Feuerwerk-Hersteller Weco reagiert auf frauenfeindliche Sprüche
Musiker Jan Delay kritisiert Weco wegen frauenfeindlicher Sprüche im Tischfeuerwerk. Der Feuerwerk-Hersteller reagiert und entschuldigt sich.
Dortmund – Es knallt direkt im neuen Jahr bei Feuerwerkshersteller Weco. Die Firma aus Nordrhein-Westfalen sieht sich zum Jahresbeginn mit einem Shitstorm auf Twitter konfrontiert. Ausgelöst hat den der Musiker Jan Delay – er kritisierte frauenverachtende Sprüche beim Tischfeuerwerk. Weco bezieht Stellung.
Jan Delay löst Shitstorm gegen Feuerwerkshersteller Weco aus wegen frauenfeindlicher Sprüche
Bei Twitter veröffentlichte Musiker Jan Delay, bekannt durch Lieder wie „Oh Jonny“ oder „Disko“, Fotos von kleinen Zettelchen, die eindeutig der Fima Weco zuzuordnen sind und aus einem entsprechenden Tischfeuerwerk stammen. Darauf abgedruckt: kurze, vermeintlich witzige Sprüche. Das Problem: deren Inhalt. So ist auf einem Zettel zu lesen: „Warum gibt es in Parkhäusern eigentlich Frauenparkplätze? – Damit die Frauen beim Parken nicht die Autos der Männer beschädigen!“ Auf einem anderen stand: „Wenn meine Frau anfängt zu singen, dann gehe ich immer raus, damit die Nachbarn sehen können, dass ich sie nicht schlage.“
Über die Bilder schrieb Jan Delay in seinem Tweet zudem noch: „War sprachlos, als die kleine Tochter des Gastgebers gestern Abend diese ‚Witze‘ aus unseren Knallbonbons vorgelesen hat. Was für eine frauenverachtende Scheiße ist das bitte? Für Kinder ab 3? Happy 1953.“ Der letzte Teil des Tweets soll wohl als eine Anspielung auf ein veraltetes Frauenbild zu verstehen sein. Jan Delay war nicht der einzige, der sich echauffierte – zahlreiche User kommentierten die Bilder ebenfalls.
Frauenfeindliche Sprüche bei Weco: „Häusliche Gewalt ist nach wie vor ein großes Problem“
„Sexistische Stereotype und Einstellungen sind in unserer Gesellschaft leider auch heute noch weit verbreitet. Dies zeigt sich unter anderem anhand solcher ‚Witze‘“, erklärte Franca Ziborowius von der Frauenberatungsstelle Dortmund im Gespräch mit wa.de. Die Inhalte dieser Zettel seien extrem frauenfeindlich. „Besonders problematisch ist, dass Gewalt an Frauen bagatellisiert und ins Lächerliche gezogen wird. Häusliche Gewalt ist nach wie vor ein großes Problem und viele Betroffene leiden oft jahrelang unter den Folgen der Gewalt. Dieses Leid sollte nicht in Witzen verharmlost werden“, meinte die Expertin. Ihr wichtiger Appell: Frauen fänden bei der Frauenberatungsstelle und dem Frauenhaus deutschlandweit Hilfe, Unterstützung und Schutz.
Feuerwerkshersteller Weco reagierte auf Anfrage von wa.de zu der Thematik prompt und bezog Stellung. Gewalt an Frauen solle keinesfalls bagatellisiert werden, lautete der Tenor. Auch entschuldigte die Firma sich dafür, dass Sprüche dieser Art überhaupt jemals abgedruckt wurden. Doch nicht nur für die Sprüche steht Weco derzeit im Fokus. Wie Echo24.de berichtet, sollen nun Böller gar bis zu 70 Prozent teurer werden.
Feuerwerkshersteller Weco bedauert, dass „diese Knallbonbon-Sprüche in den Umlauf gelangt sind“
„Wir bedauern, dass diese Knallbonbon-Sprüche in den Umlauf gelangt sind und können an dieser Stelle nur zustimmen, dass die dargestellten Inhalte weder witzig, geschmackvoll noch zeitgemäß sind. Wir entschuldigen uns hiermit ausdrücklich bei allen Personen, die sich von den Texten beleidigt oder angegriffen fühlen. Diskriminierung lehnen wir in jeglicher Form ab“, teilte das Unternehmen auf Nachfrage von wa.de mit. Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Feuerwerkshersteller Weco dieser Problematik stellen muss.
