Bei einem Abendessen mit Journalisten in Düsseldorf erzählte Wüst, dass ihm der Besuch der Junior-Uni Wuppertal – noch so ein Termin mit Kindern – sehr gefallen habe. Dabei duften die Mädchen und Jungen, die meisten sind so um die zehn Jahre alt, dem Ministerpräsidenten Fragen stellen. Wüst fand das Format gut, weil er hier freier als üblich sprechen konnte. Gegenüber der Presse müsse man dagegen ja aufpassen, was man so sage, so Wüst.
Letzteres versah der Politiker mit einem Augenzwinkern – um bloß nicht falsch verstanden zu werden. Doch es steckte viel Wahrheit in seiner Aussage. Wüst ist in der Öffentlichkeit sehr bedacht darauf, was er sagt und wie er es sagt.
Zurück zu den Kindern. Deren Schutz bezeichnet Wüst in einem Wahlkampfvideo als ein Fundament seiner Politik. Wüsts Motivation, Politik zu machen, ist eine – Zitat – „Welt, in der Klimaschutz, Wohlstand und soziale Sicherung versöhnt sind“. Die einjährige Tochter Philippa - an Ostern hatte Hendrik Wüst für sie erstmals Ostereier versteckt - hat sein Blick auf die Welt verändert.
Ende April besucht der CDU-Politiker ein Familiengrundschulzentrum in Düsseldorf. Dafür nimmt sich der 46-Jährige eine Stunde Zeit. Die Kinder müssen nicht lange auf den „Präsidenten“, wie sie ihn nennen, warten. Wüst kommt fast pünktlich. Schon beim Aussteigen aus dem Auto trägt er Maske. Dass ihm wie Laschet einmal die Maske unter die Nase rutscht, ist undenkbar. Wüst – geboostert und genesen – gehört weiter zum Corona-Team Vorsicht. Auch die Lehrer tragen Maske, dabei gibt es in der Schule keine Maskenpflicht mehr.
Einem Jungen bietet Wüst die Faust zur Begrüßung an, so wie man das halt wegen Corona macht. Der Junge aber will einen ganz normalen Händedruck und bekommt ihn auch. Wie ist das, Ministerpräsident zu sein? Die Frage des Kindes beantwortet Wüst mit Verweis auf ein Zitat eines seiner Vorgänger im Amt, Peer Steinbrück. „Ich bin ein Hausmeister ohne Kittel, der sich um alles kümmern muss. Vor allem, wenn es nicht so läuft.“
Für Wüst läuft es derzeit so mittel. Er springt (in einem Werbevideo) unfallfrei mit dem Rad über den Straßengraben. Doch Herausforderer Thomas Kutschaty holt in den Umfragen auf. Dessen SPD liegt in Schlagweite zur CDU, eine Ampel-Koalition gegen die CDU ist möglich - wenn auch nicht die Lieblingskoalition der Bürger in NRW. Wüst ist erst seit Oktober vergangenen Jahres im Amt, für einen Amtsbonus reichte das nicht. Da hilft auch die bemüht lautstarke Kritik an Kanzler Olaf Scholz – erst wegen der Corona-, dann wegen der Ukraine-Politik – nicht.
Ein hoher CDU-Funktionär gab deshalb im kleinen Kreis die Parole für einen wüsten Wahlkampfendspurt aus: „Wir schicken den übers Land – wo und wann immer es geht.“ Gesagt, getan. Wüst lädt nicht nur zu Pressekonferenzen zur Ukraine oder der 41. Basketball-Europameisterschaft in Köln ein oder hält eine Rede zu Deutschlands erster Homosexuellen-Demonstration in Münster. Er besucht eben auch einen Schwimmkurs in einem Badezentrum in Krefeld oder eine Schule in Düsseldorf. Mit Kindern kann er es. „Der hat gut geantwortet“, sagt ein Grundschüler, nachdem der Präsident weggefahren ist.