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Bürgermeister entsetzt über „Beschuss“ von Feuerwehr: „Verlust von Respekt“

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Von: Kira Presch

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Feuerwehrleute löschen eine Hecke
An vielen Orten waren Feuerwehren in der Silvesternacht im Einsatz und löschten unter anderem Hecken, die durch Feuerwerkskörper in Brand geraten waren. In der Gemeinde Bönen waren 41 ehrenamtliche Einsatzkräfte im Einsatz. © Privat

„So etwas habe ich so noch nicht erlebt“, resümiert der Bönener Feuerwehrchef Stefan Eickelberg die Silvesternacht. „Wir mussten die Polizei zur Hilfe rufen.“ Auch Bürgermeister Stephan Rotering ist entsetzt, dass eine Gruppe Schaulustiger die Feuerwehrfahrzeuge im Einsatz massiv mit Böllern beschoss.

Bönen – Sieben Einsätze hatten die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr Bönen in der Silvesternacht zu bewältigen – nichts Unübliches für den Jahreswechsel. Die Einsätze selbst – unter anderem Hecken- und Containerbrände – waren schnell unter Kontrolle. Dramatisch wurde es durch Gruppen, die die Einsatzfahrzeuge mit Böllern gezielt beschossen haben, wie Feuerwehrchef Stefan Eickelberg schildert.

Schon auf Höhe der Hellwegschule waren Fahrzeuge der Feuerwehr an der Bahnhofstraße von Unbekannten mit Böllern beschossen worden, wie Eickelberg berichtet. Massiv sei der Beschuss mit Böllern dann beim Einsatz am Bahnübergang in der Ortsmitte gewesen. Die Einsatzkräfte waren kurz nach Mitternacht zu einer brennenden Hecke neben dem Gebäude eines ehemaligen Kiosks gerufen worden. „Eine Gruppe von 20 bis 25 jungen Erwachsenen habe direkt auf die Fahrzeuge und die Fensterscheiben gezielt. „Hätte sich der Fahrer erschrocken und das Lenkrad verrissen, dann hätten wir jetzt eine andere Lage.“

Feuerwehrchef fordert klare Haltung

„Nach diesem Vorfall ist auch eine Meldung an die Bezirksregierung in Arnsberg erfolgt“, so der Feuerwehrchef, der sich die Frage stellt, wie er im Ernstfall seine Leute vor solchen Übergriffen schützen kann. „Die Frage ist, war das eine einmalige Sache oder müssen wir künftig damit rechnen, dass wir solchen Attacken vermehrt ausgesetzt sind?“ Immerhin sei Silvester eine besondere Nacht und auch immer viel Alkohol im Spiel. Das müsse nun beobachtet werden.

Dass in großen Städten wie Berlin gezielt Rettungskräfte angegriffen würden, sei eine Sache, dass auch im kleinen Bönen Feuerwehrleute zur Zielscheibe werden, habe eine neue Dimension.

Feuerwehr und Rettungssanitäter klagen indes auch hier schon seit längerem über einen rauer werdenden Ton bei Einsätzen, und dass sie bei ihrer Arbeit von Schaulustigen immer wieder angepöbelt und behindert werden.

Da seien jetzt der Bürgermeister und auch der Kreis Unna gefragt, um Strategien zu entwickeln, so Eickelberg. „Wir müssen für solche Fälle auch eine klare Haltung zeigen, was die Ahndung solcher Straftaten betrifft. Denn das ist kein Dummer-Jungen-Streich mehr, das ist versuchte Körperverletzung.“

Bürgermeister kündigt Gespräche an

Auch Bürgermeister Stephan Rotering ist entsetzt über die Attacken auf Feuerwehrfahrzeuge. „Wenn so etwas passiert, dann kann ich nur die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und mich fragen, was sind das für Menschen, die so was machen? Das ist mir unbegreiflich. Ich habe bisher gedacht, bei uns ,im Dorf’ ist die Welt noch in Ordnung, aber das ist leider nicht der Fall. Wir sollten gemeinsam alles daransetzen, so etwas in Zukunft zu vermeiden.“