So sei Weco mit dem Vorwurf der Frauenfeindlichkeit „bereits vor fünf Jahren konfrontiert“ worden. Auch damals ging es um Sprüche ähnlicher Art. „Wir haben uns seinerzeit mit einer Stellungnahme über unterschiedliche Pressekanäle dazu geäußert. Gleichzeitig haben wir damals alle textlichen Inhalte einer umfangreichen Überarbeitung unterzogen. Diese Sprüche werden seit jeher nicht mehr in unseren neuesten Produktionschargen der vergangenen Jahre verarbeitet“, erklärte Weco-Sprecher Oliver Gerstmeier. Weiter hieß es: „Wir handeln Knallbonbons in unserem Haus bereits seit über 60 Jahren und möchten betonen, dass wir auf unserer Seite ebenfalls sehr überrascht waren, als wir diese Formulierungen gelesen haben.“
Feuerwerkshersteller Weco habe keine Kenntnis von frauenfeindlichen Sprüchen gehabt
Von der Fertigung der Texte selbst will der Feuerwerkshersteller nichts gewusst haben, eine „Abnahme“ habe angeblich nicht stattgefunden. „Unsere Knallbonbons werden nach vorheriger Abstimmung sämtlicher Inhalte in Fremdfertigung hergestellt. Die zitierten Texte sind seinerzeit ohne unsere Kenntnis verarbeitet worden. Mit allen Produzenten wurde der Sachverhalt einst besprochen und entsprechende Konsequenzen in Form von Produktänderungen herbeigeführt“, erklärte Weco.
Dass heute noch immer vereinzelt diese Knallbonbons im Markt auftauchen, liege daran, dass „vereinzelt Marktchargen jener Ware aufgrund der Komplexität des Marktes“ nicht mehr zurückbeordert werden könnten. „Ein Aussortieren ist und war demnach nicht mehr vollends möglich, da diese ‚alte‘ Ware ebenso wie viele andere Feuerwerkskörper über ein großes Zwischenhändlernetzwerk verteilt wurde und wird“, teilte Weco auf Nachfrage von wa.de abschließend mit.
Weco ist Europas größter Feuerwerkshersteller
Die Firma Weco existiert seit 1948. Die Erfolgsgeschichte begann mit Wunderkerzen, die Gründer Hermann Weber in Eitorf herstellte. Später folgten Knallbonbons und Kanonenschläge. Erst belieferte Weber den Großhandel, später auch Discounter direkt. Weil der Betrieb solche Mengen nicht selbst herstellen konnte, musste er aus China Feuerwerk beschaffen. Mittlerweile kann Weco einen Marktanteil von 65 Prozent in Deutschland für sich beanspruchen, vor allem rund um Silvester steigen die Absätze, zuletzt zogen auch die Preise bei Pyrotechnik an. Doch die Probleme mehren sich.
Der Silvesterumsatz mit Feuerwerk in Deutschland erreichte 2017 noch mit 137 Millionen Euro seinen Höhepunkt, wie Zahlen des Verbands der pyrotechnischen Industrie (VPI) zeigen. Innovationen wie Verbundbatterien befeuerten den Umsatz. Schon 2019 war das Geschäft jedoch auf 122 Millionen Euro deutlich gesunken. Thomas Schreiber, Chef von Europas größtem Feuerwerkshersteller Weco, zeigte sich im vergangenen Jahr dennoch zufrieden nach zwei Jahren Böllerverbot. „Unser Unternehmen hat ums Überleben gekämpft, ich hatte viele schlaflose Nächte“, wird er im Handelsblatt zitiert. Shitstorms wie dieser jetzt von Jan Delay ausgelöste und die immer lauter werdenden Forderungen nach einem generellen Böllerverbot dürften die Stimmung aber kurz nach Silvester auch schon wieder trüben.