Geplanter Moschee-Neubau sorgt für Streit

In Wuppertal-Elberfeld soll ein neuer Moschee-Bau entstehen. Das sorgt für Unmut bei Anwohnerinnen und Anwohnern. Ein Bündnis will nun ein Bürgerbegehren starten.
Wuppertal – Wenn man von Norden her nach Wuppertal kommt, führt kein Weg an ihr vorbei: Die Gathe, eine große Hauptstraße, führt mitten in die Wuppertaler Innenstadt hinein. Geprägt ist die Straße von Wettbüros, Döner-Imbissen und Fitnessstudios. „Gathe bleibt“ hängt an der Hausfassade eines weißen Altbaus an der Ecke Gathe/Markomannenstraße: Hier ist die Heimat des Autonomen Zentrums (AZ) Wuppertal.
Das AZ, das seit den 1990er Jahren dort sein Zentrum hat, gehört fest zu diesem Straßenbild dazu. Doch damit könnte bald Schluss sein. Denn Anfang März stimmte der Wuppertaler Stadtrat, mit Stimmen von CDU, Grünen, FDP und Teilen der SPD, mit einer großen Mehrheit für den Bau einer neuen DITIB-Moschee, und zwar eben dort, wo das AZ derzeit noch steht.
Autonomes Zentrum in Wuppertal gefährdet
Da das Gelände offiziell der Stadt gehört, müsste das AZ dann weichen – einen alternativen Standort gibt es bisher nicht. Daher droht eins der wenigen autonomen Zentren in Nordrhein-Westfalen durch dieses Bauvorhaben verdrängt zu werden.
Nun hat ein Aktionsbündnis mit dem Namen „Gathe für alle!“ ein Bürgerbegehren gegen den Bau der Moschee angekündigt. Ihr Ziel: So viele Unterschriften zu sammeln, dass es schließlich zu einem Bürgerentscheid kommen wird, wie unter anderem die Wuppertaler Runschau berichtet. Dann könnten die Bürgerinnen und Bürger in Wuppertal selbst entscheiden, ob sie für den Beschluss des Stadtrates stimmen oder dagegen, um so den Bau der neuen Moschee zu stoppen.
„Wir lassen nicht zu, dass das Autonome Zentrum, das im April 2023 das 50-jährige Bestehen selbstverwalteter Zentren in Wuppertal feiern kann, ausgerechnet für eine DITIB-Moschee und für weitere DITIB-Einrichtungen abgerissen werden soll,“ heißt es in einem offenen Schreiben des Bündnisses.
Bündnis will DITIB-Moschee in Wuppertal verhindern
Gerade die Tatsache, dass die Wuppertaler Moschee eine DITIB-Einrichtung ist, stört viele, die gegen den Neubau sind. Denn eine DITIB-Gemeinde untersteht dem türkischen „Diyanet“ (Präsidium für religiöse Angelegenheiten), einer Art Ministerium des türkischen Staats. Das Diyanet wiederum untersteht direkt dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Imame solcher Gemeinden sind Beamte des türkischen Staates und damit der politischen Linie des Staatspräsidenten Erdoğans unterstellt.
Das Aktionsbündnis glaubt daher, dass es längst überfällig sei, den Einfluss des Erdoğan-Regimes in Wuppertal von links entschiedener zu bekämpfen. Ihre Forderung: „Wir möchten, dass die (städtische) Verharmlosung und Unterstützung von DITIB aufhört!“
Stadt Wuppertal: „Moschee wechselt nur die Straßenseite“
Martina Eckermann, Pressesprecherin der Stadt Wuppertal, kann diese ganze Aufregung nicht ganz nachvollziehen. „Diese Gemeinde und ihre Moschee existiert ja bereits – sie wechselt nur die Straßenseite.“ Bisher habe es nie Probleme mit der Gemeinde gegeben.
Die Gemeinde würde sehr transparent und offen über ihre Arbeit informieren und jeder, der wolle, sei dort zum Gespräch eingeladen. Auch die Wuppertaler DITIB-Gemeinde selbst hat in den vergangenen Monaten mehrfach ihre Unabhängigkeit vom türkischen Staat betont.
30 Millionen Euro für neue Moschee in Wuppertal
Das Bauvorhaben soll vollständig aus Geldern der Gemeinde getragen werden, nicht etwa durch städtische Gelder. Laut der Evangelischen Presseagentur epd sollen die 30 Millionen Euro durch Spenden und durch Partner, die sich in das Projekt einkaufen, finanziert werden.
Die bisherigen Räumlichkeiten der Gemeinde liegen in der Gathe 31 A – in einer ehemaligen, umgebauten Granitfabrik, direkt neben der Pizzaria Medina. Das erbaute Minarett war 1999 das erste der Stadt. Die 1978 gegründete Gemeinde hat täglich einen Zulauf von etwa 1000 gläubigen Musliminnen und Muslimen.
Moschee In Wuppertal platzt aus allen Nähten
In den vergangenen Jahren sei die Gemeinde gewachsen, erklärt Eckermann das Bauvorhaben. „Inzwischen platzt die Moschee aus allen Nähten und kann auf diesem engen Platz nicht mehr bleiben.“ Trotzdem sei die Kritik an dem Neubau nicht an der Stadtverwaltung vorbeigegangen, betont Eckermann. Es habe eine breite Diskussion in der Ratssitzung gegeben, in der alle Aspekte besprochen worden wären. Zwei Stunden hätte das gedauert.
Dabei geht es der Stadt mehr um den Bau einer neuen Moschee. Der Neubau ist nur ein Teil eines großangelegten Stadtentwicklungsplans, den die DITIB-Gemeinde voranbringen will. Insgesamt sollen in den kommenden Jahren rund Gathe, Ludwigstraße und Markomannenstraße ein insgesamt 6.000 Quadratmeter großes neues Areal entstehen.
„Die Moschee wird von vielen anderen Einrichtungen umgeben sein“, erklärt Eckermann. Geplant seien Grünflächen, sowie eine Kita, ein Studierendenwohn- und ein Seniorenheim. Außerdem viel Grün. Das Angebot richte sich gezielt auch an nicht-muslimische Menschen.
Moschee-Neubau in Wuppertal ist Teil einer Stadtentwicklungsstrategie
Damit soll das gesamte Viertel Elberfeld aufgewertet werden. „Das Projekt wird für das ganze Gebiet der Gathe neue Impulse geben und dem maroden sowie vernachlässigten Teil Wuppertals neue Perspektiven eröffnen“, heißt es dazu auf der Website der DITIB-Gemeinde. Planungen für einen Umzug der Moschee gibt es schon seit 2009 – bisher war die Umsetzung aber stets am Widerstand autonomer Kräfte gescheitert.
Die Autonomen wollen weiterhin Widerstand leisten. So bestätigte Martina Eckermann den Eingang einer Mail, in der das Bürgerbegehren formal anmeldet worden sei. „Nun muss die Wahlbehörde prüfen, ob das rechtlich möglich ist, denn dahinter steckt ein sehr komplexes Verfahren.“
Man habe die betreffenden Personen des Begehrens zu einem Gespräch eingeladen, um alle Formalia zu klären. „Noch haben wir aber keine Antwort erhalten.“ Stand jetzt geht Martina Eckermann davon aus, dass bis 2024 eine Baugenehmigung für das neue Areal an der Gathe vorliegen könnte. Derweil plant das AZ Ende April sein 50. jähriges Bestehen zu feiern: Mit Nachttanzdemo, Konzerten, Kundgebungen. Sie sind davon überzeugt, die Gathe nicht der DITIB zu überlassen.