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[Update] Verschobener Haushalt: Bürgermeister Grawunder räumt Fehler ein

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Das Haushaltsdefizit kann noch abgedeckt werden
Die erneute Verschiebung des Haushalts in Drensteinfurt und die dafür angeführten Gründe sorgen für heftige Diskussionen in der Stadt. © dpa

Die erneute Verschiebung der Haushaltsverabschiedung erhitzt weiter die Gemüter in Drensteinfurt. Bürgermeister Carsten Grawunder hatte in Abstimmung mit dem zuständigen Fachbereichsleiter Jan Schwering entschieden, die Verabschiedung des Haushaltes in die Sitzung am Montag, 27. März, zu verschieben.

Drensteinfurt - Ursprünglich hätte der Haushalt im Oktober 2022 verabschiedet werden sollen. Vorgelegt wurde der Haushaltsplan mit Verspätung Anfang Januar im Rat. Auch die für die nächste Sitzung des Rates am Montag, 6. März, geplante Verabschiedung konnte nicht gehalten werden, was von der CDU kritisiert wurde.

Auch die Grünen und die FDP haben sich geäußert. Die Liberalen sprechen von einer „Haushalts-Posse“ und erklären: „Der Fisch stinkt immer vom Kopf.“ Die Grünen konstatieren „einen weiteren „Vertrauensverlust in die Führungsqualitäten des Bürgermeisters“ (mehr dazu in Infokästen).

Jetzt reagiert Bürgermeister Carsten Grawunder mit einer Stellungnahme: „Nach dem offensichtlich aus einer E-Mail des Bürgermeisters vom Wochenende an die Fraktionsvorsitzenden, die nachrichtlich auch an die Führungskräfte der Verwaltung gegangen ist, Informationen an die Medien weitergegeben worden sind, ist in der folgenden Berichterstattung der Eindruck entstanden, es seien Fehler der Beschäftigten ursächlich für die aktuelle Situation. Dem ist ausdrücklich nicht so“, betont Grawunder und ergänzt: „Diesen Tenor und diesen Vorwurf enthält diese E-Mail aber auch nicht.“

Abweichungen bei der Zuordnung von Personalaufwendungen

Die Mail sei vielmehr in ihrer Beurteilung der aktuellen Lage so formuliert, dass Organisationsentscheidungen auf der Ebene des zuständigen Fachbereichsleiters und des Bürgermeisters eben nicht dahingehend getroffen worden seien, Aufgabenzuschnitte, die so bereits seit über zehn Jahren bestünden und immer gut funktioniert hätten, nicht an die sich veränderten Rahmenbedingungen angepasst worden seien.

„Dies ist aber erkannt und für die Zukunft bereits umgestellt“, so Grawunder. Nur helfe dies nicht bei der rückläufigen Betrachtung der Abläufe, die im aktuellen Haushaltsplanentwurf zu den kritisierten Abweichungen bei der Zuordnung von Personalaufwendungen zu den jeweiligen Produkten der Verwaltung geführt hätten.

Die Fehler werden vom Bürgermeister und weiteren involvierten Führungskräften auch gar nicht bestritten, sondern die Verantwortung hierfür wird getragen.

Carsten Grawunder, Bürgermeister

Grawunder betont ausdrücklich: „Die Fehler werden vom Bürgermeister und weiteren involvierten Führungskräften auch gar nicht bestritten, sondern die Verantwortung hierfür wird getragen.“

Jede einzelne Stelle wird durchleuchtet

Das Ausmaß und die möglichen messbaren Auswirkungen der zurückliegend nicht mehr erfolgten Anpassungen bei den Übertragungen von Aufgaben und Umsetzungen von Personal sei dabei tatsächlich falsch eingeschätzt worden. Auch zu diesem Fehler stünden Bürgermeister und Fachbereichsleiter, und in der Folge sei jetzt jede einzelne Stelle durchleuchtet und korrigiert worden.

In einem nächsten Schritt sei nun zu prüfen, wann der neue Aufgabenzuschnitt eingetreten sei, um diese Änderungen bei den noch zu erstellenden Jahresabschlüssen für die Haushaltsjahre 2021 und 2022 zu berücksichtigen, erklärt der Bürgermeister. In diesem Zuge würden dann auch die Gebührennachkalkulationen für diese Jahre angefertigt.

