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Friedrich Merz im Porträt: Politiker, Rechtsanwalt, Lobbyist

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Von: Kathrin Bastert

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Friedrich Merz hat sein Ziel erreicht: Im dritten Anlauf sprachen sich die CDU-Mitglieder für den Sauerländer als Parteivorsitzenden aus. Wir stellen ihn vor.

Einst war er der junge Fraktionschef mit großen Ambitionen, galt als Erneuerer und Visionär. Dann verlor der Mann aus NRW den internen Machtkampf gegen die fast gleichaltrige Angela Merkel. Sie wurde später Kanzlerin; Friedrich Merz dagegen trat zunächst von der politischen Bühne ab.

NameFriedrich Merz
geboren11. November 1955 in Brilon
HeimatstadtArnsberg
Größe1,98 Meter
EhefrauCharlotte Merz

Elf Jahre lang gehörte der Sauerländer Friedrich Merz keinem Parlament an, spielte auch in seiner Partei, der CDU, keine Rolle mehr. Dann witterte er die Chance zur Rückkehr, als Angela Merkel 2018 ihren Verzicht auf eine weitere Kandidatur um den CDU-Vorsitz erklärte. Doch Merz unterlag. Knapp hatte die von der Chefin protegierte Annegret Kramp-Karrenbauer die Nase vorn. Doch die Saarländerin bewies kein gutes Händchen. Im Februar kündigte Kramp-Karrenbauer ihren Rücktritt an - Merz warf seinen Hut erneut in den Ring - und macht keinen Hehl aus seiner Absicht, auch Kanzlerkandidat der Union zu werden.

CDU-Kandidat Friedrich Merz: In der Heimat fest verwurzelt

Friedrich Merz gilt als fest in seiner Heimat, dem Sauerland in NRW, verwurzelt. Er wurde dort geboren - in Brilon, am 11. November 1955. Er war das älteste von vier Kindern der Eheleute Joachim und Paula Merz. Die Familie galt als konservativ; Vater Joachim war Richter am Landgericht Arnsberg, Mutter Paula entstammte der Familie Sauvigny, die seit Ende des 19. Jahrhunderts zur besseren Gesellschaft Brilons gehört. Ihr Vater Josef Paul Sauvigny war Verwaltungsjurist und von 1917 bis 1937 Bürgermeister von Brilon.

Der junge Friedrich Merz galt nicht als angepasst. Vielmehr eilte ihm am Gymnasium Petrinum der Ruf eines undisziplinierten Schülers voraus - er musste die Schule 1971 sogar verlassen. Friedrich Merz berichtet aus dieser Zeit auch von Problemen mit seinen Eltern, beschreibt sich als Jungen mit schulterlangen Haaren und Motorrad, der raucht und trinkt - ob‘s nun so stimmt oder der Sauerländer hier seine Jugend verklärt? Der Spiegel ließ in einem Beitrag aus Dezember 2000 jedenfalls deutliche Zweifel an der Version des damaligen Fraktionschefs hören. Sicher ist: Am Friedrich-Spee-Gymnasium in Rüthen machte Merz das Abitur; seine schulischen Leistungen hatten sich hier deutlich positiver entwickelt.

Friedrich Merz: Jura-Studium, Amtsrichter, Rechtsanwalt, JU-Vorsitzender

Merz studierte Jura in Bonn und Marburg, arbeitete dann zunächst als Amtsrichter in Saarbrücken und für den Verband der Chemischen Industrie. Auch als Rechtsanwalt war - und ist - der Briloner tätig. Seit 1981 ist Merz mit seiner Ehefrau Charlotte (geb. Gass) verheiratet. Das Paar hat drei erwachsene Kinder. Charlotte Merz ist Direktorin des Amtsgerichts Arnsberg, wo die Familie seit 1994 auch wohnt.

