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Neues Konzept für Abwasser-Beseitigung sorgt für Frust in Berwicke

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Von: Dirk Wilms

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Kaum ein Stuhl blieb frei, als Ortsvorsteher Friedrich Bußmann in den Dorfgemeinschaftsraum in Berwicke eingeladen hatte.
Kaum ein Stuhl blieb frei, als Ortsvorsteher Friedrich Bußmann in den Dorfgemeinschaftsraum in Berwicke eingeladen hatte. © Wilms

Kaum ein Stuhl blieb frei, als Ortsvorsteher Friedrich Bußmann in den Dorfgemeinschaftsraum in Berwicke eingeladen hatte. Viele Berwicker ist das neue Abwasserbeseitigungskonzept ein Dorn im Auge.

Berwicke – Kaum ein Stuhl blieb frei, als Ortsvorsteher Friedrich Bußmann in den Dorfgemeinschaftsraum in Berwicke eingeladen hatte. Die Umsetzung des Abwasserbeseitigungskonzepts in Berwicke und Stocklarn betrifft eben nahezu jeden Bürger dieser beiden Ortsteile. Wie auch in Klotingen und Einecke sollen hier ab dem Herbst fast alle Wohngebäude mit einem öffentlichen Abwasserkanal verbunden werden.

Das war das Thema des Abends, an dem einmal mehr deutlich wurde, dass in weiten Teilen der Bevölkerung der Frust groß ist. Denn viele Berwicker und Stocklarner werden tief in die Taschen greifen müssen, um die Kanalanschlussgebühren zu bezahlen. Besonderen Unmut ruft die Maßgabe hervor, dass die Gebühren sich nach den Grundstücksgrößen bemessen, nicht etwa nach der Zahl der dort wohnenden Menschen. „Es kommt doch nicht darauf an, wie groß das Grundstück ist, sondern wie viel gesch..... wird“, brachte es ein Versammlungsteilnehmer in derber, aber eindeutiger Ausdrucksweise auf den Punkt.

Daher kam aus den Reihen der betroffenen Bürger auch wiederholt die Forderung, dass sich die Anschlusskosten wie bei den Abwassergebühren am verbrauchten Leitungswasser orientieren sollten. „Das an der Grundstücksgröße festzumachen, ist Quatsch“, machte ein Bürger keinen Hehl aus seinem Unmut. Die Kritik am eingeschlagenen Weg ging so weit, dass erneut der Klageweg beschritten werden sollte. „Das sagt doch der gesunde Menschenverstand“, hieß es.

Neues Abwasserkonzept: Spatenstich im Herbst

Ortsvorsteher Bußmann zeigte Verständnis für den Frust der Bürger, machte aber zugleich deutlich, dass es kein Zurück geben werde. „Es wurde 30, 40 Jahre verpennt, jetzt bringt die Diskussion nichts mehr“, verwies er auf das letztinstanzliche Urteil des Oberverwaltungsgerichts, mit dem die Gemeinde Welver zur Umsetzung des Abwasserbeseitigungskonzepts verpflichtet wurde.

Er selber sei damals auch gegen die Kanäle gewesen, ließ Bußmann durchblicken. „Ich ärgere mich auch, doch die Klagen haben nichts gebracht. Und ich habe die Gesetze nicht gemacht“, verdeutlichte der CDU-Ratsherr. Seinen Angaben zufolge werden aktuell die Ortstermine mit allen Bürgern vereinbart, um direkt am Grundstück den Ablauf der Arbeiten am neuen Kanal zu erörtern. Der erste Spatenstich soll im Herbst in Borgeln erfolgen, um von hier aus die Hauptdruckrohrleitung über die Huer nach Berwicke bzw. nach Stocklarn zu ziehen.

Ich ärgere mich auch, doch die Klagen haben nichts gebracht.

Ortsvorsteher Friedrich Bußmann über das ABK

Diese Arbeiten würden in einem horizontalen Bohrverfahren durchgeführt, das möglichst wenig Erdarbeiten erfordert. Nur etwa alle hundert Meter werde gebuddelt. In der Huer und in Haselhorst sollen dann 2024 die ersten zwölf Hausanschlüsse vorgenommen werden. In Berwicke werden die Anlieger der Berwicker Straße bis zum Denkmal, der Hüttenstraße, der Klosterstraße bis zum Dorfbach, der Schmiedestraße und der Merschstraße angeschlossen. In Stocklarn sind es die Grundstücke an der Stocklarner Straße, der Ringstraße, der Bruchstraße, In der Helle und im Kloster.