Die Stellungnahme der CDU

Die CDU Drensteinfurt bedauert es sehr, dass die Haushaltsverabschiedung erneut verschoben werden muss. Dadurch sei die Verwaltung in Teilen ihrer Aufgaben weiter eingeschränkt, heißt es in einer Reaktion der Union auf die Mitteilung der Verwaltung.

In ihrer Klausurtagung am 28. Januar hatte die CDU-Fraktion Bürgermeister Grawunder „schwerwiegende Fehler bei der Verteilung der Personalaufwendungen auf die Teilpläne“ angezeigt. Nach Auffassung der CDU hätte dieser Fehler verwaltungsintern schon zur ursprünglichen Haushaltseinbringung am 24. Oktober 2022 auffallen müssen. „Denn die wurde bekanntlich nur verschoben, weil die neusten Steuerschätzungen des Landes noch fehlten“, schreibt die CDU.

Dadurch wurde kostbare Zeit verloren, die jetzt fehlt. Selbstverständlich kann nur ein korrekter Haushalt das Votum des Rates erhalten“, stellt Fraktionsvorsitzender Markus Wiewel klar und fügt an: „Die abschließende Ursachenanalyse bleibt Aufgabe des Behördenleiters, wir sind gespannt.“

Die Stellungnahme von Bündnis 90/Die Grünen

Nach der Berichterstattung über die Verschiebung des Haushalts und Stellungnahmen der CDU Drensteinfurt und des Bürgermeisters Carsten Grawunder äußert sich auch die Partei Bündnis 90/Die Grünen.

„Mit zunehmender Verständnislosigkeit muss die Grüne Fraktion im Rat der Stadt Drensteinfurt die erneute Haushaltsverschiebung zur Kenntnis nehmen. Das Ziel, dass die Verwaltung ihre Aufgaben mit voller Arbeitsfähigkeit in diesen turbulenten Zeiten wahrnehmen kann, wurde wieder nicht erreicht, und das liegt nicht an den ehrenamtlichen Lokalpolitikern und ihren Fraktionen, sondern am Bürgermeister“, heißt es in der Presseerklärung.

„Neben der eigenen Verständnislosigkeit müssen wir als Grüne Fraktion auch feststellen, dass dieser Vorfall zu einem weiteren Vertrauensverlust in die Führungsqualitäten des Bürgermeisters und Teilen der Verwaltung führt.“ Für die Bürger sei es nicht mehr nachvollziehbar, was sich zwischen Bürgermeister, Stadtrat und Verwaltung abspiele. „Gerade in diesen schweren Zeiten sollte allen Verantwortlichen daran gelegen sein, dass die Menschen Vertrauen haben in die Arbeit der Stadt Drensteinfurt.“

Die Probleme, die nun zu Verschiebung und Vertrauensverlust führten, seien seit September 2022, also seit immerhin fünf Monaten, bekannt und von den ehrenamtlich tätigen Ratsmitgliedern verschiedener Fraktionen frühzeitig angemerkt worden. „Der Zusatzaufwand, den städtischen Haushalt bis in die Personalaufwendungen hinein auf buchhalterische Korrektheit zu überprüfen, führt dazu, dass teilweise die Zeit fehlt, über die politischen Inhalte in dem Zahlenwerk zu beraten. Damit wird die Arbeit des Stadtrates, die Ausgaben insbesondere politisch zu bewerten, wesentlich erschwert“, so die Grünen.

Daher geht die Erwartungshaltung der Grünen Fraktion im Rat der Stadt über die zeitnahe Einbringung eines korrekten Haushalts hinaus. „Ein weiteres Herumwurschteln an zentralen Elementen von Verwaltung und Politik kann und wird die Grüne Ratsfraktion nicht weiter hinnehmen.“

Es gelte nun, dass Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen. „Dies kann nur gelingen, indem die strukturellen Defizite innerhalb der Verwaltung offen diskutiert und abgestellt werden. Dies werden wir in den nächsten Monaten vom Bürgermeister und der Verwaltungsspitze einfordern“, schließen die Grünen ihre Stellungnahme ab.

