1. wa.de
  2. NRW

Großrazzia gegen ‘Ndrangheta: Polizei entdeckt Mafia-Unterschlupf in NRW

Erstellt:

Von: Marvin K. Hoffmann, Sven Schneider

Kommentare

Bei einer bundesweiten Großrazzia gelingt der Polizei ein Schlag gegen die Mafia. Auch in NRW hat der Mafia-Clan ‘Ndrangheta offenbar Fuß gefasst.

Update vom 3. Mai, 16.11 Uhr: Die Polizei hat am Mittwoch einen großen Erfolg gegen die italienische Mafia gefeiert. Bei einem europaweiten Großeinsatz durchsuchten die rund 500 Einsatzkräfte alleine in NRW insgesamt 51 Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäfte„Es geht um Kokainschmuggel im Tonnenbereich und um sehr hohe Summen“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). „Wir holen die Kriminellen aus ihren mafiösen Parallelwelten.“

Polizei ermittelt nach Mafia-Razzia gegen 35 Verdächtige

18 Personen seien zudem verhaftet worden, insgesamt ermitteln die Behörden im Zuge der Razzia gegen 35 Verdächtige. Das teilte das Landeskriminalamt in Düsseldorf am Mittwoch mit. Demnach ging eine Spur der Ermittler auch nach Siegen.

Staatsanwalt Julius Sterzel (l-r), Oliver Huth, LKA Düsseldorf, Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen,und Ingo Wünsch, Direktor vom LKA NRW sitzen bei einer Pressekonferenz im LKA Düsseldorf.
Staatsanwalt Julius Sterzel (v.l.), Oliver Huth, LKA Düsseldorf, Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen,und Ingo Wünsch, Direktor vom LKA NRW sitzen bei einer Pressekonferenz im LKA Düsseldorf.  © Christoph Reichwein/dpa

Es bestehe der Verdacht, dass es sich bei einer am Mittwoch von den Behörden geschlossenen Eisdiele in Siegen um eine Geldwaschanlage und Unterschlupf der kalabrischen Mafia, der „Ndrangheta, gehandelt hat, sagte ein leitender Ermittler. Die zwei Geldgeber der Eisdiele seien in den internationalen Rauschgifthandel verstrickt.

Außerdem gebe es Hinweise, dass Geld aus der Eisdiele ins Kernland der kalabrischen Mafia nach San Luca geflossen ist. Alle Mitarbeiter stammten aus Kalabrien und seien miteinander verwandt. Unter ihnen seien Überlebende des Weihnachtsmassakers in San Luca 2006. Folge des Massakers zwischen zwei verfeindeten Mafia-Familien sollen auch die Mafiamorde von Duisburg 2007 gewesen sein. Zudem sei einer der Mitarbeiter mit europäischem Haftbefehl gesucht worden.

Mafia hat Kokain nach Europa geschmuggelt

Der Schlag gegen die Mafia ist auch ein Schlag gegen den illegalen Rauschgifthandel in Europa. Das Kokain sei über Überseehäfen in den Niederlanden aus Südamerika nach Europa gebracht und dort mit präparierten Autos nach Italien geschmuggelt worden. Das Kokain sei mehrfach eingeschweißt worden, damit es für Spürhunde nicht zu wittern ist. Zudem seien die Autos vor jeder Fahrt auf Abhör- oder Ortungsgeräte der Polizei untersucht worden.

Die belgische Polizei habe einen Mafia-Geldeintreiber in der Region Genk observiert und festgestellt, dass er Mitinhaber der Eisdiele in Siegen ist. Hauptbeschuldigter sei ein 62-Jähriger aus dem Raum Hattingen. Auch ein Eiscafé in Bedburg wurde geschlossen.

Die Polizei beschlagnahmte einen Foodtruck im Wert von 300.000 Euro und einen Kettenbagger. Zwei Grundstücke wurden mit Arresten belegt. Der Razzia seien fast dreijährige Ermittlungen der Ermittlungskommission „Eureka“ vorangegangen.

Die Mafia hatte sich den Ermittlungen zufolge albanischen und deutschen Netzwerken für die Kurierfahrten bedient. Bereits 2012 sei in den Niederlanden ein SUV mit Siegener Kennzeichen gestoppt worden, in dem drei albanische Kuriere saßen.
Ein Verdächtiger des deutschen Netzwerks soll wiederum ein Angelparadies zur Geldwäsche genutzt haben.

