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Booster-Impfung in NRW: Ministerium rudert nach heftiger Kritik zurück

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Von: Tobias Hinne-Schneider, Daniel Großert

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Die Regeln für die Booster-Impfung in NRW sorgten für Kritik. Das Gesundheitsministerium passt sie nun an. Die vier-Wochen-Frist gilt nur noch in Einzelfällen.

[Update vom 15. Dezember, 10.40 Uhr] Hamm - Zahlreiche Experten hatten den Erlass des NRW-Gesundheitsministeriums kritisiert, den Mindestabstand zwischen Corona-Grundimmunisierung und Auffrischungsimpfung auf lediglich vier Wochen festzulegen. Am Mittwoch (15. Dezember), zwei Tage nach dem Erlass, passt das Ministerium die Regeln an. Die vier-Wochen-Frist gilt ab sofort nur noch in Einzelfällen.

LandNordrhein-Westfalen
Bevölkerung17,93 Millionen (2019)
HauptstadtDüsseldorf

Booster-Impfung nach vier Wochen: NRW-Ministerium reagiert auf Kritik - neue Regeln

In einer neuen Mitteilung des Gesundheitsministeriums heißt es, eine Auffrischungsimpfung wird für alle Personen ab 18 Jahren empfohlen, deren vollständige Sars-CoV-2-Grundimmunisierung bereits mindestens fünf Monate her ist. „Insbesondere zur Bekämpfung der Omikron-Variante ist es dringend erforderlich, die Auffrischungsimpfungen mit vollem Tempo weiter voranzubringen.“

Geimpft wird künftig auch, wenn die Grundimmunisierung erst vier Monate her ist, heißt es weiter vom Ministerium. Die vier-Wochen-Frist für alle ist damit vom Tisch. Aus immunologischer Sicht seien vier Monate das Minimum, hatte Prof. Carsten Watzl aus Dortmund, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, zuvor gesagt.

Im Einzelfall gibt es aber weiter nach vier Wochen die dritte Impfung, immer dann, wenn eine medizinische Indikation das nötig macht. Auch das wurde von Experten empfohlen. „Der im Impferlass vom 13. Dezember 2021 thematisierte Mindestabstand von vier Wochen stellt demnach ausdrücklich keine Empfehlung, sondern eine absolute Untergrenze für Einzelfallentscheidungen dar“, berichtigt das Ministerium.

[Update vom 14. Dezember, 13.45 Uhr] Hamm - Es gibt heftige Kritik an der Booster-Impfung gegen das Coronavirus nach vier Wochen in Nordrhein-Westfalen. Auf Nachfrage unserer Redaktion hat das NRW-Gesundheitsministerium bestätigt, dass der Erlass, Personen, deren Grundimmunisierung weniger als fünf Monate zurückliegt, zu boostern, gilt. Lediglich ein Mindestabstand von vier Wochen zwischen Zweit- und Auffrischungsimpfung muss demnach noch eingehalten werden. Immunologen halten die Entscheidung der Landesregierung in Düsseldorf für wenig sinnvoll - der Booster wirke dann viel schlechter. Zuvor hatte bereits die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) am Erlass gezweifelt.

Booster-Impfung nach vier Wochen: Immunologen kritisieren NRW-Politik heftig

„Die Politik hat hier zwei Dinge vermischt, die nicht vermischt werden dürfen“, sagte Prof. Carsten Watzl aus Dortmund, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, der Deutschen Presse-Agentur. Das eine ist die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko), manche Menschen schon nach vier Wochen zu boostern. „Das bezieht sich aber nur auf Menschen mit geschwächtem Immunsystem, die auf die ersten beiden Impfungen nicht oder kaum reagiert haben“, erklärte der Immunologe. „Mit der dritten Impfung wird deren Immunität nicht geboostert - ich muss sie erst einmal herstellen.“

„Bei allen anderen - und das ist die Mehrheit - möchte ich mit der dritten Impfung eine Verstärkung der Immunität erreichen“, sagte Watzl. „Dafür müssen bestimmte Prozesse erst abgeschlossen sein.“ Es müssten sich ausreichend antikörperproduzierende Plasmazellen und T-Zellen gebildet haben, manche müssten in Gedächtniszellen umgewandelt werden, andere ins Knochenmark wandern. „Das sind Prozesse, die nach vier Wochen noch nicht abgeschlossen sind.“

Booster-Impfung nach vier Wochen: Vier Monate seien das Minimum

Aus immunologischer Sicht seien vier Monate das Minimum, sagte Watzl. „Wenn ich dann ein drittes Mal impfe, hat der Körper die Zellen, die am besten auf den Erreger zugeschnitten sind, bereits ausgebildet - und die möchte ich noch mal verstärken. Damit ist die Immunität viel besser als wenn ich nach vier Wochen erneut impfe.“ Die Entscheidung sei vermutlich aus Angst vor Omikron gefallen, sagte Watzl, hält das aber „für nicht zielführend. Was zielführender wäre, wäre jetzt noch mal die Rate der Erst- und Zweitimpfungen zu steigern.“

Auch die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Prof. Christine Falk (Hannover), hält eine Verkürzung für falsch. „Aus immunologischer Sicht sind vier Wochen Abstand zu der dritten Impfung zu früh“, sagte Falk der Deutschen Presse-Agentur. Das Immunsystem sei dann noch mit der „Reifung“ zugange. „Dabei werden vor allem die Antikörper noch einmal verbessert - wie bei der Reifung eines guten Weines“.

