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First Responder: Automatische Alarmierung „macht überhaupt keinen Sinn“

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Von: Mechthild Wiesrecker

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Klärten bei einer Pressekonferenz in der Kreisstadt Warendorf über die Situation auf: (von links) Michael Frerich (Sachgebietsleiter Rettungsdienst/Feuerschutz), Ralf Holtstiege (Leiter des Amtes für öffentliche Sicherheit, Ordnung und Straßenverkehr beim Kreis Warendorf), Dr. Ralph Schomaker (ärztlicher Leiter Rettungsdienst) und Jens Holtkötter (Leitstellenleiter). Foto: Wiesrecker
Klärten bei einer Pressekonferenz in der Kreisstadt Warendorf über die Situation auf: (von links) Michael Frerich (Sachgebietsleiter Rettungsdienst/Feuerschutz), Ralf Holtstiege (Leiter des Amtes für öffentliche Sicherheit, Ordnung und Straßenverkehr beim Kreis Warendorf), Dr. Ralph Schomaker (ärztlicher Leiter Rettungsdienst) und Jens Holtkötter (Leitstellenleiter). © Wiesrecker

Die Frage nach der Alarmierung der First Responder wird derzeit heiß diskutiert. Im Raum stand, dass die Ersthelfer möglicherweise zu spät oder überhaupt nicht benachrichtigt würden. Die gute Nachricht: Im Kreis Warendorf gibt es einen präzise und hoch qualifiziert organisierten Rettungsdienst.

Drensteinfurt/Kreis Warendorf– Die First Responder sind zusätzlicher Teil der „organisierten Hilfe“, die verlässlich immer dann benachrichtigt wird, wenn davon auszugehen ist, dass ihr Einsatz prognoseverbessernd ist oder wenn der Regelrettungsdienst nicht binnen der Hilfsfrist von maximal zwölf Minuten eintreffen wird.

Die Behauptung, dass die First Responder vor der Umstellung auf die georeferenzierte Alarmierung des Regelrettungsdienstes im September 2021 automatisch immer auch benachrichtigt wurden, sei schlichtweg falsch, stellte Ralf Holtstiege, Leiter des Amtes für öffentliche Sicherheit, Ordnung und Straßenverkehr beim Kreis Warendorf, auf einer Pressekonferenz am Mittwoch klar. „Eine automatische Alarmierung hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben“, bekräftigte er.

Klare Richtlinien

Schon immer habe der Leitstellendisponent aufgrund der Erkenntnisse aus der Notrufabfrage die Alarmierung ausgelöst. Er entscheidet, ob es medizinisch sinnvoll ist oder ein zeitlicher Vorteil besteht. Dabei orientiert er sich an klaren Richtlinien und einer strukturierten Notrufabfrage, an der fortlaufend gefeilt wird und die für den gesamten Kreis gilt. Vor 2021 waren die Kriterien kreisweit variabel und lokal unterschiedlich, was zu einer Überalarmierung geführt hatte, in deren Folge First Responder ausgerückt sind, ohne etwas ausrichten zu können.

Die Leitstelle ist 24 Stunden mit fünf Disponenten plus einem Lagedisponenten und einem koordinierenden Notarzt besetzt. Dazu übt die Leitstelle die Funktion einer Rettungswache aus, da die Rettungssanitäter auch ein Notarzteinsatzfahrzeug in den Tagesstunden besetzen. „Das ist außergewöhnlich und bietet den Vorteil, dass die Kollegen zusätzlich im Einsatz vor Ort geschult werden“, so Holtstiege.

Am Disponentenplatz: Jens Holtkötter, Leiter der Leitstelle des Kreises Warendorf.
Am Disponentenplatz: Jens Holtkötter, Leiter der Leitstelle des Kreises Warendorf. © Wiesrecker, Mechthild

Jeder Leitstellendisponent verfügt über eine umfangreiche Ausbildung, die den Berufsfeuerwehrmann und Leitstellensanitäter beinhaltet. Zusätzlich ist es im Kreis Warendorf üblich, dass er eine zusätzliche Ausbildung zum Rettungssanitäter abgeschlossen hat. Die hohe Qualifikation ermöglicht dem Disponenten, schon am Telefon eine hochwertige medizinische Hilfe zu leisten. Er ist zum Beispiel in der Lage, durch zielgerichtete wissenschaftsbasierte Anweisungen Menschen unterschiedlichsten Bildungsgrades anzuleiten, eine Herz-Lungen-Wiederbelebung einzuleiten. Dazu leistet er telefonischen Beistand, bis die Rettungskräfte vor Ort eintreffen.

