Vierte Corona-Impfung für alle: Es gibt Kritik an Lauterbach-Vorschlag
Karl Lauterbach empfiehlt die vierte Corona-Impfung für alle. Der Bundesgesundheitsminister bekommt dafür Kritik von einigen Experten: Der zweite Booster sei nicht sinnvoll - noch.
Hamm - Die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus hat im Sommer 2022 wieder zugenommen - weit vor der von vielen Experten befürchteten Herbst-Welle. Deshalb rät Karl Lauterbach (SPD) jetzt dazu, sich vor der Gefahr einer Covid-Erkrankung zu schützen.
Lauterbach empfiehlt vierte Corona-Impfung - andere Experten halten dagegen
So empfiehlt der Bundesgesundheitsminister jetzt auch Menschen unter 60 Jahren - also praktisch allen -, sich nach Rücksprache mit dem Arzt ein viertes Mal gegen Corona impfen zu lassen. „Wenn jemand den Sommer genießen und kein Risiko eingehen will zu erkranken, dann würde ich in Absprache mit dem Hausarzt auch Jüngeren die Impfung empfehlen“, sagte Karl Lauterbach dem Spiegel.
Mit der zweiten Booster-Impfung habe man „eine ganz andere Sicherheit“. Sie verringere das Infektionsrisiko für ein paar Monate deutlich. Auch das Risiko, an Long Covid zu erkranken, sei deutlich geringer. Karl Lauterbach glaubt, dass es einen „sehr schweren Herbst“ geben werde.
Doch mit seiner Empfehlung zur vierten Corona-Impfung auch für Jüngere stößt der Bundesgesundheitsminister auf Kritik. So konterte Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (Stiko), in der Welt am Sonntag: „Ich halte es für schlecht, medizinische Empfehlungen unter dem Motto ‚Viel hilft viel‘ auszusprechen.“ Er verteidigte die Empfehlung seiner Kommission, wonach sich Personen über 70, Vorerkrankte und Pflegepersonal den zweiten Booster verabreichen sollen. Die Empfehlung der EU-Gesundheitsbehörde ECDC und der EU-Arzneimittelbehörde EMA, die Altersgrenze für die vierte Corona-Impfung auf 60 festzusetzen, halte er dennoch für vertretbar.
Vierte Corona-Impfung: Klaus Stöhr kontert Karl Lauterbach
Auch Virologe Klaus Stöhr hält nichts von dem Vorschlag von Karl Lauterbach. Eine vierte Impfung halte er zum jetzigen Zeitpunkt für sinnlos: „Wer nach dem ‚2. Booster jetzt‘ für alle ruft, sollte sich klar sein, dass im Herbst die Wirkung weitestgehend verpufft ist“, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ).
Andreas Radbruch, Immunologe an der Berliner Charité, erklärte: Die vierte Corona-Impfung bringe bei den Jüngeren weder einen Vorteil für ihre eigene Immunität und ihren Schutz - der liege schon nach drei Impfungen bei 94 Prozent -, noch bringe es einen Schutz vor Infektionen und Infektiosität.
Vierte Corona-Impfung: Wer empfiehlt was beim zweiten Booster?
- Ständige Impfkommission (Stiko): Die Stiko empfiehlt aktuell generell nur Über-70-Jährigen die vierte Corona-Impfung. Ebenfalls sollten Menschen in Pflegeeinrichtungen, Menschen mit Immunschwäche ab fünf Jahren wie auch Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen aus Sicht der Stiko den zweiten Booster bekommen. Es soll dabei in jedem Fall ein mRNA-Impfstoff - also Biontech oder Moderna - verwendet werden.
- EU-Kommission: Die Europäische Union empfiehlt, dass sich Über 60-Jährige und vulnerable Gruppen ein zweites Mal boostern lassen sollten. Grund für diese Empfehlung seien der erneute Anstieg der Fallzahlen und der Krankenhauseinweisungen seit Beginn des Sommers.
Schutz gibt aber auch schon die dritte Impfung - also der erste Booster. Bereits nach diesem hat man auch mit den bisherigen Impfstoffen einen hohen Schutz vor einem schweren Corona-Krankheitsverlauf. Auch bei der Omikron-Variante BA.5, zu der es Daten bezüglich der Inkubationszeit gibt. Das belegten etwa die Wochenberichte des Robert Koch-Instituts (RKI) mit den Zahlen zur Hospitalisierung. Dennoch kann es nach einer Auffrischungsimpfung zu einem Impfdurchbruch mit schwerem Verlauf kommen.