Im Sauerland wurde Friedrich Merz politisch groß. 1972 trat er in die CDU ein und engagierte sich stark in der Jungen Union, wurde 1980 ihr Vorsitzender. 1989 gewann er sein erstes Mandat, zog für Südwestfalen ins Europäische Parlament. Von 1994 bis 2009 vertrat er seinen Wahlkreis im Bundestag. Im Hochsauerlandkreis holte Merz immer das Direktmandat, mit „überdurchschnittlichen Ergebnissen“, wie es auf seiner Website heißt.

Friedrich Merz (CDU), ehemaliger Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Bewerber um den CDU-Vorsitz, spricht bei der Veranstaltung „Die CDU nach Corona“ des CDU-Stadtverbandes.
Friedrich Merz (CDU), ehemaliger Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Bewerber um den CDU-Vorsitz, spricht bei der Veranstaltung „Die CDU nach Corona“. © Sebastian Gollnow/dpa

Friedrich Merz: Schäuble-Nachfolger als Fraktionschef

Als Wolfgang Schäuble wegen der CDU-Spendenaffäre unter Druck geriet und seinen Rücktritt vom Fraktions- und Parteivorsitz erklärte, wurde Angela Merkel Parteichefin, Friedrich Merz rückte an die Spitze der Fraktion. In seiner Zeit als Fraktionschef, von 2000 bis 2002, entwickelte er Kanzlerambitionen. Doch es kam anders.

Nach der Bundestagswahl 2002 verlor Friedrich Merz den Vorsitz an Angela Merkel, die das so mit Edmund Stoiber verhandelt hatte. Friedrich Merz blieb zunächst ihr Vize, trat aber 2004 zurück. Im Bundestagswahlkampf 2005 war er nicht an Merkels Seite. So stand er auch für eine weitere Legislaturperiode in der Fraktionsspitze nicht zur Verfügung. Bei der Wahl 2009 bewarb er sich nicht erneut um ein Bundestagsmandat, wollte sich „nach zwanzigjähriger Parlamentszugehörigkeit [...] nach der Bundestagswahl 2009 wieder stärker seinem erlernten Beruf als Rechtsanwalt widmen.“

Friedrich Merz: Umstrittene Aufsichtsratsposten

Friedrich Merz nahm im Laufe seiner Karriere eine ganze Reihe von Aufsichtsratsposten an, unter anderem beim Axa Konzern (bis 2014), in der Borussia Dortmund Geschäftsführungs-GmbH (bis 2014) und der Deutschen Börse AG (bis 2015), der Wepa Holding in Arnsberg (bis heute) und der Flughafen Köln/Bonn GmbH (bis heute). Umstritten war seine Tätigkeit für die Hongkong and Shanghai Banking Corporation (HSBC/bis 2011), weil die HSBC in Verhandlungen über einen Verkauf der WestLB eintrat - und Friedrich Merz vom Bankenrettungsfonds Soffin 2010 mit der Leitung des Verkaufsprozesses an einen privaten Investor betraut worden war. Einen Interessenskonflikt wies Merz damals zurück. Kritik erhielt er aber auch für den angeblichen Tagessatz von 5.000 Euro, den er für die WestLB-Beratung erhalten haben soll.

2016 heuerte Merz bei einer Tochtergesellschaft von BlackRock an, dem größten Vermögensverwalter der Welt. Er war hier Aufsichtsratsvorsitzender und Lobbyist. Diese Tätigkeit wurde von Medien im Zusammenhang mit seiner Kandidatur um den CDU-Vorsitz 2018 kontrovers diskutiert. Mit seiner erneuten Kandidatur, die er im Februar 2020 bekannt gab, kündigte Merz an, sein Aufsichtsratsmandat bei BlackRock zum 31. März 2020 niederzulegen.

