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Serie "Verborgene Orte": Ein Besuch bei der Brennerei Ehringhausen

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Von: Julia Kübel, Carolin-Christin Czichowski

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Theres und Georg Glitz-Ehringhausen führen die Brennerei Ehringhausen nun schon in dritter Generation. An ihrem Arbeitsplatz in der Tenne kreieren sie neue Geschmacksrichtungen. Hier finden auch die Tastings statt. © Czichowski

Werne - Wo früher der Kuhstall war, lagern nun 120 Fässer edelster Kornbrand. In der Tenne ist ein moderner Arbeitsplatz entstanden. Auf dem elterlichen Hof brennen die Geschwister Theres und Georg Glitz-Ehringhausen nun schon in dritter Generation die klaren Brände.

2012 neu gegründet, verzeichnet ihr kleines Familienunternehmen die Herstellung von 10.000 Litern Feinbrand mit einem Alkoholgehalt von 96,3 Volumenprozent im Jahr. Dieser ist die Basis jeder ihrer Spirituosen-Kreationen. 

Und diese Kreationen sind ausgefallen, nur der einfache klare Kornbrand ist in den Fässern der beiden Jungunternehmer nicht zu finden: Orangen-Eier-Creme-Likör gibt es da oder holzfassgelagerten Dinkelkorn, der unter anderem den Namen „Der kleine Lord“ trägt – in Anlehnung an den Großvater Heinrich. „Es ist zwar noch ein verborgener Trend. Aber der Korn rückt langsam wieder in den Fokus“, sagt die 37-jährige Theres Glitz-Ehringhausen. In Berlin habe sie schon in mehreren angesagten Bars den früher als „Opa-Getränk“ degradierten Schnaps auf der Karte gefunden. „Bis das hier auf dem Land angekommen ist, dauert es aber sicher ein Weilchen länger“, sagt die Geschäftsfrau, die fürs Marketing und den Verkauf zuständig ist. 

Ihr Bruder widmet sich hauptsächlich der Produktion. Das Duo wird durch zwei Mini-Jobber verstärkt. „Wir machen hier wirklich alles selbst, vom Mahlen des Getreides, dem Brennen und Verfeinern mit Zitronen- oder Orangennoten bis hin zum Verpacken und Versenden“, sagt die 37-Jährige. Die Präsentation auf Fachmessen und der Kundenkontakt mit gehobenen Gastronomien und dem Fach- und Spirituosenhandel kommen noch hinzu. Dass die beiden ihren Beruf lieben, merkt man ihnen sofort an. Sie schwärmen über rauchige, würzige oder milde Geschmacksrichtungen, kombiniert mit bestimmten Duftnoten, als würden sie keine Fässer, sondern Flakons mit Parfüm abfüllen. Georg Glitz-Ehringhausen zieht den Korken aus einem Fass und schenkt seiner Schwester einen stark rauchigen 61-prozentigen Edelbrand ein. „Der ist wirklich nur für Freaks und absolute Liebhaber“, sagt er lachend.

Die Auswahl der 190 bis zu 400 Liter großen Fässer ist gewachsen. „Gestartet sind wir vor fünf Jahren mit zehn Fässern“, erzählt Theres Glitz-Ehringhausen. In der Kornbrennerei ist es für einen Septembertag erstaunlich kühl. „Momentan ruht unsere Produktion. Von Januar bis Mai haben wir gebrannt, dann gab es eine Sommerpause. Nach der Ernte geht es weiter“, sagt der Kornbrenner, und schwärmt weiter: „Im Winter ist es hier richtig gemütlich. Morgens um 6 Uhr, wenn es noch dunkel ist und hier die Produktion läuft, ist es warm und es riecht dann wie nach Brotteig.“ 

War das Gespür und Interesse für das Hochprozentige denn schon von Kindesbeinen an vorhanden? „Mit 15 Jahren habe ich meinen ersten Korn destilliert“, erinnert sich der studierte Landwirt. Dass er das Interesse auch wirklich zum Beruf machen möchte, war ihm erst nach dem Studium klar. „Dann habe ich auch viel Theorie in Büchern angelesen und Destillationskurse besucht. Aber die Basis ist das Üben, Üben, Üben“, sagt der Kornbrenner. Seine große Schwester hat zuvor auch einen anderen Berufsweg eingeschlagen und Modedesign studiert. 

Die Kornbrennerei wurde im Jahr 1962 durch die Großeltern Heinrich Glitz und Anneliese Ehringhausen auf dem Bauernhof an der Südkirchener Straße errichtet. Die Eltern Manfred und Elisabeth führten den Betrieb weiter und ihre Kinder sind heute dankbar, den Hof so übernehmen zu können: Der älteste Sohn Heiner betreibt die Landwirtschaft und Theres und Georg haben es inzwischen geschafft, in der Brennerei eine Marke zu schaffen, die Preise bei internationalen und nationalen Spirituosenwettbewerben gewonnen hat. 

Regionalität ist sehr gefragt

 „Vor 15 Jahren hätten wir das Geschäft hier nicht erfolgreich aufziehen können. Jetzt ist Regionalität wieder in. Das merkt man ja auch in anderen Lebensmittelsparten“, sagt der 33-Jährige. Und deshalb setzt er auf regionales Getreide und produzier den im Münsterland beheimateten Kornbrand. Verwendet würden Zutaten aus rein ökologischem Anbau von Kleinbauern der Region. Was die Geschwister Glitz-Ehringhausen herstellen, kann bei Tastings auch gekostet werden. Aber wirklich nur probieren. Den Korn hinunterschütten, ohne Genuss, das passt nicht zu den Produkten der ambitionierten Kornbrenner.

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