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Hartschaum in Lippstadt brennt nieder: Ursache steht fest / Millionenschaden

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Von: Daniel Schröder, Katharina Bellgardt

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Dem Großbrand entspringt eine riesige Rauchwolke. © Daniel Schröder

Lippstadt - Feuerwehren aus dem ganzen Kreis Soest und weiteren Teilen Nordrhein-Westfalens wurden den gesamten Freitag über bei einem Großbrand in Lippstadt gefordert. In einem kunststoffverarbeitenden Betrieb war ein Großbrand ausgebrochen.

Alle Infos:

Feuer am Donnerstagabend um 23.44 Uhr ausgebrochenLöscharbeiten dauerten noch den gesamten Freitag anWohnungen und Häuser dürfen wieder verlassen werdenFenster und Türen dürfen wieder geöffnet werdenLüftungsanlagen sollten ausgeschaltet werden Schadsstoffwolke zieht Richtung Lippetal NordwaldPartikel liegen noch im Lippstädter Süden, nicht anfassen!Messungen werden durchgeführtSpielplätze sollten derzeit nicht genutzt werdenObst und Gemüse aus dem Garten sollte nicht gegessen werdensichtbar verschmutzte Swimmingpools müssen neues Wasser bekommenbetroffener Rasen muss gemäht werden, Sand abgetragenBürgertelefon ist eingerichtetUmliegende Firmen können Betrieb nicht aufnehmenGewerbegebiet Wasserturm ist grundsätzlich wieder freigegebenEs müssen weiter Nachlöscharbeiten durchgeführt werden

Es war 23.44 Uhr, als die automatische Feuermeldung am Donnerstagabend bei der Feuerwehr einging: Umgehend rückten die hauptamtlichen Kräfte zur Firma Hartschaum, einem kunststoffverarbeitenden Betrieb an der Bertramstraße, aus.

"Während der Anfahrt war eine starke Rauchentwicklung sowie Flammenschein über dem Gewerbegebiet „Am Wasserturm“ zu sehen. Bei Eintreffen der Feuerwehr brannte der Betrieb in voller Ausdehnung", erklärte Christian Dicke, Pressesprecher der Feuerwehr Lippstadt. Alarmierungen über Brandmeldeanlagen sind für die Feuerwehr alltäglich, ein derartiger Ernstfall jedoch nicht: "Da mussten die ersten Einsatzkräfte vor Ort erst einmal schlucken", sagte Christian Dicke im Anzeiger-Gespräch.

Durch einen massiven Löschangriff gelang es den Feuerwehren gegen Freitagmorgen das Feuer soweit einzudämmen und unter Kontrolle zu bringen, dass von der Rauchwolke keine Gefahr mehr ausging.

Brandursache und Schadenssumme stehen fest

Abschließend meldet die Polizei, dass die Firma durch die Flammen vollständig zerstört wurde. Personen seien unmittelbar durch den Brand nicht zu Schaden gekommen. Auch umliegende Gebäude wurden nicht beschädigt. 

Drohnenaufnahmen zeigen das Ausmaß des Feuers

Noch am Freitag nahmen Brandsachbearbeiter der Kriminalpolizei die ersten Ermittlungen zur Brandursache auf. Nach den bisherigen Feststellungen kann davon ausgegangen werden, dass ein technischer Defekt im Produktionsablauf zu dem Brandgeschehen führte. Die Schadenssumme wurde auf mindestens acht Millionen Euro beziffert.

Einsatz musste unterbrochen werden

Umgehend wurden weitere Löschzüge zur Einsatzstelle alarmiert. Kurz nach Eintreffen der ersten Kräfte kam es zum Einsturz einer Halle im Bereich der Produktion. Nach etwa 30 Minuten der Brandbekämpfung mussten alle Einsatzkräfte umgehend ihre Arbeit abbrechen: An Hauptgasleitungen, Gasflaschen und einem großen Gastank war deutlich zu hören, dass Gas austrat. "Es bestand Explosionsgefahr für die unmittelbare Umgebung!"

Niemand durfte sich näher als 250 Meter an den brennenden Betrieb begeben.  Nach etwa einer halben Stunde konnten die Löscharbeiten wieder aufgenommen werden. 

Zugänge mit Bagger geschaffe

Gegen Mittag wurden die Lippstädter Kräfte durch Feuerwehrleute aus dem Kreis abgelöst. Nachdem das Feuer unter Kontrolle gebracht werden konnte, mussten noch über Stunden Nachlöscharbeiten durchgeführt werden. Die Annahme, dass der Einsatz über den gesamten Tag dauern würde, bestätigte sich. 

