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Legales Gras aus NRW? „Wir sind vorbereitet“

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Von: Marvin K. Hoffmann

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Die Cannabis-Legalisierung in Deutschland nimmt nun konkrete Züge an. Ein Gärtner aus NRW will in den Cannabis-Anbau einsteigen. Er sagt: „Wir sind vorbereitet.“

Hamm – Der Besitz von maximal 25 Gramm Cannabis soll künftig straffrei sein. Das teilten Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) bei einer Pressekonferenz am Mittwoch mit, bei der sie die Eckpunkte der schrittweisen Cannabis-Legalisierung in Deutschland erläuterten. Lauterbach sprach dabei von einem Zwei-Säulen-Modell. So soll zunächst der private Anbau erlaubt werden, in einem zweiten Schritt soll in Modellregionen der Verkauf über lizenzierte Fachgeschäfte getestet werden. Bei Befürwortern der Legalisierung trifft das auf Zustimmung. Es gibt aber auch Kritik.

Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband (DHV) befürwortet Cannabis-Legalisierung

„Diese zwei Schritte haben wir schon lange gefordert und immer schon gesagt, dass wir die Konsumenten so schnell wie möglich entkriminalisieren müssen“, sagt Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband (DHV) im Gespräch mit wa.de. Ihm ging es besonders darum, weitere Strafverfahren zu vermeiden, „während wir über der Details der Legalisierung sprechen“. Wurth weiter: „In dieser Hinsicht bin ich zufrieden. Ich finde es auch gut, dass der Eigenanbau und die Cannabisclubs integriert sind und es schnell umgesetzt werden soll.“

Die erste, teilweise Legalisierung soll noch in diesem Jahr realisiert werden. Der zugehörige Gesetzentwurf soll laut Özdemir noch im April vorgelegt werden. Ein Gesetzentwurf für den zweiten Schritt, in dem „Modellvorhaben mit kommerziellen Lieferketten“ ermöglicht werden sollen, soll nach Angaben Lauterbachs „nach der Sommerpause“ kommen. Die wichtigsten Eckpunkte in der Übersicht:

Gärtner Tim Spieker aus Ibbenbüren, der mit seinem Geschäft in den Cannabis-Anbau einsteigen möchte, hätte gerne eine noch klarere Regulierung. „Ich hätte mir ein engeres Gerüst gewünscht, um noch besser nachvollziehen zu können, was erlaubt ist und was nicht“, sagt er im Gespräch mit wa.de. Sein Ziel: „Wir möchten Cannabis auf höchster Qualität anbauen und vertreiben. Wir würden uns an den Qualitätsstandards im medizinischen Bereich orientieren.“ Ob das aber überall der Fall wäre, sei fraglich. Gerade im Rahmen des privaten Anbaus könne oft der THC-Gehalt, also der für den Rausch verantwortliche Stoff, nur schlecht eingegrenzt werden. Zu große Mengen könnten zu Folgeschäden führen und gerade für Menschen unter 21 Jahren schädlich sein.

Cannabis wird legalisiert und könnte auch bald in NRW angebaut werden

Spieker sieht die Pläne der Regierung dennoch als einen guten Auftakt an. „Wir haben ungefähr mit diesen Eckpunkten gerechnet und sind vorbereitet“, meint er. Wann es aber das erste legale Gras aus NRW gibt, könne Spieker noch nicht sagen. „Wir müssen nun sehen, wie das Gesetz letztendlich ausformuliert ist und benötigen Zeit, um Erfahrungen zu sammeln und eine Infrastruktur aufzubauen“, sagt er.

Das mit der Zeit ist so eine Sache. „Es wird Modellprojekte zwar geben – aber auch das steht noch in den Sternen, wie und wann das kommt. Wenn aber ganze Regionen daran teilnehmen, kommt das einer Legalisierung sehr nah und damit kann man leben“, meint Wurth. Für den Lobbyisten ist klar: „Wenn das der Kompromiss ist, um vorwärtszukommen – dann ist das ein riesiger Schritt und Meckern auf hohem Niveau.“

Deutschland würde damit schließlich zum liberalsten Land Europas, nämlich Malta, aufschließen. „Formal jedenfalls. Eigenbau, Clubs und Besitz sind da vollkommen legal, reguliert und nicht nur geduldet. Das soll in Deutschland auch passieren, daher ist das ein riesiger Schritt. Die Modellprojekte sind on top – wenn sie das umgesetzt bekommen, ist das nicht verkehrt“, meint Wurth vom DHV. Doch er hat auch einen Wermutstropfen ausfindig gemacht.

Hanfverband forder vollständige Cannabis-Legalisierung und Marktregulierung

Die Bundesregierung hatte eigentlich eine noch weitreichendere Legalisierung angestrebt. Die Ampel hatte dazu im Oktober 2022 auch ein entsprechendes Papier vorgelegt – die umfassende deutsche Reform stünde offenbar aber im Widerspruch zu EU-Recht, das die Mitgliedstaaten verpflichtet, den illegalen Handel mit Drogen wie Cannabis unter Strafe zu stellen.

„Ich finde es schade“, sagt der DHV-Vorsitzende Wurth daher, „wenn sie sich um einen Gesetzentwurf für eine vollständige Marktregulierung drücken wollen“. Dann wäre in seinen Augen immerhin formal klar, woran die Sache denn gescheitert sei. „Dadurch bleibt der schwarze Peter bei Deutschland und wir Aktivisten wissen immer noch nicht ganz, wer unser Ansprechpartner auf EU-Ebene ist für weitere Diskussionen. Das halte ich für einen strategischen Fehler“, sagt Wurth. Es ist ein geringer Malus, den er verkraften wird – denn die Cannabis-Legalisierung in Deutschland nimmt nun konkrete Züge an.

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