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Ausgezeichneter Bodenleger – und Landessieger

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Von: Mechthild Wiesrecker

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Im elterlichen Betrieb: der 20-jährige Jan Dirkschnieder.	Foto: Wiesrecker
Im elterlichen Betrieb: der 20-jährige Jan Dirkschnieder. © Wiesrecker

Fast alle Firmen in Deutschland klagen über Fachkräftemangel, immer weniger Jugendliche entscheiden sich für eine handwerkliche Ausbildung. Nicht so Jan Dirkschnieder. Der 20-Jährige schloss seine Ausbildung als Bodenleger als Kammersieger an der Handwerkskammer Münster ab, qualifizierte sich für den Landeswettbewerb NRW und wurde mit seinem Gesellenstück Landessieger.

Drensteinfurt – Dirkschnieder ist quasi mit dem Beruf Bodenleger aufgewachsen. Im elterlichen Betrieb hat er mit 13 Jahren bei der Arbeit zugesehen und ab 14 Jahren selbst mit angepackt. „Bodenleger werden wollte ich damals aber nicht“, erzählt er. So besuchte er nach der Teamschule zunächst die Hildegardisschule für Wirtschaft und Verwaltung in Münster, um sein Fachabitur zu erlangen. „Damals hatte ich das Ziel, einmal im Büro zu arbeiten“, verrät der Drensteinfurter. So ganz sicher sei er sich aber nicht gewesen. Um seinen Weg zu finden, absolvierte er wohl zwölf Praktika in verschiedenen Berufen und unterschiedlichen Betrieben.

Danach wusste er, dass seine berufliche Zukunft nicht im Büro lag, obwohl er sofort einen Ausbildungsplatz bekommen hätte. „Büroarbeit ist mir zu eintönig, ich muss selbst was erschaffen“, sagt er. Schon während der Schulzeit jobbte er im Betrieb seine Vaters Thomas Dirkschnieder. Der war sehr froh, als ihm sein Sohn mitteilte, bei ihm eine Ausbildung zu beginnen. Mit dem Fachabitur in der Tasche konnte er seine Ausbildungszeit von drei Jahren auf zwei verkürzen und direkt ins zweite Lehrjahr einsteigen. Heute – mit dem Gesellenbrief in der Tasche – weiß er: „Das war die richtige Entscheidung.“

Bei der Ehrung: Vater Thomas und Jan Dirkschnieder.
Bei der Ehrung: Vater Thomas und Jan Dirkschnieder. © Dirkschnieder

Wenn er über seine Arbeit spricht, gerät der junge Mann ins Schwärmen. „Der Bodenleger findet den blanken Estrich vor und hinterlässt einen bewohnbaren Raum.“ Er könne seine Kreativität ausleben und Dinge verändern. Vorurteile, einen handwerklichen Beruf könne man nur ein paar Jahre ausüben, weil dann der Rücken oder die Knie kaputt seien, dementiert er. „Man muss es wollen und selbst auf sich achten, dann gilt genau das Gegenteil“, versichert er. Schon der Vater habe ihm früh die rückenschonende Arbeitsweise gezeigt und auch in der Schule habe er diese gelernt. Um seine Knie zu schonen, benutzt er orthopädische Knieschoner. „Die Kosten 200 Euro, sind aber effektiv.“

Die Arbeit sieht er fast schon als Hobby. „Es macht Spaß.“ Und dann sagt er spitzbübisch: „Klar ist es anstrengend, aber dafür spare ich mir das Fitnessstudio.“

Im elterlichen Betrieb, den er später gerne einmal übernehmen möchte, wird Parkett, Design-Belag, PVC und Linoleum verlegt. „Die Arbeit ist anspruchsvoll geworden“, macht Dirkschnieder deutlich. Heute gebe es viele verschiedene Estricharten, Spachtelmassen, Kleber und Beläge. Da sei Fachwissen gefragt. Trotz aller Begeisterung sieht er die Zukunft realistisch. Es sei heute nicht leicht, selbstständig zu sein. „Das Material ist teilweise um 200 Prozent teurer geworden. Bautermine werden verschoben und Material ist nicht immer vorrätig“, zählt er auf. Aber unschöne Dinge gebe es überall und er liebe die Herausforderung.

Die Besten aus NRW

263 Gesellinnen und Gesellen stellten sich in den vergangenen Wochen dem freiwilligen Berufswettbewerb, um ihr handwerkliches Können miteinander zu vergleichen. Alle schlossen ihre Gesellenprüfung in diesem Jahr als die Besten von rund 23 200 Handwerkslehrlingen in Nordrhein-Westfalen ab und qualifizierten sich bereits in den sieben NRW-Handwerkskammerbezirken für die Teilnahme am Landeswettbewerb. 71 Gesellinnen und Gesellen wurden am vergangenen Samstag in Münster in ihrem jeweiligen Beruf mit dem Titel „1. Landessieger/-siegerin“ ausgezeichnet. Die Jury bewertete – je nach Beruf – entweder das Gesellenstück oder eine Arbeitsprobe.

Im Betrieb Dirkschnieder arbeiten zurzeit fünf Angestellte. Ein ehemaliger Teamschüler hat eine Ausbildung begonnen. „Wir haben einen weiteren Auszubildenden für das kommende Jahr in Aussicht“, verrät der 20-Jährige. Er könne nur allen Jugendlichen empfehlen, verschiedene Praktika auszuprobieren. „Man arbeitet doch 50 Jahre und da muss der Beruf Spaß machen“, ist er sich sicher. Allein ums Geldverdienen sollte es nicht gehen. „Als Handwerker kann man auf sauberste Art sein Geld verdienen“, findet er.

Es sei auch sinnvoll, im zukünftigen Ausbildungsbetrieb ein Praktikum zu absolvieren. „Es gibt Betriebe, da ist der Auszubildende nur eine billige Arbeitskraft“, weiß er. Nicht so im Betrieb Dirkschnieder. „Wir wollen unseren Auszubildenden vor allen Dingen etwas beibringen und möchten, dass sie Spaß an der Arbeit haben.“

Büroarbeit ist mir zu eintönig, ich muss selbst was erschaffen.

Jan Dirkschnieder

Demnächst kann der 20-Jährige auch selbst ausbilden. „Die Theorie für den Ausbildungsschein habe ich schon bestanden, es fehlt noch die praktische Prüfung.“ Ein Ausbildungsschein ist erforderlich, da es für den Beruf des Bodenlegers keine Fortbildung zum Meister gibt. „Es gibt 133 Handwerksberufe und nur für drei gibt es keine Meister“, informiert er.

Vielleicht weil Jan Dirkschnieder die Ausbildung mit viel Leidenschaft und Freude praktiziert hat, ist es ihm gelungen, das beste Berufsschul-Abschlusszeugnis seit 15 Jahren an der Handwerkskammer zu erlangen. „Eine glatte 1,0“, freut er sich. „Mein Vater war stolz wie Oskar“, verrät er schmunzelnd.

Für den 20-Jährigen geht es in der kommenden Woche übrigens weiter. Nach dem Titel Landessieger möchte er noch den Titel Bundessieger erwerben. Er nimmt am Bundeswettbewerb in Bayern teil.

Stolz auf sein Gesellenstück aus Vinyl ist der Drensteinfurter.
Stolz auf sein Gesellenstück aus Vinyl ist der Drensteinfurter. © Wiesrecker, Mechthild

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