Als die beiden Beamten und die von ihnen gerettete Person, ein gehandicapter 25-Jähriger, nach Frischluft ringend ins Freie drangen, traf gerade der erste Rettungswagen ein. Die Rettungskräfte übernahmen den wegen einer schweren Rauchgasvergiftung in Lebensgefahr schwebenden Mann. Er kam in eine Unterdruckkammer in Düsseldorf, kämpfte dort lange gegen den Tod. Er sollte siegen.
Mit dem zweiten Rettungswagen wurden die Polizisten ins Krankenhaus gebracht, auch sie hatten Verletzungen bei ihrer Heldentat davongetragen: „Wir haben Rauch eingeatmet, die Atemwege waren gereizt. In der Klinik wurden wir eine Stunde lang mit Sauerstoff versorgt und konnten dann wieder gehen. Mehr war es eigentlich nicht“, schildert der Hammer Polizist, als wäre es das Selbstverständlichste gewesen.
Bescheiden sagt er: „Wir haben nur das gemacht, wofür wir bezahlt werden. Außerdem hatten wir Glück: Wäre die Treppe nur ein bisschen höher gewesen, hätten wir dem Mann nicht helfen können. Der dunkle, schwarze Rauch hat die Atemwege sofort belegt.“ Wie lebensfeindlich die Umgebung gewesen ist, in der Mario Reck und Joachim Hoen agierten, beschreibt Hoen mit einer Beobachtung: „Es war ja dickste Corona-Zeit, deshalb trugen wir FFP2-Masken. Die waren tiefschwarz, als wir wieder draußen waren. Vermutlich haben die Masken uns einiges erspart.“
Mit der Fahrt ins Krankenhaus war der Einsatz für die beiden Beamten vorbei. „Danach hat es zwei, drei Tage Zeit gebraucht, um das Ganze zu verstehen. Die Kollegen klopften uns auf die Schultern, doch so richtig registriert hatten wir es nicht.“ Nach etwa einer Woche, der 25-Jährige lag noch immer auf der Intensivstation, sei den beiden bewusst geworden, „dass das ein Umstand war, der über das normale Maß hinaus gegangen ist.“ Ein befreundeter Feuerwehrmann habe ihnen erklärt, „dass es mehr als grenzwertig gewesen ist, da ohne Schutzausrüstung reinzugehen.“
Die lebensgefährliche Grenzüberschreitung rettete einem jungen Menschen das Leben. Dass ihr Handeln keine Selbstverständlichkeit gewesen ist, wurde ihnen vor rund einem Monat, fast zwei Jahre danach, deutlich: „Wir sind aus allen Wolken gefallen, als die Staatskanzlei uns kontaktiert hat, weil uns die Rettungsmedaille verliehen werden sollte.“ Das sei in 40 Jahren Dienstzeit schon „eine ganz außergewöhnliche Auszeichnung“. NRW-Ministerpräsident lobte die beiden heimischen Lebensretter. Sie und die anderen Geehrten seien Vorbilder. „Sie können stolz sein auf das, was sie getan haben.“
Die Rettungsmedaille wird seit 1951 auf der Grundlage des Gesetzes über die staatliche Anerkennung für Rettungstaten des Landes Nordrhein-Westfalen verliehen. Seither wurden 1362 Bürger mit der Rettungsmedaille ausgezeichnet.
Seit ihrer Rettungsaktion hatten die beiden Polizisten keinen Kontakt mehr zu dem 25-Jährigen. „Seine Tante war auf unserer Dienststelle und hat ein Dankeschön hinterlegt. Da waren wir beide aber leider nicht im Dienst“, erklärt Hoen. Durch ihr wachsames Auge auf „ihr“ Rhynern wissen die Polizisten lediglich, dass die Brandwohnung lange unbewohnbar gewesen ist. „Die Arbeit gingen nicht so voran. Wir wissen nicht, wo die Familie hingezogen ist.“ Die beiden Polizisten glauben übrigens nicht, dass diese gemeinsame Erfahrung sie noch mehr zusammengeschweißt hat: „Das geht, glaube ich, gar nicht“, ist sich Joachim Hoen sicher.