Er kündigt an, dass der Vorfall demnächst auch noch aufgearbeitet werden soll, will das jetzt aber nicht übers Knie brechen. „Da haben wir auch eine Erwartungshaltung, dass der Gesetzgeber prüft, ob ein Verbot von Feuerwerkskörpern – übrigens auch unter ökologischen Gesichtspunkten – sinnvoll wäre.“ Immerhin kostet die Feuerwerkstradition die Kommune viel Manpower und Geld – angefangen bei den Einsätzen der Rettungskräfte bis zur Straßenreinigung.

Rotering sieht hier nicht nur ein einmaliges Silvesterphänomen. „Das ist ein grundsätzliches Problem; die gesellschaftlichen Veränderungen sind da. Der Verlust von Respekt vor den Rettungskräften ist ein großes Problem. Wenn das Schule macht, dann schwant mir nichts Gutes für die Zukunft. Es kann nicht sein, dass Menschen, die in ihrer Freizeit anderen helfen, so behandelt werden. Das ist nicht zu tolerieren. Im Gegenteil, deren Einsatz verlangt höchsten Respekt. Andererseits brauchen auch diejenigen, die hier Rettungskräften so viel Missachtung gezeigt haben, irgendwann einmal Hilfe.“

Mehrheit der Bürger unterstützt Retter

„Wir sind alle ehrenamtlich tätig und machen das in unserer Freizeit“, betont Stefan Eickelberg. „Die Feuerwehrleute haben in der Silvesternacht Familie und Freunde verlassen, um anderen Menschen Hilfe zu leisten. Da sollte man uns so viel Respekt entgegen bringen, dass wir unsere Arbeit machen können. Wenn ich künftig den jungen Leuten, die sich in der Feuerwehr engagieren, sage, du musst zu deiner Sicherheit eine Body-Cam tragen, um Angriffe zu dokumentieren, wer würde dann noch bei uns mitmachen? Wir haben genug damit zu tun, am Einsatzort die Lage unter Kontrolle zu bekommen, wir können den Einsatz nicht noch absichern.“

Brand des Altkleidercontainers an der Straße Auf dem Holtfeld
Beim Brand des Altkleidercontainers an der Straße Auf dem Holtfeld hatten die Feuerwehrleute sogar Unterstützung von Bürgern, die versuchten den Brand zu löschen. © Schiller, Carola

Eickelberg betont aber auch, dass es sich hier um eine kleine Gruppe, eine Minderheit, handelt. „Als wir zu einem brennenden Altkleidercontainer auf dem Holtfeld kamen, waren Anwohner schon bemüht, mit Feuerlöschern den Brand im Altkleidercontainer zu löschen und uns zu unterstützen“, lobt er.

Polizei spricht von gedankenloser Aktion

Die Polizeibeamten, die mit zwei Einsatzwagen der Bönener Feuerwehr an der Schranke schließlich zur Hilfe kamen, protokollierten den Einsatz nicht als gezielten Angriff gegen die Rettungskräfte, sondern als gedankenlose, rücksichtslose Aktion, so Polizeisprecherin Vera Hovanietz. Laut Protokoll habe die Gruppe zwar weiter Böller und Raketen gezündet, aber nach Aussage der Anwesenden nicht gezielt in Richtung der Feuerwehr. Deshalb habe es weder Festnahmen gegeben, noch wurden die Personalien der Anwesenden überprüft.

Insgesamt habe es sich im Kreis Unna um eine durchschnittliche Silvesternacht gehandelt, fasst die Sprecherin zusammen. Nach zwei Jahren ohne Feuerwerk war zwar wieder mehr los auf den Straßen, aber insgesamt berichtet Hovanietz von einer normalen Silvesternacht ohne gravierende Einsätze.

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