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Münsters OB vor G7-Gipfel: „Am Ende des Tages werden wir wieder um Frieden ringen müssen“

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G7-Gipfel in Münter: Die NRW-Stadt steht beim Außenminister-Treffen im Fokus der Weltpolitik. OB Markus Lewe sagt im Interview: Kongresse können wir ganz gut.

Münster – Lange war nicht klar, wo das zweite G7-Treffen der Außenminister im Rahmen der diesjährigen deutschen G7-Präsidentschaft stattfinden wird. Nachdem sich die Politiker im Mai bereits im etwas abgelegenen Weißenhäuser Strand an der schleswig-holsteinschen Ostseeküste getroffen hatten, kommen sie nun an einem urbanen und historisch sehr bedeutsamen Ort zusammen: Der G7-Gipfel findet diesmal im westfälischen Münster statt.

Für Markus Lewe (57), der seit 2009 als Oberbürgermeister in Münster (NRW) im Amt ist, ist das Treffen an historischer Stätte auch für die Stadtgeschichte „etwas ganz Herausragendes“, wie der CDU-Politiker und Vorsitzende des Deutschen Städtetages im Gespräch mit Jens Greinke vom Westfälischen Anzeiger sagt.

G7-Gipfel in Münster: OB Lewe spricht über das bevorstehende Treffen der Außenminister

Mussten Sie lange überlegen, bevor Sie zugesagt haben, relativ kurzfristig für dies G7-Außenministertreffen als Standort zur Verfügung zu stehen?

Markus Lewe: Ich habe sofort zugesagt. Weil ich unsere Stadt als sehr geeignet für dieses Treffen halte. Auch wegen unserer Bevölkerung, die sehr offen mit diesen Dingen umgeht. Das ist ein bisschen die DNA unserer Stadtgesellschaft, selbst wenn sie nicht immer hinter den Zielen des einen oder anderen steht. Unsere Bevölkerung hat sich stets respektvoll verhalten. Außerdem können wir ja schon seit dem Westfälischen Frieden 1648 ganz gut Kongresse ausrichten. Dann werden wir den hier auch hinkriegen.

G7-Treffen sind stets durch große Sicherheitsvorkehrungen geprägt, gerne werden diese Veranstaltungen an etwas abgelegenen Orten durchgeführt, die gut zu überwachen sind. In Münster findet das Treffen mitten in der Stadt statt. Wie groß sind Ihre Befürchtungen vor Protesten und vielleicht auch Ausschreitungen?

Markus Lewe: Was die Sicherheitsfragen angeht, sind das Bundeskriminalamt und die Polizeibehörden zuständig. Natürlich ist Münster auch eine demonstrationsfreundliche Stadt – aber ich mache mir da ehrlicherweise keine großen Sorgen. Ich vertraue da auf die Maßnahmen der Sicherheitsbehörden. Zumal es keine Hinweise auf irgendwelche Ausschreitungen gibt. Natürlich kann man so ein Treffen an einem abgelegeneren Ort ausrichten, aber ich denke, es war auch ausdrücklicher Wunsch von unserer Außenministerin Annalena Baerbock, das Treffen im urbanen Raum stattfinden zu lassen. Und ich finde, da gehört es auch hin. Das ist ein hochhistorischer Vorgang, und der gehört zu den Menschen. Dass es auch Personen gibt, die vielleicht Probleme mit den anwesenden G7-Staaten haben, gehört zu einer Demokratie dazu.

G7-Gipfel: Münster als „symbolträchtiger Ort des Westfälischen Friedens“

Sie haben geäußert, dass Münster gerne die Kulisse für dieses Treffen abgibt. Glauben Sie, dass es angesichts der aktuellen Weltlage am Ende vielleicht ein historisches Treffen wird, das eng mit dem Namen der Stadt verbunden sein wird?