Friedrich Merz: Knappe Niederlage gegen Kramp-Karrenbauer

Schon 2018 wurden Friedrich Merz im Rennen um den CDU-Vorsitz gute Chancen ausgerechnet. Damals war Jens Spahn, Bundesgesundheitsminister und bei der Neuauflage der Abstimmung „Sparringspartner“ des damaligen NRW-Ministerpräsidenten Armin Laschet, nur der Außenseiter. Friedrich Merz hatte die Unterstützung der Jungen Union sicher, viele CDU-Mitglieder hielten ihn schon damals für die richtige Wahl. Doch er verlor, denkbar knapp, gegen Annegret Kramp-Karrenbauer. Umso mehr jubelte die Merz-Anhängerschaft, als er nach deren Rücktritts-Ankündigung seine erneute Kandidatur erklärte.

Friedrich Merz gilt als herausragender Rhetoriker. Doch seine Kritiker bemängeln seine Qualitäten als Zuhörer, werfen ihm geringe Kompromissbereitschaft und Teamfähigkeit vor. Dabei ist der Sauerländer ein ausgemachter Machtmensch, bekannt für seine Ungeduld. Neben seinen rhetorischen Fähigkeiten wird Friedrich Merz für seine Kompetenzen in der Finanzpolitik gelobt.

Finanzpolitiker Merz: Steuerkonzept im „Bierdeckel“-Modell

2003 präsentierte Merz ein dreistufiges Steuerkonzept, das als „Bierdeckel“-Modell bekannt wird, weil es so einfach sein sollte, dass ein Bürger seine Erklärung auf einem Bierdeckel hätte abgeben können. Auch jetzt, als Kandidat für den CDU-Vorsitz, erneuert Friedrich Merz seine Forderungen nach einer radikalen Steuerreform. Er will ein Modell, das eine strikte Unterscheidung der Besteuerung zwischen Firmen und Privatpersonen vorsieht, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Reuters. In Anlehnung an seinen Vorschlag von 2003 sagt Merz, da komme „der Bierdeckel wieder zum Vorschein - beidseitig beschrieben“.

Nach seiner knappen Niederlage bei der Wahl zum Vorsitzenden 2018 wurde Friedrich Merz 2019 Vizepräsident des Wirtschaftsrates der CDU. In der Union gilt er als wertkonservativ, von der Werteunion hat er sich aber distanziert. Einst hat Friedrich Merz mit seiner Forderung nach einer „deutschen Leitkultur“ eine kontroverse Debatte ausgelöst. Merz hatte damals, im Oktober 2000, in einer Bundestagsrede gefordert: „Zuwanderer, die auf Dauer hier leben wollten, müssten sich einer gewachsenen, freiheitlichen deutschen Leitkultur anpassen.“ Der Begriff wurde nicht nur in der Opposition, sondern auch CDU-intern heftig kritisiert - gleichwohl verankerten die Christdemokraten die „Leitkultur“ noch 2007 in ihrem Grundsatzprogramm.

Friedrich Merz: Unterstützung der Jungen Union sicher

Schon bei der ersten Auflage der Vorsitzendenwahl 2018 wusste Friedrich Merz die Junge Union (JU) hinter sich. Auf die Unterstützung der Partei-Jugend konnte er auch bei der Neuauflage am 16. Januar 2021 bauen: Die Mitglieder der JU hatten im Oktober bei einer Befragung mit großer Mehrheit für Merz als neuen CDU-Vorsitzenden plädiert. Er konnte 51,95 Prozent der Stimmen des Parteinachwuchses auf sich vereinen. Norbert Röttgen lag mit 28,1 Prozent auf Rang zwei, der damalige NRW-Ministerpräsident Armin Laschet kam nur auf 19,95 Prozent. Allerdings hatten sich auch nur 20,1 Prozent der Stimmberechtigten an der Abfrage beteiligt.

Den parteiinternen Wahlkampf läutete die CDU am 14. Dezember mit einer Kandidatenrunde im Konrad-Adenauer-Haus offiziell ein. Beobachter entdeckten viele inhaltliche Parallelen zwischen den drei Kandidaten - nicht nur die, dass sie alle aus NRW stammen. Mehr als 700 CDU-Mitglieder hatten den drei Bewerbern um den Parteivorsitz per Video, Mail oder Audio Fragen gestellt.

