Seit 1990 ist Hüchtmann Richter. Zwei Jahre später kam er zum Amtsgericht Unna und blieb dort. Seit über zwei Jahrzehnten verhandelt er Schöffensachen. Der Jurist ist den Umgang mit Laienrichtern also gewöhnt und weiß um ihre Bedeutung. „Sie sind wichtig, weil sie Sozialkompetenz und Menschenverstand in Sitzungen und Entscheidungsfindungen miteinbringen. Hier spielt das Menschliche eine Rolle, das zu kurz kommen würde, wenn es nur Profis machen würden, die sich vielleicht nicht zwingend in die Lebensumstände der Beteiligten einfühlen können. Man hat einfach einen breiteren Erfahrungsschatz zur Verfügung.“
Zu den Fragen, was ein Schöffe mitbringen muss und was er auf keinen Fall tun darf, findet der 62-Jährige deutliche Antworten. „Er muss bereit sein, sich mit den Fällen auseinanderzusetzen – der Blick über den juristischen Tellerrand hinaus. Und eine gewisse Gesprächsoffenheit beim Austausch von Meinungen und Argumenten.“ Er müsse die Dinge neutral angehen, frei von Vorurteilen. Auch dürfe ein Laienrichter nicht zur Selbstdarstellung neigen.
In den über 20 Jahre hat Jörg Hüchtmann ausschließlich gute Erfahrungen mit Schöffen gemacht. „Das war durch die Bank eine sehr angenehme Zusammenarbeit. Und es ist durchaus interessant, einen gewissen Entwicklungsprozess zu beobachten, zum Beispiel, wenn sie begreifen, welche Verantwortung mit ihrem Amt verbunden ist.“ Und natürlich habe er bei der Gelegenheit interessante Menschen kennengelernt. Er schätze es, wenn er merke, dass sie ein ernsthaftes Interesse an ihrem Amt hätten. Sein Fazit: „Schöffen sorgen bei den Richtern dafür, dass sie ihre Auffassung in der Beratung durch das Gespräch auch noch einmal selbst hinterfragen können.“
Wenn es um Schöffen geht, gibt es einige Voraussetzungen und Ausschlusskriterien. Unter anderem müssen sie mindestens 25 und bei Amtsantritt unter 70 Jahre alt sein. Sie sollen körperlich und geistig in der Lage sein, ihre Aufgabe zu erfüllen und der deutschen Sprache ausreichend mächtig. Sie sollen in der Gemeinde, für die sie das Amt ausüben, wohnen. Menschen, die in Vermögensverfall geraten sind, sich also etwa in einer Insolvenz befinden, dürfen das Amt nicht ausüben. Ebenso diejenigen nicht, die gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben. Ehemalige Stasi-Mitarbeiter sind demnach ausgeschlossen. Grundsätzlich, so die Vorgabe, sollte die Vorschlagliste der Gemeinde alle Gruppen der Bevölkerung berücksichtigen: Geschlecht, Alter, Beruf und soziale Stellung.
Interessierte können sich selbst für die fünfjährige Amtsperiode bewerben oder von ihrer Kommune bestimmt werden. Das Amt ablehnen können Politiker, Ärzte, Hebammen, Krankenpfleger oder Apothekenleiter sowie Personen, die über 65 Jahre alt sind, das Amt bereits über zwei Perioden bekleidet haben, deren private oder familiäre Situation es nicht zulässt oder wenn die Tätigkeit zur wirtschaftlichen Notlage führen könnte – zum Beispiel bei Selbstständigen.
Interessierte sollten sich jetzt bewerben. Der Ausschreibungstext einschließlich der Anforderungen an die Bewerber sowie ein Bewerbungsformular steht auf den Internetseiten www.boenen.de und www.schoeffenwahl.de zur Verfügung. Formulare liegen außerdem im Rathaus und im Bürgerbüro aus. Bis zum 30. Juni muss die Vorschlagliste der Gemeinde aufgestellt sein. Diese Liste wird bis zum 31. Juli eine Woche lang öffentlich ausgelegt werden. Bis zum 15. Oktober wählt ein Ausschuss die Schöffen. Danach werden die gewählten Schöffen informiert, die ihr Amt am 1. Januar antreten.