Markus Lewe: Man muss die Erwartungen vielleicht ein wenig dämpfen, es ist ja keine Friedensverhandlung. Aber das Treffen findet an einem Ort statt, der sehr stark diesen Willen zum Frieden ausstrahlt. Es ist vielleicht auch einer der Gründe gewesen, es deshalb in Münster auszurichten, an diesem symbolträchtigen Ort des Westfälischen Friedens. Wenn die Ministerinnen und Minister in den originalen Räumen wie in unserem Friedenssaal zusammenkommen, hat das schon eine besondere Bewandtnis. Denn am Ende des Tages werden wir wieder ringen müssen um den Frieden. Letztlich gilt das Motto „Pax optima rerum“, der Frieden ist das Höchste aller Dinge. Es ist die Hoffnung, dass bei uns etwas von diesem Spirit spürbar wird und in den weiteren Prozessen Berücksichtigung findet.

Der Krieg in der Ukraine ist für Münster alles andere als weit entfernt, es leben mittlerweile 3300 Ukrainer bei Ihnen. Was wäre für Sie ein Erfolg?

Markus Lewe: Ich kann mich schlecht in die Agenda der Außenminister und Außenministerinnen einmischen. Aber ich glaube schon, dass man ein ganz wichtiges Signal setzen kann. So, wie wir es vor Kurzem erst mit dem Städtetag gemacht habe, indem man neue Städtepartnerschaften mit ukrainischen Städten bildet oder Wiederaufbauhilfen anschiebt. Und den Menschen, die hier leben, Hoffnung macht. Aber wir dürfen auch den Dialog zu Russland nicht komplett abbrechen und müssen uns überlegen, welche Wege sich diesbezüglich finden lassen. Ich denke, dass es auch in Russland Menschen gibt, die erheblich unter dem Krieg leiden – und wenn es die Tränen der Frauen sind, die ihre Söhne oder Partner in diesem Krieg verlieren.

G7-Gipfel für die Stadt Münster ein „hochkarätiges Ereignis“

Sie sind seit 2009 im Amt. Welchen Stellenwert hat das Treffen in Ihrer Laufbahn als Münsteraner Oberbürgermeister?

Markus Lewe: Es ist vor allem für die Stadt ein sehr hochkarätiges Ereignis. Berühmt geworden ist unsere Stadt 1648 durch den Westfälischen Frieden. Wir haben 1990 bei den 2-plus-4-Gesprächen zur Vorbereitung der deutschen Einheit den damaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher und seinen sowjetischen Kollegen Eduard Schewardnadse bei uns im Friedenssaal zu Besuch gehabt. Zudem findet alle zwei Jahre die Vergabe des Westfälischen Friedenspreises statt, zu der prominente Persönlichkeiten wie Kofi Annan oder Giscard d’Estaing hier waren. Aber dieses G7-Außenministertreffen hat einen ganz besonderen Stellenwert, weil es in einer geopolitischen Zeitenwende stattfindet. Diese Zeitenwende wird durch erhebliche Unbestimmtheiten definiert, aber auch von gewissen Prinzipien. Und das Prinzip des „Westfalian Peace“, das weltweit bekannt ist, beinhaltet ja die Themen der Souveränität und Territorialität. Und genau diese Dinge werden gerade verletzt. Deshalb ist dieses Treffen für unsere Stadtgeschichte etwas ganz Herausragendes.

Welchen Kontakt werden Sie persönlich zu den prominenten Gästen haben?

Markus Lewe: Ich gehe davon aus, dass es einen Empfang im Friedenssaal geben wird – und dass an der ein oder anderen Stelle Begegnungen und Gespräche möglich sein werden.

Auf wen freuen Sie sich persönlich am meisten?

Markus Lewe: Ach, ich freue mich über alle, die da sind. Wichtig ist für mich, dass sich auch die großen Stäbe, die mit anreisen, wohlfühlen. Allerdings freue ich mich sehr darauf, dass ich die deutsche Außenministerin mal persönlich kennenlerne.

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