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Abgemeldete Fahrzeuge machen dem Ordnungsamt viel Arbeit

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Von: Sabine Pinger

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Das Bönener Ordnungsamt muss immer wieder stillgelegte Fahrzeuge aus dem öffentlichen Verkehrsraum entfernen lassen.
Endlich kommt er weg. Rund zwei Jahre lang stand der Schrott-Lkw an der Poststraße. Jetzt wurde er abgeholt. © Pinger Sabine

Ein Haufen Schrott. Mit etwas anderem lässt sich der Lkw kaum noch beschreiben. Er ist durchgerostet, schon lange nicht mehr fahrbereit, und seine Ladefläche eine Müllhalde. Etwa zwei Jahre lang stand das Fahrzeug an der Poststraße und sorgte vor Kurzem sogar für einen Einsatz der Bönener Feuerwehr. Jetzt hat das Ordnungsamt den Lkw entfernen lassen. Er ist nicht das einzige Fahrzeug, das an diesem Tag abgeschleppt wird.

Bönen - Mehrmals in der Woche müssen die Bönener Ordnungsdienstmitarbeiter mittlerweile rote Aufkleber an die Scheiben von abgemeldeten Autos und Transportern heften. Deren Besitzer sollen damit darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie ihre abgemeldeten Kfz nicht einfach im öffentlichen Raum stehen lassen dürfen und es innerhalb von vier Wochen beseitigen müssen.

„Viele haben gar keine böse Absicht, sie wissen einfach nicht, dass das verboten ist“, weiß Christian Lüke vom Ordnungsamt der Gemeinde. „Sie melden ihre Autos ab und lassen sie dann auf der Straße stehen, vielleicht auch, weil sie sonst keine andere Möglichkeit haben.“ Auf privaten Grundstücken sei das hingegen erlaubt – so lange keine Gefahr von den Fahrzeugen ausgeht. Ist zum Beispiel der Tank undicht oder es laufen andere Betriebsmittel aus, dann muss das Fahrzeug selbst vom eigenen Grund umgehend verschwinden, damit keine Umweltschäden entstehen.

„Autofriedhof“ am Butterwinkel

Von dem Opel, der am Butterwinkel steht, geht eine Gefahr aus. Das Auto „parkt“ seit geraumer Zeit am Sportplatz. Es fiel den Ordnungskräften auf und der Agila bekam den roten Aufkleber. Während die Mitarbeiter der Verwaltung den ehemaligen Besitzer ausfindig machten und Kontakt zu ihm aufnahmen, entdeckten offenbar auch andere das herrenlose Auto. „Sie haben es umgekippt und Scheiben zerschlagen. Jetzt liegen überall Scherben herum. Das ist natürlich gefährlich, zum Beispiel für Kinder“, erklärt Lüke. Er hat den Abschleppwagen nach Flierich bestellt. Anders bewegen lässt sich der Kleinwagen aufgrund eines Motorschadens nicht mehr.

Lüke kennt mittlerweile die Geschichte, die hinter der Ordnungswidrigkeit steht. „Das Auto gehörte einem älteren Mann, der uns sehr glaubhaft versichern konnte, dass er es verkauft hat.“ Sein Fehler: Er hat mit dem Käufer keinen schriftlichen Vertrag geschlossen. „Für uns ist es dann schwer, den neuen Eigentümer zu ermitteln.“

Oft stecke System hinter diesem Vorgehen. Unseriöse Käufer hätten es nämlich gar nicht auf die Pkw, sondern auf deren Metalle oder Katalysatoren abgesehen, die sich noch zu Geld machen ließen. Den Rest entsorgen sie einfach irgendwo am Straßenrand, um nicht für die Verschrottung aufkommen zu müssen. Dem Vorbesitzer nennen sie falsche Namen und Adressen. Der ehemalige Halter ist meistens froh, dass er sein defektes Fahrzeug los ist und dafür vielleicht sogar noch etwas Geld bekommt. Daran, sich den Ausweis des Käufers zeigen zu lassen, denken die wenigsten.