Im Kreis Warendorf gilt die „bedarfsgerechte Alarmierung“, die das Ziel verfolgt, dem Notfallpatienten in möglichst kürzester Zeit eine optimale Versorgung zu gewährleisten. Spätestens zwölf Minuten nach Abgabe des Notrufes soll der Rettungsdienst beim Patienten sein. „Im Jahr 2022 lag die durchschnittliche Eintreffzeit bei 8:08 Minuten“, informierte der ärztliche Leiter des Rettungsdienstes, Dr. Ralph Schomaker. Diese kurze Zeitspanne konnte durch die georeferenzierte Alarmierung erzielt werden. Konkret wird jedes Rettungsfahrzeug im Kreis auf dem Bildschirm in der Leitstelle angezeigt, sodass das nächstgelegene, einsatzbereite Fahrzeug alarmiert wird. In Rinkerode werde die Schranke an der Bahnstrecke besonders berücksichtigt.

Wir schätzen das ehrenamtliche Engagement der First Responder sowie jedes Rettungsmittel als wertvolles Gut, mit dem wir verantwortungsvoll umgehen.

Dr. Ralph Schomaker

Die 14 ehrenamtlichen First-Responder-Gruppen sind Teil der „organisierten Ersten Hilfe“, die das Rettungsnetz feiner machen. „Wir schätzen das ehrenamtliche Engagement der First Responder sowie jedes Rettungsmittel als wertvolles Gut, mit dem wir verantwortungsvoll umgehen“, so Schomaker.

„Die First Responder automatisch zu alarmieren, macht überhaupt keinen Sinn“, führte er weiter aus. Eine Alarmierung könne sogar kontraproduktiv sein. So habe es in der Vergangenheit bereits Beschwerden gegeben. „Eine Frau, die eine Geburt in der Badewanne erlebt, möchte vielleicht nicht die Kumpel ihres Mannes im Badezimmer stehen haben“, machte Schomaker deutlich. Wenn First Responder medizinisch nichts ausrichten können, brauchen sie nicht benachrichtigt werden. In diesem Fall könnte es vielleicht dennoch sein, dass sie allein durch ihre Anwesenheit die Menschen beruhigen, doch auch das müsse von Fall zu Fall vom Disponenten entschieden werden. „Jeder First Responder hat Familie und sollte daher nur eingesetzt werden, wenn es sinnvoll ist“, so Schomaker. „Viel hilft nicht immer viel“, betont er.

Eine Frau, die eine Geburt in der Badewanne erlebt, möchte vielleicht nicht die Kumpel ihres Mannes im Badezimmer stehen haben.

Dr. Ralph Schomaker

Selbst wenn die First Responder von sich aus immer benachrichtigt werden wollen, sei das nicht möglich. „Wir haben einen Erlass, an den wir uns halten, es geht hier nicht um ein Wunschkonzert“, führt Amtsleiter Holtstiege aus.

Drensteinfurt der „große Gewinner“

Die Sorge, dass durch die georeferenzierte Alarmierung weniger Einsätze gefahren werden, sei unbegründet, verdeutlichte Schomaker anhand der Einsatzzahlen. Drensteinfurt sei sogar der große Gewinner. So hat sich die Zahl der Einsätze von 33 im Jahr 2021 auf 61 Einsätze im Jahr 2022 fast verdoppelt. In Rinkerode gab es 2022 mit 43 Einsätzen fünf weniger als 2021. In Walstedde hat sich die Zahl der Einsätze von 29 im Jahr 2021 auf 16 in 2022 reduziert. Insgesamt wurde im vergangenen Jahr jeder zehnte Notfallpatient in der Stadt Drensteinfurt durch eine First-Responder-Gruppe mitversorgt.

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