Blick attraktiv für eine Immobilienfinanzierung. Allerdings sollte man Bausparverträge und Annuitätendarlehen genau vergleichen. Dabei ist es ratsam, sich objektiv beraten zu lassen - beispielsweise bei einer Verbraucherzentrale. „Das hilft, Kosten zu sparen und die individuell beste Lösung zu erreichen“, sagte Stecher der dpa.
Ob bzw. wie sinnvoll ein Bausparvertrag ist, lässt sich pauschal nicht sagen. Schließlich weiß niemand, wie die Zinsen sich in der Zukunft entwickeln. Laut Stecher liegen die Vorteile eines Annuitätendarlehens häufig in den niedrigeren Gesamtkosten: „Bei größeren Summen ist ein Annuitätendarlehen mit langer Zinsbindung mindestens eine gute Option.“ - mit dpa-Material