Friedrich Merz: Umstritten für seinen konservativen Politikstil

Die entscheidende Abstimmung erfolgte am 16. Januar digital: Die CDU hatte sich wegen der Corona-Pandemie auf einen Distanz-Parteitag festgelegt. Ursprünglich sollte der Präsenzparteitag Anfang Dezember stattfinden. Angesichts wieder stark steigender Infektionszahlen in ganz Deutschland wählten die Verantwortlichen einen Termin Anfang 2021. Geräuschlos ging diese Terminänderung nicht ab; Friedrich Merz wähnte sich als Opfer parteiinterner Ränkespiele. Es gebe „beachtliche Teile des Parteistablishments, die verhindern wollen, dass ich Parteivorsitzender werde.“

Bei der Wahl zum Vorsitzenden der CDU im Januar 2021 unterlag Merz im zweiten Wahlgang. Bei der Stichwahl bekam Laschet 521 Stimmen, Friedrich Merz unterlag mit 466 Stimmen. Im ersten Wahlgang war Norbert Röttgen mit 224 Stimmen ausgeschieden. Merz erhielt bei der ersten Abstimmung 385 Stimmen, Laschet 380 Stimmen. Laschet hatte auf dem digitalen Parteitag mit einer überraschend emotionalen Rede bei den Delegierten gepunktet, Merz blieb überraschend blass.

Friedrich Merz: CDU-Vorsitzender im dritten Anlauf

Doch auch Armin Laschet blieb nicht lange erster Mann an der Spitze der CDU: Nach der Niederlage bei der Bundestagswahl 2021 gegen Olaf Scholz (SPD) kündigte der frühere Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen an, den Parteivorsitz niederlegen zu wollen. Die Christdemokraten einigten sich dann darauf, dass die Mitglieder bei der Auswahl von Laschets Nachfolger einbezogen werden sollen.

So veranstaltete die CDU Ende 2021 eine Mitgliederbefragung, bei der alle Parteimitglieder darüber abstimmen konnten, wer den Vorsitz übernehmen soll. Neben Friedrich Merz und Norbert Röttgen, die sich nach ihrer Niederlage im Januar 2021 erneut beworben hatten, trat auch der frühere Kanzleramtsminister Helge Braun an. Am 17. Dezember gab die Partei das Ergebnis bekannt: Merz setzte sich mit 62,1 Prozent der Stimmen deutlich gegen Röttgen (25,8) und Braun (12,1) durch. Allerdings muss der digitale Bundesparteitag im Januar 2021 das Ergebnis noch bestätigen.

Friedrich Merz: Fettnäpfchen und schlechte Scherze

Schon immer ist Friedrich Merz umstritten. Sein konservativer Politikstil, für den der Mann aus dem Hochsauerland von seinen Anhängern gefeiert wird, stößt auch auf Ablehnung. Merz gilt nicht unbedingt als Verfechter der Gleichberechtigung, man sagt ihm nach, er vertrete ein überholtes Familienbild. Auf die Frage, ob er sich einen schwulen Kanzler vorstellen könne, antwortete Merz mindestens ungeschickt: „Solange sich das im Rahmen der Gesetze bewegt und solange es nicht Kinder betrifft – an der Stelle ist für mich allerdings eine absolute Grenze erreicht –, ist das kein Thema für die öffentliche Diskussion.“

Schon einmal hatte Merz mit einer Aussage zum Outing des damaligen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit, polarisiert. Und sein Scherz, es sei wohl kein Wunder, „dass Tiefs im Augenblick Frauennamen tragen“, als Annegret Kramp-Karrenbauer ihren Rückzug erklärte, stieß wohl nicht mal auf müdes Lächeln.

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