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Wiedereinstieg in den Beruf: Es sind viele Hürden zu nehmen

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Von: Kira Presch

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Frauenfrühstück zum Thema Rückkehr in die Berufstätigkeit im Awo-Familienzentrum Schatzkästchen: Verena Kieper, Linda Klosowski, Kerstin Luttrop, Gastgeberin und Kita-Leiterin Tanja Finke und Martina Leyer (von links).
Frauenfrühstück zum Thema Rückkehr in die Berufstätigkeit im Awo-Familienzentrum Schatzkästchen: Verena Kieper, Linda Klosowski, Kerstin Luttrop, Gastgeberin und Kita-Leiterin Tanja Finke und Martina Leyer (von links). © Kira Presch

Der Wiedereinstieg in den Beruf, etwa nach einer Familienphase, gelingt nicht immer reibungslos. Beratung tut daher Not – und sie wird unter anderem beim Familienfrühstück geleistet. Unsere Redaktion hat solch Veranstaltung einmal besucht.

Bönen – Nach der Elternzeit wollen viele Frauen – denn sie sind vor allem betroffen – wieder zurück in den Beruf. Das ist aber nach wie vor schwierig, denn trotz oft beklagtem Arbeitskräftemangel bleibt der Spagat zwischen Kinderbetreuung und Arbeitszeiten schwierig. „Es scheitert oft an der nötigen Flexibilität der Unternehmen“, weiß Martina Leyer von der Agentur für Arbeit, die zusammen mit Kerstin Luttrop, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde, Betroffene ins Awo-Familienzentrum Schatzkästchen eingeladen hatte. Sie konnten sich beim Familienfrühstück rund um das Thema beraten lassen.

Frage des Verdienstes

Immer noch seien es zum großen Teil die Frauen, die die Familienarbeit übernehmen, während der Mann weiterhin Vollzeit arbeitet, sagt die Gleichstellungsbeauftragte Kerstin Luttrop. „Das hat auch damit zu tun, dass Männer oft immer noch besser verdienen.“ Nach der Elternzeit wollen oder müssen die meisten Frauen in den Beruf zurückkehren, denn ein Einkommen reicht in vielen Familien nicht. „Es geht ja nicht nur um irgendeinen Job, um Geld zu verdienen“, so Kerstin Luttrop. Viele Frauen würden in berufsfremde Jobs ausweichen, wenn in ihrem Beruf Teilzeit schwierig ist, und ihre Karriere nicht weiter verfolgen. „Führungskräfte findet man kaum in Teilzeit.“

Und da wird es schwierig: Wer betreut die Kinder? „Ohne ausreichende Kitaplätze geht nichts, sie sind überhaupt die Voraussetzung, dass Frauen wieder zurück in den Beruf können“, weiß Luttrop. Aber selbst, wenn Familien einen dieser begehrten Betreuungsplätze ergattert haben, bleibt das Problem, dass die Betreuungszeit am Nachmittag endet, und Mütter ihre Berufstätigkeit nach diesen Zeiten ausrichten müssen.

Flexibilität gefordert

„Arbeitgeber sind in der Regel immer noch wenig flexibel“, weiß Martina Leyer aus Erfahrung. Sie ist als Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt Ansprechpartner, wenn es darum geht, Eltern – aber insbesondere Frauen – nach der Babypause wieder zurück ins Berufsleben zu helfen. „Ich würde mir wünschen, dass Entscheider in den Unternehmen da flexibler reagieren.“ Denn einerseits beklage die Wirtschaft den Mangel an Fachkräften, andererseits haben Arbeitnehmer große Probleme, wieder in den Beruf zurückzukehren. „Leider kann man die Zahlen der freien Stellen und der Arbeitssuchenden nicht einfach übereinanderlegen“, macht Martina das Dilemma deutlich.

Diese Erfahrung haben auch drei Frauen gemacht, die die Gelegenheit zum Informationsgespräch nutzten. Obwohl ihre Situation unterschiedlich ist, sind sie doch exemplarisch für die Situation vieler junger Mütter, die in den Beruf zurückkehren wollen.