Vier Wochen Frist setzt das Ordnungsamt der Gemeinde den Haltern der abgemeldeten Fahrzeuge.
Mit auffälligen Aufklebern weist die Gemeinde daraufhin, dass die abgemeldeten Fahrzeuge schleunigst verschwinden müssen. © Pinger Sabine

Christian Lüke warnt vor solchen Handschlaggeschäften. „Kaufverträge sollten immer schriftlich vereinbart werden“, sagt er. Dabei sollten die Verkäufer darauf achten, dass der neue Besitzer auch der ist, für den er sich ausgibt. „Oft sind das Alias-Personalien, die gar nicht existieren“, rät er zur gründlichen Prüfung – insbesondere, wenn die Käufer aus dem Ausland kommen. An die später heranzukommen, sei oftmals extrem schwierig. Können die neuen Besitzer jedoch nicht ermittelt werden, bleiben die vorherigen in der Haftung.

Der einstige Opel-Besitzer will nun für alle entstandenen Kosten aufkommen. Er hat sich mehrfach bei der Verwaltung entschuldigt, obwohl er ja vermutlich einer solchen Masche aufgesessen ist. Selbst kann er sich nicht mehr um das Abschleppen und Verwerten kümmern. Er ist froh, dass die Gemeinde ihm das abnimmt, weiß Lüke. „In diesem Fall verzichten wir auf das Bußgeld“, gibt er an. Das Ziel der Verwaltung, das Auto und die damit verbundenen Gefahren zu beseitigen und zugleich keine Kosten zu haben, sei schließlich erreicht.

Verwaltung prüft jeden Einzelfall

So wie dieses Mal prüfen er und seine Kollegen jeden Einzelfall. Das ist übrigens auch der Grund dafür, warum die Frist, die auf den roten Aufklebern gesetzt wurde, häufig verstreicht und das Kfz weiterhin an Ort und Stelle steht. „Wir geben den Leuten immer die Möglichkeit, das Fahrzeug selbst noch zu entfernen“, macht Lüke deutlich. „Es gibt ja durchaus gute Gründe, warum jemand sein abgemeldetes Auto nicht wegbringen konnte.“ Manche seien krank geworden, manche Halter gar gestorben und die Hinterbliebenen wüssten nichts von dem Fahrzeug. Manche haben schlicht keine schnelle Lösung für ihr „Auto-Problem“.

Lüke und seine Kollegen gehen jedenfalls mit viel Geduld an die Sache heran – auch daran, die zuständige Person aufzuspüren. Wird das Fahrzeug von dem Besitzer entfernt, hat die Verwaltung ihr Ziel erreicht. „Wir wollen verhindern, dass wir auf den Abschlepp- und Entsorgungskosten sitzen bleiben und damit die Allgemeinheit dafür aufkommen muss.“ Und die Sache im beidseitigen Einvernehmen zu regeln, sei grundsätzlich die beste Lösung. „In 90 Prozent der Fälle läuft es ganz unproblematisch.“ Sobald die Halter informiert sind, verschwänden die Fahrzeuge innerhalb von ein, zwei Tagen vom Straßenrand.

Nicht versichert

Ein abgemeldetes Auto darf laut Straßenverkehrsordnung nicht im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt werden. Der Grund dafür ist, dass das Fahrzeug keinen Versicherungsschutz mehr hat. Kommt es zu Schäden, wird keine Versicherung für diese aufkommen. Besonders problematisch ist es, wenn das stillgelegte Fahrzeug eine Gefahr darstellt, etwa weil es den Verkehr, Fußgänger oder Fahrräder behindert oder durch auslaufende Betriebsmittel die Umwelt schädigt

Die „Autoleichen“ werden entweder von Anwohnern oder Passanten an das Ordnungsamt gemeldet oder dessen Mitarbeiter entdecken sie bei ihren Kontrollrunden in der Gemeinde. Es gibt dabei durchaus neuralgische Punkte, wie Christian Lüke sie nennt. Beliebt als illegale Autofriedhöfe sind vor allem Orte in Gewerbegebieten und dort, wo nachts wenig los ist. In Bönen sind das zum Beispiel der Mitfahrerparkplatz an der Rhynerner Straße oder der Wendehammer an der Poststraße.