Booster-Impfung nach vier Wochen: Frühe dritte Impfung ohne große Wirkung

„Wenn man diesen Vorgang zu früh durch eine dritte Impfung mit der Verabreichung des Antigens beschäftigt, stört das den Reifungsprozess eher, als dass es ihn unterstützt.“ Außerdem seien die Antikörperspiegel nach vier Wochen auf dem höchsten Niveau - „daher bringt eine dritte Impfung zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht so viel“, sagte Falk. Es sei besser, die Ressourcen dafür einzusetzen, um Menschen zu boostern, deren Zweitimpfung mehr als sechs Monate zurückliege oder für Risikogruppen.

Coronavirus
In NRW können die Bürger sich nun schon nach vier Wochen eine Booster-Impfung verabreichen lassen. © Julian Stratenschulte/dpa

Ähnlich schätzt auch die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) eine Booster-Impfung nach vier Wochen ein: „Die Grundimmunisierung von gesunden Menschen sollte mindestens vier Monate zurückliegen. Eine vorzeitige Auffrischungsimpfung macht unseres Erachtens nach keinen Sinn“, teilte eine Sprecherin auf Nachfrage mit. Die KVWL werde ihren Mitgliedern in den Praxen daher auch weiterhin „einen Impfabstand von mindestens vier oder sogar besser fünf Monaten bei gesunden Menschen“ empfehlen.

[Update vom 14. Dezember, 12.12 Uhr] Hamm - Die Entscheidung des Gesundheitsministeriums in NRW, die Frist für Booster-Impfungen gegen das Coronavirus auf lediglich vier Wochen herabzusetzen, kam am Montag (13. Dezember) überraschend. Jetzt zweifelt die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) den Landes-Erlass an.

Wirrwarr um Booster-Impfung nach vier Wochen: Ärzte zweifeln an Landes-Erlass

„Wie in der entsprechenden Stiko-Empfehlung vom 2. Dezember vorgesehen, betrifft die Kurzfrist weiterhin nur schwer immundefiziente Personen, bei denen die Gabe der Auffrischimpfung bereits vier Wochen nach der Zweitimpfung erfolgen kann“, erklärte ein Sprecher der KVNO der Funke Mediengruppe.

Demnach mache eine Auffrischungsimpfung vier Wochen nach der Zweitimpfung bei Gesunden aus „medizinischer Sicht keinen Sinn“. Die KVNO weist auf die von der Ständigen Impfkommission (Stiko) empfohlenen Abstände hin - in der Regel sechs Wochen, gegebenenfalls fünf Wochen. Die Kassenärzte gehen davon aus, dass das Gesundheitsministerium in Düsseldorf den Erlass entsprechend anpasst.

[Erstmeldung] Hamm - Auf den ersten Blick ist es eine sehr unscheinbare und kurze Pressemitteilung des Kreises Olpe. Lediglich fünf Sätze umfasst sie, doch der Inhalt ist bedeutend: Das NRW-Gesundheitsministerium hat die Frist für eine Booster-Impfung extrem verkürzt. Musste man zuvor nach der zweiten Impfung gegen das Coronavirus noch mehrere Monate auf die dritte Dosis warten, sind es nun nur noch wenige Wochen.

Booster-Impfung nach vier Wochen: NRW verkürzt Frist jetzt extrem

„Lediglich ein Mindestabstand von vier Wochen zwischen Zweit- und Auffrischungsimpfung muss noch eingehalten werden“, teilte der Kreis Olpe am Montag mit. Vorher mussten zwischen der zweiten Corona-Impfung und der Booster-Impfung noch mindestens fünf Monate liegen. Die Verwaltung des Landkreises im Sauerland beruft sich in ihrer Mitteilung auf einen neuen Erlass des nordrhein-westfälischen Gesundheitsministeriums.

Das bestätigte den neuen Erlass, der den Städten und Gemeinden am Montag zugeschickt wurde und der Redaktion vorliegt, auf Nachfrage: „Personen, deren Grundimmunisierung weniger als fünf Monate zurückliegt, sollen nun nicht mehr zurückgewiesen, sondern auch geimpft werden“, sagte eine Sprecherin des NRW-Gesundheitsministeriums. Das gelte aber nur, wenn die zweite Corona-Impfung mindestens vier Wochen zurückliege. Bislang gilt diese Frist nur im Zusammenhang mit der Einmalimpfung von Johnson & Johnson.

Booster-Impfung in NRW nach vier Wochen: Ansturm auf Impfstellen und Arztpraxen?

Angaben zu den Gründen für diese Entscheidung machte das Gesundheitsministerium nicht. Eine Sprecherin betonte lediglich: „Es handelt sich dabei um eine Untergrenze, die ausdrücklich keine Empfehlung darstellt.“ Zuletzt hatten zahlreiche Menschen versucht, eine Booster-Impfung zu bekommen, auch wenn ihre zweite Dosis noch nicht die erforderlichen fünf Monaten zurücklag. Bislang sollten sie nach offiziellem Erlass abgewiesen werden, nun dürfen sie aber auch schon ihre dritte Impfdosis gegen Corona erhalten.

Damit könnte es in den nächsten Tagen und Wochen einen weiteren Ansturm auf die Impfstellen und Arztpraxen in Nordrhein-Westfalen geben, denn plötzlich sind hunderttausende Menschen berechtigt, eine Booster-Impfung, die in manchen Bundesländern von der 2G-plus-Regel befreit, zu bekommen. Der Kreis Olpe kündigte auch an, den Erlass „umgehend“ umzusetzen. Inwiefern auch andere Städte und Kreise die neue Regelung umsetzen wollen, ist noch unklar.

Die Booster-Impfung soll im Kampf gegen die vierte Corona-Welle eine entscheidende Rolle spielen. Die dritte Dosis soll den Immunschutz gegen die neue Omikron-Variante, gegen die eine vollständige Impfung mit den bisherigen Impfstoffen offenbar nicht mehr so wirksam ist, noch einmal erhöhen. *wa.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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