Bausparvertrag: So bekommen Sie nach dem Gebühren-Urteil Ihr Geld zurück
Wer einen Bausparvertrag hat, musste dafür Gebühren zahlen. Das ist unzulässig, hat der Bundesgerichtshof entschieden. Bekommen Millionen Deutsche Geld zurück?
Hamm - Sie haben einen Bausparvertrag? Dann können Sie aktuell auf eine Rückzahlung zu Unrecht kassierter Gebühren hoffen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nämlich in einem Musterverfahren entschieden, dass ein pauschales Jahresentgelt in der Sparphase die Bausparer unangemessen benachteiligt. In dem Verfahren ging es um eine entsprechende Klausel der BHW Bausparkasse, doch ähnliche Gebühren gibt es ebenso bei vielen anderen Bausparkassen.
Gericht | Bundesgerichtshof |
Sitz | Karlsruhe |
Gründung | 1. Oktober 1950 |
Bausparvertrag: BGH-Urteil macht Gebühren in der Sparphase unzulässig
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), der die BHW Bausparkasse verklagt hatte, forderte alle betroffenen Bausparkassen auf, „zu Unrecht vereinnahmte Entgelte von sich aus zurückzuzahlen“. Die Interessensvertretungen der Branche spielen dagegen auf Zeit: Die Klauseln seien nicht ohne Weiteres miteinander vergleichbar. Eine Einschätzung sei erst möglich, wenn das Urteil schriftlich vorliege. Das dauert in der Regel einige Wochen.
Fakt ist aber: Das BGH-Urteil (Aktenzeichen XI ZR 551/21) hat Signalwirkung. Die Richter haben zwar zunächst einmal nur eine Klausel einer bestimmten Bausparkasse für unwirksam erklärt. Doch würde eine andere Bausparkasse an einem fast identischen Entgelt festhalten, müsste sie immer befürchten, ebenfalls verklagt zu werden - mit erwartbarem Ausgang.
Das Bausparen für eine Immobilienfinanzierung gliedert sich in Deutschland immer in zwei große Etappen:
- Sparphase
- Darlehensphase
In der Sparphase zahlen die Bausparer einen Teil der vereinbarten Bausparsumme in monatlichen Raten selbst ein. Üblich sind 40 bis 50 Prozent. Nach der „Zuteilung“ beginnt die Darlehensphase. Der Bausparer bekommt die gesamte Bausparsumme ausgezahlt und beginnt, den gewährten Kredit zu tilgen.
Bausparvertrag: Geld zurück für Millionen Haushalte?
Jährliche Kontogebühren in der Darlehensphase hatte der BGH schon 2017 für unzulässig erklärt. Zur Sparphase gab es bisher kein höchstrichterliches Urteil. Das hat sich nun geändert. In den BHW-Bausparbedingungen war vorgesehen, dass in der Sparphase „für jedes Konto des Bausparers“ ein Jahresentgelt von 12 Euro fällig wird. Nach Informationen aus Branchenkreisen sind ähnliche Gebühren weit verbreitet und liegen bei 9 bis 24 Euro im Jahr. Sie können auch Kontogebühr oder Servicepauschale heißen.
Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung, dass die BHW damit die Kosten für Verwaltungstätigkeiten, zu denen sie gesetzlich verpflichtet ist, auf die Bausparer abwälzt. Das Entgelt sei auch nicht durch etwaige Vorteile der einzelnen Kunden gerechtfertigt. Beim Thema Gebühren tut sich was beim Online-Bezahldienst Paypal. Dort müssen bestimmte Kunden wohl bald zahlen.
Bausparvertrag: Abschlussgebühren bleiben erlaubt
vzbv-Vorständin Ramona Pop forderte nach dem Urteil alle 18 Bausparkassen in Deutschland auf, von sich aus auf ihre Kunden zuzugehen. Potenziell könnten nach Einschätzung der Verbraucherzentralen knapp 24 Millionen Verträge betroffen sein.
Sollten Bausparkassen vergleichbare Klauseln streichen, müssten die Kunden in Zukunft weder in der Spar- noch in der Darlehensphase Kontogebühren zahlen. Die Stiftung Warentest empfahl Bausparern darüber hinaus, ihre Bausparkasse schriftlich zur Erstattung bereits abgebuchter Gebühren aufzufordern. Bleibe das erfolglos, solle man den zuständigen Ombudsmann einschalten, um die Verjährung zu stoppen.
Anlass zu ungetrübter Freude haben die Bausparer nicht, denn mittelfristig werden sich die Bausparkassen das entgangene Geld über andere Wege holen, etwa über die Zinsgestaltung. Auch die Abschlussgebühr, die bei Abschluss des Bausparvertrag fällig wird, bleibt den Bausparern nicht erspart. Sie war, ist und bleibt zulässig. Daran ändert auch das aktuelle Urteil nichts.
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