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Höllenritt auf dem Lausitzring: So schnell war Marius Prünte beim Rekordversuch

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Von: Günter Thomas

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Radsportler bricht Deutschlandrekord im Windschattenfahren
Am Anfang lief noch alles reibungslos, als Marius Prünte hinter dem umgebauten VW Caddy in die Pedalen trat. Im dritten Durchgang hatte er dann viel Glück, dass er bei Tempo 110 nicht stürzte. © Bernd Settnik / dpa

Radsportler Marius Prünte aus Hamm brachte sein Fahrrad auf dem Lausitzring auf eine Spitzengeschwindigkeit von 166,2 Stundenkilometer - und brach damit einen 71 Jahre alten Rekord.

Lausitzring/Hamm – Wuuusch: Es ist nur der Bruchteil einer Sekunde, den Marius Prünte braucht, um an den wenigen Zeugen seines Rekordversuchs auf dem Lausitzring vorbeizurauschen. Mit röhrendem Motor schießt vorweg ein orangefarbener VW-Caddy im hochtourigen Motorbereich heran, in einem schützenden Kasten-Aufbau dahinter strampelt Prünte im Windschatten zur Bestleistung: 166,2 Stundenkilometer zeigt die Nadel des Tachometers im Moment ihres höchsten Ausschlags an. Womit feststeht: Der Hammer Feuerwehrmann hat die 71 Jahre alte Bestmarke aus dem Jahr 1950, die bei 154,5 km/h stand, geknackt und einen Deutschlandrekord im Windschattenfahren auf dem Fahrrad aufgestellt. „Die Freude war natürlich riesig“, sagte Prünte nach getaner Arbeit. „Bei meinen Eltern, dem Team, den Sponsoren – und natürlich auch bei mir selbst. Ich hätte sogar noch schneller gekonnt, von den Beinen her war noch einiges drin. Aber das Auto war am Limit.“

VW-Caddy anstelle eines mehrere tausend PS starken Dragster-Rennwagens. Niederlausitz im Osten Deutschlands statt Utah in den USA. Und Deutscher statt Weltrekord. Das Programm, das sich Prünte vorgenommen hatte, musste er aufgrund der coronabedingt fehlenden Einreiseerlaubnis in den USA vorerst deutlich abspecken – die Freude darüber, dass er sein Ziel erreicht hat, hätte dennoch kaum größer sein können.

Radsportler aus Hamm bricht Rekord: Nur das Warm-up für Marius Prünte

Und doch war die rasante Fahrt in der Lausitz im Grunde nur das Warm-up für den Weltrekordversuch. Denn der schwirrt dem Sportler aus Hamm noch immer im Kopf herum. Und das ganz konkret. Das Datum, 15. August 2022, ist bereits fixiert. Auf einer eigenen Homepage (worldrecord300.com) stellt Prünte alle Informationen zu seinem geplanten Geschwindigkeits-Event vor. Dann müsste er schneller als 296 km/h sein. „Mit dem Deutschen Rekord wollten wir jetzt zeigen, dass wir es können“, sagt Prünte. „Das war auch für die Sponsoren, damit sie sehen, dass sie sich richtig entschieden haben, mich zu unterstützen, dass ich in der Lage bin, den Rekord zu fahren.“

Radsportler bricht Deutschlandrekord im Windschattenfahren
Radprofi Marius Prünte zeigt seine Rekord-Urkunde über eine Fahrt über 166,2 Kilometer pro Stunde im Windschattenfahren. © Bernd Settnik / dpa

Dass es jetzt erst einmal mit dem Deutschen Rekord geklappt hat, war im Vorfeld nach dem morgendlichen Blick aus dem Fenster gar nicht mehr so sicher. „Wie aus Eimern“ (Prünte) prasselte der Regen auf die Strecke nieder und dämpfte die Vorfreude bei Fahrer und Team. „Wir waren sehr angespannt, weil die Straße nass war“, sagt Prünte. „Und ich habe noch nie im Nassen trainiert. Selbst beim normalen Training gehe ich tendenziell eher auf die Rolle, als draußen zu fahren. Zum Glück haben wir dann aber eine Regenpause gefunden, in der wir es ausprobiert haben.“

Marius Prünte bricht Rekord: Mit dem Rennrad auf dem Lausitzring

So geriet die Fahrt zum Abenteuer. „Die Performance war eine ganz andere als geplant, die Bahn war rutschiger, die Frage nach der Stärke des Aquaplanings auf der Straße groß“, so Prünte. „Wenn es zu gefährlich geworden wäre, hätten wir es abgebrochen. Aber ich habe beim Testen gemerkt, dass es funktioniert.“

Die Rekordfahrt gelang Prünte nicht mit einem normalen Rennrad, sondern mit einem umgebauten Tandem. „Wegen der größeren Übersetzung“, klärt der 31-Jährige auf, der seit seiner Kindheit Rennen fährt. „Das hat aber bisher jeder so gemacht. Ich hätte es auch auf einem Mountainbike versuchen können – dann wäre ich aber nicht über 60 Stundenkilometer hinausgekommen.“

Bis auf ein Tempo von 100 Kilometern hat sich Prünte hinter dem Caddy anschleppen lassen und bei der Beschleunigung einfach am Fahrzeug festgehalten. Dann hat er sich abgekoppelt. Per Hand. „Ein automatisches System kostet 3000 Euro“, erklärt er. Dafür hat das Geld nicht gereicht.

Während seines Höllenritts über den Lausitzring hatte Prünte durchgehend Funkkontakt mit dem Fahrer des Autos vor sich. Der informierte ihn darüber, wie schnell er unterwegs ist. „Ich habe meinen Tacho am Rad“, sagt der neue Rekordhalter. „Aber durch den Fahrtwind und die Geschwindigkeit hat der so sehr gewackelt, dass man die Geschwindigkeit darauf gar nicht lesen konnte.“ Zudem hatte der Hammer genug damit zu tun, im Windschatten zu bleiben. „Denn wenn du den Kontakt verlierst, bekommst du einen Windsog und verlierst den Anschluss“, sagt er. „Das wäre gar nicht gut gewesen.“

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