Dort machen sich die Mitarbeiter des Abschleppdienstes daran, den weißen Schrott-Lkw aufzuladen. An den Haken nehmen konnten sie ihn nicht mehr. „Der Aufbau und das Fahrwerk sind gar nicht mehr miteinander verbunden“, weist Lüke auf die fortgeschrittene Korrosion hin. Angeblich wurde der Lastwagen gleichfalls ohne Vertrag verkauft. So gibt es zumindest der Halter an, den er ausfindig gemacht hat.

Feuerwehr muss anrücken

Wie üblich bekam der Lkw erst den roten Aufkleber ans Seitenfenster, ein paar Tage später sein Besitzer Post aus dem Rathaus. Er wurde aufgefordert, den Lkw bis spätestens 9. Oktober wegzuschaffen. „Wir leiten gleichzeitig ein Ordnungswidrigkeitsverfahren ein“, erläutert Christian Lüke. Das heißt, dem Halter droht ein Bußgeld. Kommt dieser der Aufforderung nicht nach, sucht der ehemalige Polizist erneut Kontakt zu den Eigentümern.

Der Halter des rostweißen Lkw hat wiederholt versprochen, sich zu kümmern. Passiert ist nichts. „Ich habe mehrmals mit ihm telefoniert und ihn sogar gemeinsam mit der Polizei persönlich aufgesucht“, schildert der Ordnungsamtsmitarbeiter. Gegen den Besitzer wurde ein Verwaltungsverfahren eingeleitet, sein Fahrzeug unterdessen als Müllabladeplatz genutzt. Auf der Ladefläche liegen etliche abgenutzte Reifen, Ölkanister und anderer Sonderabfall.

Für den Halter wird es teuer

Die Fahrerkabine ist völlig verdreckt und vermüllt. In der offenen Bockbox an der Seite des Wagens wurde zu allem Überfluss ein Kanister gefunden, aus dem eine unbekannte Flüssigkeit leckte. Das rief die Feuerwehr auf den Plan. Die Kosten für den ABC-Einsatz werden dem Halter gleichfalls in Rechnung gestellt. Ob er diese bezahlt, ist freilich fraglich.

Allein der Abtransport des Lkw kostet zwischen 600 bis 800 Euro, hinzu kommen Gebühren. „Mit 1000 Euro muss er rechnen“, schätzt der Abschleppwagenfahrer. Der Lkw wird jetzt erst mal sicher gestellt. Holt ihn der Eigentümer nicht binnen 14 Tagen vom mitgeteilten Platz ab, wird er verschrottet – zu seinen Lasten.

Hätte das Fahrzeug noch einen Restwert, würde es die Gemeinde verwerten, sprich es beispielsweise über den Auktionsweg verkaufen. Damit kann zumindest ein Teil der entstandenen Kosten wieder in die Gemeindekasse geholt werden. Das Bußgeld, das die Gemeinde verhängt, liegt im Fall des Schrott-Lkw im dreistelligen Bereich, so Lüke. Wie hoch es im Normalfall ist, hänge von den jeweiligen Umständen ab.

Aufwendige Recherche im Ausland

Während der Verwaltungsmitarbeiter quasi wortwörtlich an diesem Tag an zwei Fahrzeuge einen Haken machen kann, warten vier weitere schon auf ein entsprechendes Verfahren. Eins steht nur wenige Meter von der Stelle entfernt, an der gerade der Lkw abgeholt wurde, ein weiteres auf dem Mitfahrerparkplatz am Industriegebiet. Es wurde wegen eines technischen Defektes von der Polizei aus dem Verkehr gezogen, hat Christian Lüke herausgefunden.

Der Fahrer aus Polen hat es danach wohl auf dem Parkplatz abgestellt und sich aus dem Staub gemacht. Der Verwaltungsmitarbeiter hat sich schon mit den polnischen Behörden in Verbindung gesetzt, das Verfahren sei aber schwierig. „Bei ausländischen Fahrzeugen ist es echt eine Herausforderung, an die Halter heranzukommen“, stellt er fest.

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