Mit einem Bagger wurden sich weitere Zugänge geschaffen, um an einzelne Brandnester heranzukommen. 

Riesiges Aufgebot an Einsatzkräften vor Ort

Die Feuerwehr Lippstadt war mit fünf Löschzügen im Einsatz und wurde von den Feuerwehren aus Erwitte, Geseke, Anröchte, Werl, Soest, Ense, Warstein, Lippetal, Bad Sassendorf und Rüthen unterstützt. Desweiteren waren überörtliche Kräfte, sogenannte ABC-Messzüge, aus dem gesamtem Regierungsbezirk Arnsberg - und auch aus Hamm - im Einsatz um Messungen im gesamten betroffenen Stadtgebiet durchzuführen. Sie kamen aus Bochum, Dortmund und Schwerte.

Insgesamt waren mehr als 450 Einsatzkräfte vor Ort. Über die Warnapp NINA sowie durch Lautsprecherdurchsagen wurde und wird die Lippstädter Bevölkerung aufgrund der starken und schadstoffhaltigen Rauchentwicklung über das Stadtgebiet der Stadt Lippstadt, über die Orte Lippetal im Kreis Soest, Liesborn und Wadersloh im Kreis Warendorf gewarnt. 

Schadstoffe regneten nieder

Styropor-Partikel regneten - teilweise unverbrannt - im gesamten Stadtgebiet aus der Schadstoffwolke nieder. Noch immer liegen verbrannte Partikel in der Umgebung.

Die Partikel wurden durch die Fachleute der Feuerwehr vor Ort analysiert und durften nicht berührt werden. Fenster und Türen mussten geschlossen werden.

Was vermieden werden musste

Jeglicher Kontakt mit von Ruß oder Partikeln berührten Gegenständen sollte vermieden werden. Sollte man selbst mit den Schadstoffen in Kontakt gekommen sein, empfahl die Stadt zu duschen und die betroffene Kleidung separat zu waschen. Sollte es zu gesundheitlichen Beschwerden kommen, sollte unbedingt der Hausarzt aufgesucht werden.

Swimmingpools, die sichtbar verschmutzt wurden, sollten nicht genutzt werden. Das Wasser muss ausgetauscht werden. Diel galt auch für Spielplätze. Genauso sollte Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten nicht verzehrt werden. 

Klimaanlagen, die Umgebungsluft ansaugen, dürfen erst nach einer Reinigung von Fachfirmen wieder in Betrieb genommen werden. Sichtbare Ablagerungen auf Gegenständen sollten mit Schutzhandschuhen und handelsüblichem Reiniger sorgfältig entfernt werden. Verschmutzte Rasenflächen mussten gemäht werden.

Betroffenes Obst, Gemüse, der Rasenschnitt und weiteres musste über den Restmüll, nicht über den Biomüllentsorgt werden.

Auswirkungen auf Lippstadt

Die Einsatzstelle musste weiträumig abgesperrt werden. Aufgrund der Rauchwolke und den damit verbunden Gefahren wurde um 4 Uhr eine Großeinsatzlage durch den Kreis Soest ausgerufen. Die umliegenden Betriebe konnten Ihre Produktion nicht aufnehmen. 

Die Polizei hatte zwischenzeitlich das gesamte Gewerbegebiet Wasserturm gesperrt. 

Laut einer Pressemitteilung der Stadt haben Messungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) am Katholischen Krankenhaus als auch im Bereich des Freibades weder Hinweise auf Rußniederschläge noch auf eine Gefährdung hindeutende Messwerte ergeben. Das Freibad konnte also am heißesten Tag des Jahres geöffnet werden.

Bürgertelefon eingerichtet

Für Nachfragen zum Brand und dessen Auswirkungen hatte die Stadt Lippstadt ein Bürgertelefon eingerichtet. Der Notruf hingegen musste selbstverständlich für Notfälle freigehalten werden. 

Das betroffene Objekt

Das Chemieunternehmen "Lippstädter Hartschaum" produzierte Styropor für den Innen- und Außenbau. 2017 feierte die Firma ihr 25-jähriges Bestehen.

Einzig der Verwaltungsteil der Firma ist von den Flammen weitgehend verschont geblieben. Der Rest der Firma ist niedergebrannt und zu Teilen eingestürzt. Um die Produktion weiter zu gewährleisten, hat die Firma Hartschaum ihre Kapazitäten auf die Schwesterwerke in Polen umgelegt.

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