Kriegsfolgen
Für diese Entwicklung nennt die Verwaltungsspitze einige Gründe. Der Ukraine-Krieg mit seinen Folgen spielt zum Beispiel eine Rolle. Alles ist dadurch teurer geworden, Energie, Personal, Material. Die Inflation schlägt natürlich auf den kommunalen Haushalt durch. Das macht sich beispielsweise bei geplanten Bauvorhaben bemerkbar, bei Digitalisierungsprozessen und Transferleistungen.
Zugleich rechnen die Verantwortlichen im Rathaus damit, dass die eigenen Personalkosten deutlich steigen werden. Im Oktober hat die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi schon mal 10,5 Prozent mehr Gehalt für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst gefordert. Bei welchem Wert die nächste Gehaltsrunde auch stoppen mag, Carbow und Rotering gehen von höheren Gehältern und planen mit 4,5 Prozent mehr. aus. Hinzu komme ein gestiegener Bedarf an Kräften. „Änderungen beim Wohngeld, die Digitalisierung der Verwaltung: Die Aufgaben werden nicht weniger. Wir müssen mehr Personal einstellen“, ist Carbow überzeugt.
Der Stellenplan soll daher um 6,05 Stellen erweitert werden. Belief sich der Ansatz für dieses Jahr noch auf knapp 7,1 Millionen Euro, so veranschlagt der Kämmerer jetzt fast 8,4 Millionen Personalaufwendungen für das kommende Jahr. Zusammen mit den Kosten für Sach- und Dienstleistungen, Transfer, Abschreibungen und Zinsen ergeben sich so Aufwendungen in Höhe von 54,59 Millionen Euro – 3,48 Millionen mehr als dieses Jahr.
Transferaufwendungen
Die größte Belastung sind nach wie vor die Transferaufwendungen. Rund 21,93 Millionen Euro soll die Gemeinde an Umlagen an den Kreis Unna überweisen, 9,75 Millionen Euro davon für die Aufgaben des Jugendamtes (differenzierte Kreisumlage). Hinzu kommen Sozialleistungen, Gewerbesteuerumlagen und der Lippeverbandsbeitrag. Zusammen macht das 27,08 Millionen Euro.
„Ich rechne in den nächsten Jahren aber mit einer Entlastung bei der allgemeinen Kreisumlage. Der Kreis wird in der Haushaltsfortschreibung bis 2026 die Mehrbelastungen durch Corona und den Ukraine-Krieg isolieren, das ist im aktuellen Entwurf noch nicht enthalten.“ Die Tendenz zeige dennoch klar nach oben. Besonders, weil die Kosten der Unterkunft für Sozialhilfe- und Arbeitslosengeld-II-Empfänger steigen und immer mehr Menschen darauf Anspruch haben.
Gewerbesteuer
„Die Gewerbesteuereinnahmen reichen nicht, um die Kreisumlagen zu decken“, fasst Stephan Rotering zusammen. Dabei haben die zuletzt ordentliche Erträge in die Kasse gespült. „Bei den Gewerbesteuereinnahmen 2021 und 2022 haben wir sehr gute Ergebnisse erzielt“, berichtet Carbow. Im Vorjahr hätten die ortsansässigen Unternehmen rund 14,29 Millionen Euro an die Gemeinde abgeführt, im laufenden Jahr werde deutlich mehr zusammenkommen als die zunächst geschätzten 8,9 Millionen Euro. Und so plant der Bönener Finanzchef für 2023 optimistisch mit Gewerbesteuereinnahmen von knapp 12,2 Millionen Euro.