Pumpen möglichst kostensenkend positionieren

Die unterirdischen Pumpwerke werden in Berwicke am Abzweig der Hüttenstraße von der L670 sowie in Stocklarn am Denkmal errichtet. Des Weiteren werden Nachblasstationen gebaut, mit denen dafür gesorgt werden soll, dass die Leitungen stets frei sind. Die Tanks in den Pumpwerken haben laut Bußmann eine Kapazität, die auch im Falle eines dreitägigen Stromausfalls ausreicht. In diesem Fall würden allerdings auch die Pumpen auf den einzelnen Grundstücken nicht mehr funktionieren.

Bußmann sprach die Empfehlung aus, die Pumpenschächte auf den Grundstücken möglichst kostensenkend zu positionieren. Die Gemeinde erstellt den Schacht mit der Pumpe und die Steuerung. Der Pumpenschacht einschließlich Steuerung ist Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage, die Kosten hierfür trägt die Gemeinde.

Die Hausanschlussleitung sowie die Grundstücksanschlussleitung von der Hauptdruckrohrleitung bis zum Pumpenschacht sind hingegen nicht Bestandteil der öffentlichen Abwasseranlage. Die anfallenden Kosten für diese Leitungen werden nach Abschluss der Maßnahme dem jeweiligen Anschlussnehmer in Rechnung gestellt. Herstellung der Hausanschlussleitung vom Gebäude zum Pumpenschacht sowie die Herstellung des Stromanschlusses für die Steuerung und Pumpe und gehen zu Lasten des Anschlussnehmers. Diese Arbeiten müssen durch den Anschlussnehmer selbst beauftragt bzw. durchgeführt werden. Das geht aus den Darstellungen der Gemeinde hervor.

Zahlen noch vage

Nicht ratsam oder überhaupt nicht praktikabel ist die Nutzung des bestehenden Schachtes für die neue Pumpe. „Die alte Anlage muss ja bis zu dem Tag funktionieren, an dem die neue Pumpe in Betrieb genommen wird“, hieß es aus den Reihen der Versammlungsteilnehmer. Befürchtungen, dass die neuen Pumpen nicht lange halten, wurden entkräftet mit dem Hinweis darauf, dass in der Gemeinde schon seit geraumer Zeit 40 solche Anlagen störungsfrei laufen. Für den Fall eines Ausfalls werde die Gemeinde stets Ersatzpumpen vorrätig haben.

Bis dahin sind aber noch die Fragen nach den Kosten zu beantworten. Die derzeit vorhandenen Zahlen sind Bußmann zufolge noch vage. Erst nach Ende der Ausschreibung und der Vergabe der Arbeiten liegen handfeste Zahlen vor. Erst dann werden die Bürger von Berwicke und Stocklarn wissen, wie tief sie in ihr Portemonnaie greifen müssen.

Forderung nach Tempo 30 auf der Berwicker Straße

Im Rahmen der Bürgerversammlung zum ABK kam auch ein Thema zur Sprache, das den Menschen in Berwicke unter den Nägeln brennt: die für Fußgänger und Radfahrer gefährliche Verkehrssituation auf der mitten durchs Dorf führenden L670. „Die Autofahrer überholen teilweise sogar im Dorf“, schildern Anwohner die Situation. Sie fordern einen breiten Bürgersteig, wie er zwischen Soestbach und Denkmal vorhanden ist. Ortsvorsteher Bußmann machte da aber wenig Hoffnung. Auf der Prioritätenliste von Straßen NRW rangiere die Berwicker Straße etwa auf Platz 25. „Wir wissen, wie lange es in Schwefe gedauert hat“, richtete er den Blick in einen anderen Ortsteil.

Um die Gefährdung wenigstens etwas zu minimieren, fordern viele Anwohner nun, wenigstens Tempo 30 in der Ortsdurchfahrt einzuführen. Die Gemeinde solle sich der Initiative anderer Kommunen zur Temporeduzierung anschließen.

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