Die Gäste hat das nicht abgeschreckt, im Gegenteil. „Die Sache mit Corona haben wir richtig gut gemeistert“, ist die Inhaberin erleichtert. „Es hat alles super geklappt, und wir haben keine negativen Rückmeldungen bekommen, dass sich bei uns jemand angesteckt hat“, berichtet die 32-Jährige. „Wir haben sogar vergrößert. Statt 17 Plätzen haben wir im Café jetzt 40“, fügt ihr Mann hinzu. Draußen auf dem Hof konnten es sich im Sommer bis zu 140 Kunden gemütlich machen – und an manchen Tagen war das nicht mal ausreichend.
Arbeitskräftemangel
„Wir hatten wirklich sehr, sehr guten Zulauf. Ich musste mich entscheiden, ob ich noch mehr Plätze schaffe, die Leute dadurch aber deutlich länger auf ihre Bestellungen warten lasse“, berichtet der Inhaber. Damit stand er direkt vor dem nächsten großen Problem: dem Arbeitskräftemangel. „Den haben wir echt gemerkt“, bestätigt Marit Louven. „Vorher haben wir gedacht, dass man immer Aushilfen findet, Studenten zum Beispiel. Jetzt fragen wir uns: Wo sind die alle?“.
Tatsächlich haben wohl viele Minijobber in der Pandemie der Gastronomie den Rücken gekehrt. Während der Lockdowns standen sie schließlich teils wochenlang ohne Arbeit und Lohn da. Das hat sie in andere Branchen getrieben.
Die Louvens führen nun hingegen Zeitkonten: Arbeiten ihre Angestellten in der Hochsaison mehr als der 520-Euro-Job her gibt, bekommen sie dafür weiterhin ein verlässliches Gehalt, wenn weniger Stunden anfallen. Um den Job darüber hinaus attraktiver zu machen, kommen sie ihren Mitarbeitern bei den Arbeitszeiten entgegen. „Wer nicht jedes Wochenende arbeiten möchte, der kann zum Beispiel nur jedes zweite kommen.“
Gleichwohl fehlen Helfer. „Als eine Mitarbeiterin krank geworden ist, habe ich mit meinem Baby auf dem Arm bedient“, schildert Marit Louven. Die Mutter zweier Kleinkinder muss häufig einspringen, wenn es personell knapp wird. Das ist ziemlich kräftezehrend für die Verwaltungsfachwirtin, die obendrein an zwei Tagen in der Woche in ihrem gelernten Beruf arbeitet.
„Ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm ist“, stellt ihr Mann fest. „Wir haben auf allen Kanälen versucht, Mitarbeiter zu finden, bei Whatsapp und Facebook. Wir haben Abreißzettel an der Uni verteilt. Das hat alles nicht gefruchtet. Es hat sich kein einziger gemeldet.“ Lediglich über Mund-zu-Mund-Propaganda hätten sie Glück gehabt. Zurzeit helfen ihnen fünf Mitarbeiter in Teilzeit. „Wir könnten dringend noch weitere gebrauchen“, wünscht sich Torsten Louven.
Leere Regale
Damit der Betrieb ungeachtet der schmalen Besetzung läuft, muss er gut organisieren und vorbereiten. Immerhin macht der gelernte Metzger fast alles selbst – ob Marmeladen und Brot für das Frühstücksbüfett, Herzhaftes für den Mittagstisch oder Kuchen und Torten für das Café. Damit er nicht während der Öffnungszeiten Teig kneten oder Datteln in Speckmäntel wickeln muss, erledigt er so viel wie möglich am frühen Morgen. Dazu gehört nicht zuletzt der Einkauf. Und der wurde in den vergangenen zwölf Monaten zu einer immer größeren Herausforderung. Mit dem Krieg in der Ukraine, der knapp zwei Monate nach der Betriebsübernahme ausbrach, kam der Mangel.
Gestiegene Preise
„Einmal ist mein Mann für 20 Liter Öl nach Münster gefahren, weil es sonst nirgendwo anders welches gab“, erzählt Marit Louven. 65 Euro musste er für das Speiseöl bezahlen. „Ich brauche das für die Rührteige. Fast 50 Prozent meiner Kuchen werden mit Öl gebacken“, sagt der 43-Jährige. Für Mehl, Butter und Eier muss der Bäcker mittlerweile ebenfalls deutlich mehr hinlegen. „Bei Zucker ist es eine Preissteigerung von 80, bei Mehl etwa 35 Prozent. Eier kosten 2 Cent pro Stück mehr. Und ich brauche im Jahr 10 000“, überschlägt er.
„Da musste ich reagieren. Wir hatten früher Einheitspreise für Kuchen mit und ohne Creme. Da kommen wir nicht mehr mit hin, zumal wir inzwischen eine viel größere Auswahl und mehr Produkte haben.“ So haben sie ihre Preise angepasst. „Viele Kunden sagen zwar ‘Das ist aber teuer geworden’, die meisten verstehen es jedoch“, so Torsten Louven.
Energiekrise
Mit in die Kalkulation einfließen müssen darüber hinaus die massiv gestiegenen Energiekosten. „Beim Heizen sind wir im Rahmen, weil wir mit Hackschnitzeln heizen“, gibt Marit Louven an. Richtig viel Geld verschlänge indes der Strom für die Kühlhäuser. Dass im Oktober der Mindestlohn auf 12 Euro pro Stunde angehoben wurde, macht etlichen ihrer Kollegen zusätzlich zu schaffen. „Den haben wir von Anfang an bezahlt. Da haben wir uns gleich dran gewöhnt“, erklärt Torsten Louven.
Mit all den Krisen sei es ein ziemlich hartes erstes Jahr gewesen, resümiert er. „Als es so richtig losging und wir gemerkt haben, dass es trotz Corona gut läuft, wurden uns ja jede Menge Steine zwischen die Speichen geworfen“, fasst seine Frau zusammen. Ihre Zuversicht haben die Zwei nichtsdestotrotz behalten. „Es macht Spaß“, betont die junge Chefin. Und die Ideen gehen den beiden auch nicht aus.