Zusammen mit den Grundsteuern, den Anteilen an Einkommens- und Umsatzsteuer sowie der Hunde- und der Vergnügungssteuer veranschlagt er einen Ertrag von circa 30,76 Million Euro. Wie sich das weiter entwickelt, ist hingegen ungewiss. „Wir wissen nicht, wie sich die allgemeinen Teuerungen, Inflation, Liefer- und Personalengpässe auf die Betriebe auswirken werden. Wir gehen aber nicht davon aus, dass wir in nächster Zeit den Spitzenwert von 16 Millionen an Gewerbesteuer einnehmen werden.“
Schlüsselzuweisungen
Die gute Nachricht der höheren Steuereinnahmen hat zudem eine Kehrseite: Durch die gestiegene Steuerkraft (29,70 Millionen Euro) erhält Bönen deutlich weniger Schlüsselzuweisungen vom Land. Die werden um satte 43,42 Prozent auf 4,5 Millionen Euro zurückgehen. Dennoch will die Gemeinde an geplanten Investitionen festhalten (siehe Kasten). „Die großen Projekte, die wir schon lange planen, bilden wir auch im Haushalt ab. Da wollen wir keine Abstriche machen“, sagt der Bürgermeister. Für vieles gibt es Fördermittel, einiges muss aus den Rücklagen genommen werden. „Aber die sind ja dafür da, dass man in schlechten Zeiten darauf zurückgreifen kann“, so Rotering. Glücklicherweise habe Bönen die Ausgleichsrücklage durch die Teilnahme am Stärkungspakt und die gute Konjunkturlage aufbauen können, wie Dirk Carbow feststellt. „Somit können wir den Fehlbetrag für 2023 aus den Ausgleichsrücklagen decken“
Trotz der finanziellen Situation will die Gemeinde weiter investieren. Geplant ist im kommenden Jahr unter anderem:
. der Beginn der Planung zur Gleisunterführung
. der Ausbau der östlichen Bahnhofstraße
. der Baubeginn des Sportparks am Zechengelände
. die Erneuerung des Kunstrasenplatzes in Nordbögge
. der Ausbau der Mountainbikeanlage
. die Umgestaltung der Fußgängerzone
. der barrierefreie Umbau des Bahnhofes
. Ersatzbeschaffungen von Fahrzeugen und Ausrüstung für die Feuerwehr und den Bauhof.
Das Investitionsvolumen liegt bei circa 4,3 Millionen Euro. Aus Förderprogrammen von Land und Bund fließen dafür rund 3,6 Millionen Euro in die Gemeinde. Der Rest soll durch einen Investitionskredit in Höhe von 666 144 Euro gedeckt werden.
Nichtsdestotrotz wird das Eigenkapital angefasst. Das hat sich laut Kämmerer in den vergangenen Jahren ebenfalls positiv entwickelt, sodass Ende 2021 ein Bestand von 33,54 Millionen Euro über dem Strich stand. Davon entfallen rund 25,42 Millionen Euro auf die Ausgleichsrücklagen. In der Folgezeit wird die Verwaltung weiter darauf zurückgreifen müssen. Zurzeit geht der Kämmerer von 7,66 Millionen Euro bis 2026 aus, das macht mit den 4,56 für 2023 dann 12,22 Millionen Euro weniger Eigenkapital. Die Defizite bauen indes die Liquidität ab. „Aufgrund unserer guten Kassenlage können wir uns das aber noch erlauben“, weiß Dirk Carbow. „Wir wollen im nächsten Jahr den letzten Kassenkredit in Höhe von rund 3 Millionen Euro tilgen. Rein rechnerisch müssen wir dann ab 2025 wieder Kassenkredite aufnehmen, um liquide zu bleiben.
Isolierungsgesetz
Davon, dass die Pandemie die Bönener Finanzen im kommenden Jahr weiter belasten wird, geht er nicht aus – wohl aber der Ukrainekrieg durch die gestiegenen Kosten und die Aufnahme weiterer Kriegsflüchtlinge. Und so isolieren die Fachleute im Rathaus die Mehraufwendung nach dem CIG, dass nun den Krieg mit berücksichtigt und Covid-19-Ukraine-Isolierungsgesetz (CUIG) heißt. Rein rechnerisch soll das den Haushalt 2023 um 955 140 Euro entlasten. Danach gehen die Beträge weiter zurück, bis auf 726 746 Euro im Haushaltsjahr 2026. Aufsummiert ergeben sich dennoch rund 5,95 Millionen Euro. Ob die Gemeinde den Ausgleich den nachfolgenden Generationen überlässt, indem es die Abschreibung auf die folgenden 50 Jahre verteilt, ist noch offen.
Beschluss
Zweieinhalb Monate haben die Ratsmitglieder nun Zeit, sich mit dem Haushalt zu befassen. Verabschiedet werden soll er erst am 16. Februar. Die Verschiebung sei notwendig geworden, weil sowohl die Modellrechnung als auch die Orientierungsdaten des Landes so spät wie nie veröffentlicht wurden, erzählt Dirk Carbow.