Zahlreiche Durchsuchungen bei Razzia gegen Mafia in NRW

Durchsuchungen gab es den Ermittlern zufolge auch in Essen, Wuppertal, Bergisch-Gladbach, Hagen, Hattingen, Castrop-Rauxel sowie im Kreis Mettmann. Es habe bei den Razzien keinen Widerstand gegeben, sagte eine Sprecherin des NRW-Landeskriminalamtes. Beteiligt an dem Einsatz waren auch die Einsatzhundertschaft des Spezialeinsatzkommandos und Diensthundeführer. Auch in Bayern, Rheinland-Pfalz, Thüringen und im Saarland gab es Durchsuchungen und Festnahmen.

Den Beschuldigten wird unter anderem Geldwäsche, bandenmäßige Steuerhinterziehung, gewerbsmäßiger Bandenbetrug sowie Rauschgiftschmuggel vorgeworfen. Das Verfahren wird durch eine gemeinsame Ermittlungsgruppe geführt, an der Europol und Eurojust beteiligt sind. Razzien gab es demnach auch in Belgien, Frankreich, Italien, Portugal und Spanien.

Bei einer Großrazzia in NRW wurde in Bergkamen offenbar eine Drogenplantage entdeckt.
Bei einer Großrazzia in NRW wurde in Bergkamen offenbar eine Drogenplantage entdeckt. © Wüllner / news4 Video-Line

Großrazzia gegen Mafia-Clan ‘Ndrangheta – Polizei schlägt auch in Bergkamen zu

Erstmeldung: Bergkamen - Die Vorbereitungen waren abgeschlossen, am frühen Mittwochmorgen (3. Mai) schlugen die mehr als 1000 Einsatzkräfte zu. Mit einem Großeinsatz in mehreren Bundesländern ist die Polizei gegen Mitglieder der italienischen Mafia ‘Ndrangheta vorgegangen. Neben Dutzenden Durchsuchungen gab es zahlreiche Festnahmen, auch in Nordrhein-Westfalen. In Bergkamen wurde offenbar eine Drogenplantage entdeckt.

NRW-Großrazzia gegen Mafia-Clan ‚Ndrangheta - Polizei schlägt in Bergkamen zu

Die Bilanz des Großeinsatzes der Polizei dürfte die Einsatzkräfte, wie schon nach der Razzia im Januar 2023, durchaus zufrieden stellen. In Nordrhein-Westfalen durchsuchten rund 500 Beamte 51 Häuser, Wohnungen, Büros und Geschäftsobjekte. Durchsuchungen gab es den Ermittlern zufolge in Essen, Wuppertal, Bergisch-Gladbach, Hagen, Hattingen, Castrop-Rauxel, Siegen und Bedburg, sowie im Kreis Mettmann.

Wie eine Sprecherin des NRW-Landeskriminalamtes am Mittwoch mitteilte, habe es keinerlei Widerstand gegeben. So auch nicht in Bergkamen, wo die Polizei gegen 4 Uhr eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus stürmte. Gefunden wurde offenbar eine Drogenplantage.

Offenbar Drogenplantage in Bergkamen gefunden - Mafia-Clan deutschlandweit aktiv

Hintergrund des Großeinsatzes der Polizei am Mittwochmorgen ist ein Verfahren mit Bezug zur italienischen organisierten Kriminalität, das sich gegen Verantwortliche und Mitglieder der Vereinigung ‘Ndrangheta richtet. Den Beschuldigten wird unter anderem Geldwäsche, bandenmäßige Steuerhinterziehung, gewerbsmäßiger Bandenbetrug sowie Rauschgiftschmuggel vorgeworfen.

Die ‘Ndrangheta gehört zu den mächtigsten Mafia-Organisationen der Welt und ist längst international über die Grenzen Italiens hinaus aktiv. Auch in Deutschland ist sie mittlerweile vertreten. Clans der Organisation waren etwa für die Mafia-Morde von Duisburg verantwortlich, bei denen 2007 sechs Menschen vor einer Pizzeria erschossen wurden. Nicht nur bei Clans, auch im Fußball kam es jüngst in NRW zu Razzien. So wurde vor dem Revierderby „umfangreiches Beweismaterial“ sichergestellt. (mit dpa-Material)

Auch interessant

Kommentare