Die Stellungnahme der FDP

Die Fraktionsvorsitzende der FDP Drensteinfurt, Sonja Berstermann-Kowalke, sieht in der erneuten Verschiebung der Haushaltseinbringung ein Versagen des Bürgermeisters und der Rathausführung.

„Die Haushalts-Posse geht in eine neue Runde, der Schaden ist aus Sicht der FDP immens“, so Berstermann-Kowalke. Wenn nicht bald ein ordentlicher Haushalt vorgelegt werde, würden wichtige Projekte in diesem Jahr nicht mehr realisiert werden können. „Die hohe Arbeitsbelastung durch den andauernden Krisenmodus mag korrekt sein, aber andere Kommunen im Kreis Warendorf zeigen, dass darunter die Erstellung des Haushalts nicht leiden muss. Das ist eine Frage von Organisation und Führung durch den Bürgermeister und seine wichtigsten Mitarbeiter.“ Die Mängel in der Organisation müssten aufgeklärt werden. „Der Fisch stinkt immer vom Kopf.“

Die Fraktionsvorsitzende weiter: „Zudem ist der Haushalt nicht nur nicht fertig, sondern führt auch in eine hoffnungslose Verschuldung der Stadt.“ Auch an diesem Punkt habe der Bürgermeister keine Idee und keine Vorschläge, wie man eine komplette Überschuldung der Stadt in den nächsten Jahren verhindern will. „Das hätte katastrophale Folgen für die Gestaltungsmöglichkeiten in Drensteinfurt.“ Die FDP erwartet daher, dass am 27. März „nicht nur endlich ein korrekter, sondern auch ein zukunftsfähiger Haushaltsentwurf vorgelegt wird“.

Die Stellungnahme der SPD

„Die SPD Drensteinfurt möchte die Diskussion um die falsche Stellenzuordnung gerne einmal versachlichen“, schreibt Fraktionsvorsitzender Ingo Stude. „Was ist passiert? Nach der Installation eines neuen EDV-Programms ist die Zuordnung der Personalkosten auf die einzelnen Fachbereiche fehlerhaft. Nach dem Erkennen dieses Fehlers kam es beim Personalchef und dem Bürgermeister zu einer absoluten Fehleinschätzung, wie dieser Fehler zu beheben ist. Dadurch verzögert sich die Korrektur bis jetzt.“ Solch ein IT-Übertragungsfehler könne passieren. „Sehr viele Angestellte werden wohl schon erlebt haben, dass in diesen Fällen in mühsamer und zeitaufwendiger Handarbeit die Daten neu einzupflegen sind. Das wäre ohne die Fehleinschätzung von Bürgermeister und Personalchef schneller passiert. An dieser Stelle noch einmal ganz klar: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung trifft keine Schuld“, stellt Stude klar.

Was bedeutet das für den zu beschließenden Haushalt der Stadt für 2023? Die dort ausgewiesenen Gesamtkosten für das Personal seien korrekt. Diese beinhalten eine für die Größe der Verwaltung geringe Erhöhung des Personals um 1,3 Stellen. Die Notwendigkeit dieser Erhöhung sei von keiner Fraktion infrage gestellt worden. Die Zuordnung auf die einzelnen Fachbereiche sei fehlerhaft, nicht aber die Gesamtzahl.

„Wenn bei der von der SPD beantragten und nun durchgeführten Organisationsuntersuchung ein noch höherer zusätzlicher Stellenbedarf ermittelt wird, dann muss die Verwaltung diesen auch belegen und zuordnen können.“ Die SPD-Fraktion ärgert sich zwar ebenfalls über die Verzögerung, kann aber nicht erkennen, dass nun alle Bürger deshalb das Vertrauen in die Stadtverwaltung verloren hätten. Hier handele es sich nach ihrer Wahrnehmung eher um einige Ratsmitglieder. „Wir sind uns sicher, dass die Verwaltung nun mit Hochdruck an der Lösung des Problems arbeiten wird“, so Fraktionsvorsitzender Stude.

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