Die Beratung

Martina Leyer ist Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Agentur für Arbeit im Kreis Unna. Aufgabe ihrer Stabsstelle ist es, Benachteiligungen im Beruf zu beseitigen und den Anteil der Frauenerwerbstätigkeit zu erhöhen. In der Regel gehen die Frauen in Elternzeit. Der Wiedereinstieg in den Beruf ist oft schwierig. „Oft erfolgt die Rückkehr ins Erwerbsleben über einen Job, der nichts mit dem ausgeübten erlernten Beruf zu tun hat“, sagt Leyer. „Damit ist die berufliche Abwärtsspirale oft eingeleitet.“ Der akute Fachkräftemangel in allen Bereichen könnte jetzt eine Chance für Berufsrückkehrer sein. „Der Fokus liegt deshalb bei uns auf Weiterbildung. Viele wissen nicht, dass eine Weiterbildung oder eine Umschulung auch während der Beschäftigung möglich ist.“ Beratung und Unterstützung zum Thema Wiedereinstieg, zu Fördermöglichkeiten und Qualifizierungen – auch während der Beschäftigung – erhalten Betroffene im Internet unter www.arbeitsagentur.de/hamm oder unter Telefon 02381/9101777.

Zurückkehren in ihren Beruf als Außendienstmitarbeiterin eines großen Unternehmens möchte eine Bönenerin, die lieber anonym bleiben möchte, weil sie noch in Verhandlungen mit ihrem Arbeitgeber steht. „Das ist eine Männerdomäne“, berichtet sie. Im Innendienst wird Teilzeit angeboten, im Außendienst nicht. Neben einer vorgegebenen Kernarbeitszeit kommen regelmäßige Meetings bis in den Abend hinzu.“

„Sehr familienfreundlich ist das nicht“, fasst Kerstin Luttrop zusammen. Da alle anderen Kollegen männlich sind, stelle sich die Frage, wer in dieser Zeit die Kinder betreut, offenbar gar nicht, berichtet die Mutter von zwei kleinen Kindern. Ihr Job macht ihr Spaß und sie möchte gerne zurückkehren. Dafür müssten Arbeitgeber und Arbeitnehmer aber flexibel sein, um eine Lösung zu finden. Dem steht die Aussage ihres Chefs entgegen: Außendienst in Vollzeit ist nicht mit Kindern vereinbar.

„Potenzial nicht verschenken“

Was also tun? Etwas Zeit hat die junge Mutter noch, bis ihre Elternzeit abläuft. Sich beruflich neu orientieren, eine Umschulung machen? Dabei seien gerade Frauen in Teilzeit hoch motiviert, wirbt Martina Leyer für diese Bewerber bei Arbeitgebern. „Frauen, die eine gute Ausbildung haben, müssen nicht noch einmal ganz neu anfangen“, sagt sie. „Da geht sonst ganz viel Potenzial verloren. Unsere Berufsberatung kann im Gespräch klären, was möglich ist.“

Linda Klosowski ist gelernte Bäckereifachverkäuferin. Als sie unverhofft schwanger wird, endet der befristete Arbeitsvertrag. Zwei Jahre nach der Geburt bekommt sie einen Kitaplatz und kann wieder stundenweise arbeiten. „Ich arbeite bei einer Reinigungsfirma“, erzählt die Mutter von mittlerweile drei Kindern. „Die sind relativ flexibel.“ Sie wolle sich grundsätzlich über berufliche Möglichkeiten informieren, sei aber mit ihrer Stelle zufrieden.

Nebenbei einen Minijob

Ganz anders liegt der Fall bei Verena Kieper. Sie ist examinierte Krankenschwester, hat ihre Elternzeit beendet und arbeitet bereits wieder in einem Pflegeheim in einer 75-Prozent-Stelle und übernimmt 13 bis 14 Nachtdienste im Monat. Soweit läuft alles gut. Ihr Problem ist ein anderes: „Ich suche einen Minijob an meinen freien Tagen“, schildert sie das Problem. „Ich habe schon etwa 30 bis 40 Bewerbungen geschrieben von Verkauf bis Gastronomie – bisher ohne Erfolg. Zwei bis drei Tage in der Woche könnte ich arbeiten, allerdings wechseln die Tage. Es ist schwierig, denn Teilzeitkräfte müssen flexibel einsetzbar sein“, schildert sie ihre Erfahrung. Auch bei ihrem Arbeitgeber setze – trotz massiven Pflegenotstands – erst jetzt ein Umdenken ein, flexible Arbeitszeiten seien neuerdings möglich.

„Die Not muss groß sein, damit sich in manchen Unternehmen etwas ändert und Arbeitgeber flexiblere Arbeitszeiten anbieten“, sagt Martina Leyer nach vielen Gesprächen mit Arbeitgebern. „Es ist etwas aufwendiger in der Planung, aber dann stellen viele Unternehmen fest, es funktioniert ganz gut.“

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