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Kurvig – na und? Jennifer Lakony will auf den Laufsteg und „Fräulein Kurvig“ werden

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Von: Kira Presch

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Jennifer Lakony posiert für WA-Fotograf Robert Szkudlarek
Foto-Shooting im Garten: Jennifer Lakony posiert für WA-Fotograf Robert Szkudlarek schon wie ein Profi. © Presch Kira

90 – 60 – 90, das sind die magischen Maße, die für Mannequins und Fotomodelle gelten. Wer nicht diesem schlanken Schönheitsideal entspricht, und ein paar Rundungen mitbringt, der hat auf dem Laufsteg nichts zu suchen und als Fotomodell in der Modebranche keine Chance. Oder doch? Die Bönenerin Jennifer Lakony möchte es trotzdem versuchen.

Bönen – Erste Schritte auf dem Catwalk hat sie bereits gemacht, am 1. Oktober nimmt sie an einer Gala teil, wo sie den Titel „Fräulein Kurvig“ gewinnen möchte. Da ist sie unter 1200 Bewerbern unter die letzten Zwölf gekommen, erzählt sie.

„Es geht nicht nur um Äußerlichkeiten“, betont die 34-Jährige, die als Erzieherin arbeitet. „Sondern auch um die Ausstrahlung, die ein Mensch mitbringt.“ Und es gehe um echte Frauen, mit denen sich eine Otto-Normal-Frau auch identifizieren kann. Deshalb sieht sie gute Chancen, auch mit 34 Jahren noch als sogenanntes Plus-Size-Model – also ein Modell für größere Größen – gefragt zu sein.

Agenturchefin sieht großes Potenzial

Das bestätigt auch Melanie Hauptmanns, die vor neun Jahren ihre Model-Agentur gegründet hat und seit fünf Jahren die „Fräulein Kurvig Gala“ organisiert, auch um potenziellen Kunden aus der Modebranche Models zu präsentieren. Jennifer Lakony hat sie inzwischen in ihre Kartei aufgenommen, weil sie großes Potenzial in der Bönenerin sieht.

Jennifer Lakony mit ihrem Fotobuch
Stolz präseniert Jennifer Lakony ihr Fotobuch, das ihre Vielseitigkeit zeigt. © Presch Kira

„Seien wir mal ehrlich, so wie auf den Laufstegen der Modenschauen und in den Modemagazinen sieht doch keine Frau in der Realität aus. Sehr dünn, sehr groß und oft sehr jung – da kann man den Vergleich doch nur verlieren“, sagt sie. „Trotzdem versuchen wir, diesem angeblichen Schönheitsideal hinterherzulaufen, vor allem junge Mädchen. Die sind dann so verunsichert, wenn sie diesem Standardmaß nicht entsprechen, dass sie sich hässlich finden, sich für ihren Körper schämen und oft in eine gefährliche Magersucht abrutschen.“

Ein verzerrtes Bild davon, was schön ist

Die Mutter einer Tochter versucht da gegenzusteuern. Denn: „Die deutsche Durchschnittsfrau trägt Konfektionsgröße 44 und größer. Auf den Laufstegen wird Mode aber nach wie vor von Models mit Größe 32/34 präsentiert. Das ist doch unrealistisch. Selbst die Modeunternehmen, die sich auf Mode für große Größen spezialisiert haben, führen ihre Kollektionen zum Teil noch immer an Frauen in Größe 38/40 vor – das gilt übrigens schon als große Größe.“ Aber es bewege sich mittlerweile was in der Branche – Modelle wie Jennifer Lakony seien durchaus gefragt und würden inzwischen häufiger gebucht.

In erster Linie gehe es ihr aber nicht darum, Profi-Models zu vermitteln, sondern das Auge wieder an das zu gewöhnen, was normal ist, betont Melanie Hauptmanns. „Denn wir haben ein sehr verzerrtes Bild von dem, was normal oder schön ist. Eine ganze Industrie lebt davon, uns immer wieder einzureden, dass wir nicht gut genug sind, und uns ihre Produkte zu verkaufen. Wir sehen nicht, wie Heidi Klum morgens nach dem Aufstehen aussieht, aber wir wissen, wie wir aussehen. Kein Mensch kann sich malen, aber man kann was aus sich machen.“ Sie sehe sich deshalb eher als ein Rundumprojekt, nicht nur als Agentur, und versuche auch Frauen, die ein Problem mit ihrem Körper haben, in ihren Workshops mehr Selbstvertrauen zu vermitteln.

Positives Feedback von Familie und Freunden

An Selbstbewusstsein mangelt es Jennifer Lakony nicht. Die junge Frau posiert in ihrem Garten vor der Kamera von WA-Fotograf Robert Szkudlarek schon ziemlich routiniert. „Ich war schon bei den Aufnahmen für einen Kalender dabei und hab schon an einem eintägigen Modeltraining teilgenommen, wo ich ein paar Grundregeln gelernt habe zum Thema Posen vor der Kamera, Haare und Make up oder wie man sich bei der Vorstellung beim Kunden präsentiert.“ Aber sie habe auch immer durch Familie und Freunde ein Umfeld gehabt, das sie unterstützt und bestärkt hat in dem, was sie gemacht hat. Als sie überlegte, es würde ihr Spaß machen, vor der Kamera zu stehen, da habe niemand gesagt, du doch nicht!

Jennifer Lakony vor Hecke
Vor der Kamera fühlt sich Jennifer Lakony sichtlich wohl. © Szkudlarek R.

Ihr ist wichtig, vor allem „Bodypositivity“ rüberzubringen – heißt: „Jeder Mensch ist auf seine Weise schön und muss sich erst mal selbst akzeptieren. Das fängt mit Fotos auf Instagram an: Weniger Filter, mehr Realität.“ Denn es gehört schon Mut dazu, sich in der Öffentlichkeit der sozialen Netzwerke im Internet zu präsentieren. „Da gibt es manchmal auch bitterböse Kommentare“, weiß sie. „Das kann gerade junge Mädchen verletzen und verunsichern.“

Mit der Startnummer sieben auf den Catwalk

Ob das Modeln für sie tatsächlich mal eine berufliche Perspektive wäre, von der sie leben kann, weiß sie nicht. „Außerdem habe ich einen Beruf, der mir Spaß macht. Aber ich bin gerne auf dem Laufsteg und vor der Kamera. Wenn es Unternehmen gibt, die mich als Fotomodell buchen – zum Beispiel für Mode – dann würde ich mich schon sehr freuen.“ Trotz aller Begeisterung für Laufsteg und Fotoshootings: Jennifer Lakony geht die Sache gelassen an, und hat nicht zu hohe Erwartungen – sicher eine gute Strategie in einer ansonsten beinharten Branche.

Jetzt bereitet sie sich erst mal auf ihren Auftritt bei der Fräulein Kurvig Gala am 1. Oktober vor. Drei Tage lang werden die Teilnehmerinnen in einem Workshop auf ihren Auftritt vorbereitet. Und dann geht es im „Kunstwerk“ in Mönchengladbach auf die Bühne. Die Kandidatin aus Bönen hat die Startnummer sieben. Vielleicht bringt ihr das ja Glück.

Infos zur Fräulein Kurvig Gala im Internet unter https://www.fraeulein-kurvig.com/.

Jennifer Lakony ist auf Instagram unter „all_around_jenny“ zu finden.

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