Wie viele das sind, bleibt offen. Auf entsprechende WA-Anfragen auch aus der Vergangenheit ist der Insolvenzverwalter bis dato nicht näher eingegangen. Der Bönener Pflegedienst, so führt er nun aber in seiner ersten Stellungnahme aus, habe in der Spitze bis zu 700 Mitarbeiter beschäftigt.
Dem De-facto-Geschäftsführer des Unternehmens (er soll die Entscheidungen getroffen haben, bekleidet den Posten aber nicht offiziell) wirft die Staatsanwaltschaft Dortmund gewerbsmäßigen Betrug in 54 Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung vor. Zwischen 2016 und 2020 soll er Leistungen gegenüber der Krankenkasse AOK abgerechnet haben, die nicht erbracht wurden. Laut Haftbefehl liegt der Gesamtschaden bei 975.000 Euro. Der Mann sitzt seit dem 3. Juli in U-Haft, die Ermittlungen dauern an.
Welchen Einfluss die Vorwürfe auf die Situation des Pflegedienstes hatten, auch dazu liefert der Insolvenzverwalter keine genaueren Informationen. Allenfalls diesen – eher verklausulierten – Hinweis: „Aufgrund der ungeordneten Unternehmenssituation, die sich nach der Verhaftung eines Entscheidungsträgers des Unternehmens noch zugespitzt hatte, wandte sich die Mehrzahl der Pflegebedürftigen bereits vorinsolvenzlich anderen Pflegedienstleistern zu.“
Nach Darstellung des Insolvenzverwalters konnten am Ende „sämtliche zu pflegenden Personen und ihre Angehörigen rechtzeitig über die Einstellung des Geschäftsbetriebs informiert werden“. Dadurch seien sie „in die Lage versetzt“ worden, die „Ausführung der Pflegedienstleistungen durch Dritte sicherzustellen“. Ihnen seien „keine Nachteile aus der Einstellung des Geschäftsbetriebs entstanden“, zeigt sich Schulte-Kaubrügger überzeugt.
Nach Bekanntwerden des Bönener Pflege-Skandals hatten Mitarbeiter gegenüber dem WA anonym schwere Vorwürfe gegen ihren Arbeitgeber erhoben. So seien oft Hilfs- statt Fachkräfte eingesetzt worden, und das in unzulässigen Doppelschichten von 24 oder sogar 36 Stunden. Auch habe es insgesamt an Personal gefehlt, um alle Patienten zu versorgen. Für die Geschäftsleitung habe der Profit über allem gestanden.
Mitte Juli hatte die Heimaufsicht des Kreises Unna zwei Wohngemeinschaften für Intensivpatienten des Pflegedienstes in Bönen und Lünen aufgelöst, weil sie eine ausreichende fachliche Betreuung nicht gewährleistet sah. Zuletzt bestätigte ein Pflegedienst aus Ahlen, in Absprache mit dem Insolvenzverwalter Mitarbeiter und Patienten des Mitbewerbers übernommen zu haben.
Nach wie vor streitet ein ehemaliger Patient des Pflegedienstes vor Gericht um Schmerzensgeld.