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Selbstständig für Familie und Beruf: Wie zwei junge Frauen das unter einen Hut bekommen

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Von: Markus Liesegang

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Nina Lenser (links) und Melanie Schumacher
Machten sich selbstständig: Nina Lenser (links) und Melanie Schumacher. © Liesegang, Markus

„Menima.Design und Fotografie“ – das steht seit dem vergangenen Jahr für die gemeinsame Unternehmung von Nina Lenser und Melanie Schumacher, seit kurzem als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), vor allem aber für einen besonderen Weg der beiden Mütter in die berufliche Selbstständigkeit neben dem „Job“ in der Familie.

Bönen – „Ich stand nach der Elternzeit vor der Entscheidung, bleibe ich in meiner Firma angestellt oder mache ich mich selbstständig?“, erklärt Melanie Schumacher (33), Mutter von Lilly (4) und Leni (2). Mediengestalterin und Fotografin ist ihr Beruf, den hat auch ihre Freundin Nina Lenser (29) erlernt. Seit einem Jahr sind die Nordböggerinnen nun ein Team.

„Nein. Als Schnupperjahr würde ich es nicht bezeichnen“, sagt Lenser mit Blick auf die Startphase. „Wir wissen ja, was wir tun.“ Die klassische Hausfrauenrolle schwebte beiden nicht vor, Lenser arbeitete vormals freiberuflich für eine Unternehmensberatung. Familie und einen „Nine to Five-Job“ zu vereinen, sei hierzulande immer noch schwer. Als eigener „Herr“ kann sie sich die Zeit flexibel einteilen. „Ich kann morgen zum Beispiel meine Tochter beim Schulausflug begleiten“, sagt Nina Lenser, „ohne mir frei nehmen zu müssen.“

Die Partner müssen mitziehen

Eine einfache Entscheidung sei es trotzdem nicht gewesen „Wir haben einige Gespräche geführt“, erklärt Schumacher. „Schließlich sind wir quasi immer am Wochenende unterwegs. Da müssen die Männer mitziehen. Sie sind zwar nicht durchgehend von Freitag bis Sonntag für die Kinderbetreuung zuständig – aber...“

Partner Daniel Schumacher betont, dass er die Zeit mit den Kindern auch genießen würde. Der Vertriebsdirektor und auch Lensers Mann Lars arbeiten viel im Home-Office. Die Kinder fremdeln also nicht mit ihren Vätern. „Nee. Die sehen sich öfter und wir sie auch“, betonen die beiden Frauen.

„Wir machen viele Hochzeiten“, berichtet Nina Lenser. Das bedeute das volle Programm von Vorbereitungen, Ankleiden, Stillleben bis zum Hochzeitstanz. So weit, so gewöhnlich. „Wir machen aber keine gestellten Fotos, bemühen uns Emotionen einzufangen, eine Geschichte des Tages zu erzählen. Manchmal sind wir auch beim Antrag dabei.“ Der Trick: Sie treten immer zu zweit auf. Eine macht dem Paar Motivvorschläge, die andere drückt derweil auf den Auslöser. „So fangen wir ganz natürliche Momente ein“, erzählt Schumacher. Außerdem sähen vier Augen mehr als zwei. „Wir haben alles im Blick.“

„Und wir stören die Feier nicht“, ergänzt Lenser. Die obligatorischen Paarshootings würden maximal zehn Minuten dauern, dafür aber über den Tag verteilt. „Es gibt ja durchaus unterschiedliche Lichtstimmungen. Wir ziehen das Paar jeweils nur kurz heraus.“

Treten eher als Freunde statt als Dienstleiter auf

Das Brautpaar solle sich an diesem Tag rundherum wohlfühlen, das Empfinden, irgendwelche Posen einnehmen zu müssen, soll nicht aufkommen. „Vor allem die Männer wollen ja nicht fotografiert werden“, schildert Lenser, „jedenfalls nicht offensichtlich.“ Die Profis von „Menima“ wollen auch nicht als Fotografinnen wahrgenommen werden. Alles an der von ihnen begleiteten Feier soll natürlichen Anstrich haben. „Wir treten eher als Freunde auf, nicht als Dienstleister. Wir halten uns an den Dresscode, feiern mit, essen mit, tanzen mit.“

Auch deswegen müsse die Chemie zwischen ihnen und den Kunden im Vorgespräch stimmen. Und ja: Es sei tatsächlich schon vorgekommen, dass sie einen Auftrag abgelehnt hätten, weil es nicht passte.

Kinderfotos: Der Moment ist entscheidend

Stimmen muss auch der Moment bei der Kinderfotografie. Wenn ein Baby zum Beispiel eine Kolik habe, unterbrächen sie ein solches Shooting lieber, um noch einmal wieder kommen, betont Schumacher. Mit Zwang ließe sich kein gutes Foto machen. Eltern seien hingegen oft krampfhaft darauf aus, dass es irgendwie klappt. Meist gelinge das. „Wir haben ja selber Kinder und können mit Babys umgehen. Es gibt ja nichts Ergreifenderes als ein neugeborenes Baby. Und die werden so schnell groß“, erzählt Nina Lenser. Ihr Sohn Luca ist schon 16, Tochter Lia neun und Bruder Noa fünf Jahre alt.

Zu 95 Prozent seien es Frauen, die Familienfotos anfragen würden. Die seien beliebt, obwohl jeder heute ständig mit dem Handy, das ja auch gute Bilder liefere, fotografiere. „Die Mütter legen Wert auf Qualität.“ Sie seien auch bereit, zu investieren in Erinnerungen.

Fotografiert wird übrigens mit Fujifilm Digitalkameras und lichtstarken Objektiven mit Festbrennweiten. „Die Kameras sind so Retro, das passt zu uns“, erklärt Lenser die Wahl der an Analog-Werkzeug erinnernden Geräte. Außerdem: Retuschieren würden die Beiden kaum. „Vielleicht mal einen blauen Fleck oder Baby-Akne.“

Businessplan und Beratung vor der Existenzgründung

Die Freundinnen mussten zwar einen Businessplan erstellen und haben sie zur Existenzgründung von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft beraten lassen, aber die gingen die Selbstständigkeit locker an. „Wir haben beide immer gerne fotografiert, wir probieren das einfach mal und haben doch nichts zu verlieren“, meint Schumacher. „Wir haben aber auch die Unterstützung unserer Männer“, so Lenser.

Die Partner hätten aber auch was davon, nämlich glückliche Frauen. „Einen solchen Beruf und soviel Zeit für die Kinder zu haben, ist so viel Wert“, sagt Lenser.

Damit terminlich alles passt, haben die befreundeten Familien sogar einen gemeinsamen Online-Kalender. Schmunzeln mussten die Frauen, als sie mal für ein Paar gehalten wurden, weil sie eben so vertraut miteinander umgehen.

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