Bewegungsradius 15 Kilometer für Corona-Hotspots: Das gilt als „triftiger Grund“ für Ausnahme
In Corona-Hotspots in NRW kann der Bewegungsradius der Bürger auf 15 Kilometer beschränkt werden - es sei denn, triftige Gründe liegen vor. Doch was gilt als ein „triftiger Grund“?
Hamm - Das Coronavirus hat Deutschland fest im Griff. Die Lockdown-Maßnahmen wurden verschärft, denn die Zahl der Neuinfektionen wurde nicht kleiner. In Corona-Hotspots in Nordrhein-Westfalen droht Menschen sogar eine Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit. Sie dürfen ihren Wohnort nur noch im Umkreis von 15 Kilometern verlassen, das hat das Gesundheitsministerium jetzt beschlossen. Wer weiter weg will, braucht dafür einen triftigen Grund. Aber was genau sind triftige Gründe für das Überschreiten des Bewegungsradius? (News zum Coronavirus)
Bundesland | Nordrhein-Westfalen (NRW) |
Einwohner | ca. 17,9 Millionen |
Ministerpräsident | Armin Laschet |
Bewegungsradius 15 km für Corona-Hotspots: Ausnahme lediglich bei „triftigem Grund“
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Länderchefs um Armin Laschet (NRW) beschlossen am 5. Januar eine Verschärfung der Lockdown-Maßnahmen in der Corona-Krise. In Landkreisen und Großstädten mit einer 7-Tage-Inzidenz von 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern oder höher „werden die Länder weitere lokale Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz ergreifen, insbesondere zur Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 km um den Wohnort“, heißt es in dem Beschluss.
Bei der Umsetzung des Beschlusses gingen die Bundesländer unterschiedliche Wege. In NRW ist die Einschränkung des Bewegungsradius auf 15 km in Hotspots nicht in der Corona-Schutzverordnung verankert. Sie ist „nur“ ein weiteres Instrument, das Städte und Kreise ab einer Inzidenz von 200 in Absprache mit den Landesbehörden anwenden können - so geschehen am Montag, 11. Januar, als diese Maßnahme des Bewegungsradius per Regionalverordnung zumindest für einige Corona-Hotspots in NRW beschlossen wurde. Ein anderes Instrument ist die Ausgangssperre.
Bewegungsradius für Corona-Hotspots: Definition von „triftiger Grund“ für Ausnahmen schwierig
Aber was bedeutet es, wenn ich in einem Corona-Hotspot lebe und für meinen Wohnort der Bewegungsradius reduziert wird? Auch dann darf man die Stadtgrenzen über die festgeschriebenen 15 km hinaus verlassen. Allerdings nur mit „triftigem Grund“, wie es in den Beschluss von Bund und Ländern heißt. Doch was genau ist ein triftiger Grund?
Bei der Definition wird es schwierig. Laut Duden bedeutet triftig „sehr überzeugend, einleuchtend, schwerwiegend; zwingend, stichhaltig“ - doch das hilft im Alltag nicht weiter. Erst recht nicht vor dem Amtsgericht. Was der eine für einleuchtend hält, muss es vor dem Gesetz noch lange nicht sein. So beurteilen Wissenschaftler die Wirksamkeit des eingeschränkten Bewegungsradius.
Bewegungsradius für Corona-Hotspots: Anwalt nennt triftige Gründe
Rechtsanwalt Arndt Kempgens aus Gelsenkirchen (NRW) hat eine Liste von „triftigen Gründen“ zusammengestellt, die es Bewohner eines Corona-Hotspots erlauben, den Bewegungsradius von 15 km zu verlassen. Bei der Auslegung des Begriffs seien berufliche Anforderungen, Versorgung, medizinische Notwendigkeiten und kollidierende Pflichten zu berücksichtigen.
„Triftige Gründe“ können laut Kempgens zum Beispiel sein:
- Ausüben des Berufs
- Arztbesuche
- Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts
- Besuch bei Ehegatten, Lebenspartnern, Partnern einer nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft
- Besuch von Schule, Universität, Kita
- Teilnahme an einer zugelassenen Veranstaltung oder einem Gottesdienst
- Behördengang zu einer weiter entfernten Behörde
- Besuch von alten, kranken Personen oder von Menschen mit Einschränkungen
- Teilnahme an einer Prüfung an einem weiter entfernten Prüfungsort
- Blutspende und Fahrt zum Blutspendedienst
- Fahrt mit dem Auto zur Hauptuntersuchung (Dekra, Tüv usw.)
- Inanspruchnahme medizinischer, pflegerischer und tiermedizinischer Versorgungsleistungen
- Begleitung Sterbender sowie Teilnahme an Beerdigungen im engsten Familien- und Freundeskreis
- Versorgung von Tieren
Bewegungsradius für Corona-Hotspots: Ohne triftigen Grund droht Bußgeld
Laut Bund und Ländern stellen „tagestouristische Ausflüge explizit keinen triftigen Grund dar“, um den Bewegungsradius zu verlassen. So heißt es in dem Beschluss vom 5. Januar. Also: Wer aus dem Ruhrgebiet zum Rodeln oder Skifahren ins verschneite Sauerland - etwa nach Winterberg oder in den Märkischen Kreis - fährt und erwischt wird, hat schlechte Karten. Wie die 15-Kilometer-Regel in NRW funktioniert und welche Städte betroffen sind, beantwortet Ruhr24.de*.
Dann droht ein Bußgeld. Verstöße können nach dem Infektionsschutzgesetz theoretisch mit bis zu 25.000 Euro geahndet werden, realistisch gesehen wird die Geldbuße nach Ansicht von Kempgens zwischen 50 und 500 Euro liegen. Der 15-Kilometer-Radius lässt sich mit kostenlosen Tools und Apps berechnen. *Ruhr24.de ist Teil des Ippen-Digital-Netzwerks.