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Knapp 400 Geflüchtete: Noch reichen die Unterkünfte, aber ...

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Von: Jürgen Menke

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In einem der Mehrfamilienhäuser der Unterkunft „Am Nordkamp“ finden derzeit Sanierungsarbeiten statt. Nach Fertigstellung gibt es weitere rund 20 Plätze.
In einem der Mehrfamilienhäuser der Unterkunft „Am Nordkamp“ finden derzeit Sanierungsarbeiten statt. Nach Fertigstellung gibt es weitere rund 20 Plätze. © Menke

Durch den Krieg in der Ukraine ist die Zahl der Geflüchteten in Bönen stark angestiegen. Noch aber habe die Gemeinde freie Kapazitäten zur Betreuung Schutzsuchender, heißt es. Wenn sich die Entwicklung indes fortsetze, werde die Aufnahme „zunehmend schwieriger“.

Bönen – Nach Auskunft von Fachbereichsleiter Jörg-Andreas Otte sind seit Jahresbeginn deutlich über 200 ukrainische Kriegsflüchtlinge nach Bönen gekommen. „Sie unterliegen nicht dem Zuweisungsverfahren, werden jedoch auf die Zuweisungsquoten angerechnet“, sagt er. Vereinzelt seien der Gemeinde auch geflüchtete Menschen aus anderen Herkunftsländern zugewiesen worden, etwa aus der Türkei, Syrien oder Libanon.

Aktuell leben in Bönen insgesamt 392 geflüchtete Menschen, davon die Mehrzahl (216) aus der Ukraine. 176 Menschen stammen aus anderen Ländern, überwiegend aus Syrien, Irak, Iran, Afghanistan, aus afrikanischen Ländern, aus der Türkei, Armenien, Aserbaidschan und aus Tadschikistan.

Auslastung bei 80 Prozent

Zuletzt berichteten Kommunen in ganz Deutschland, dass sie bei der Aufnahme von Geflüchteten an ihre Grenzen stießen. Die Unterkünfte in Bönen seien aktuell nicht vollständig belegt, sagt Otte. Ihre Auslastung liege bei etwa 80 Prozent. Derzeit habe die Gemeinde zudem 41 Wohnungen für Schutzbedürftige angemietet.

Laut Otte deuten die Informationen der Bezirksregierung Arnsberg und des Ausländeramtes des Kreises Unna darauf hin, dass sich die Zahl der geflüchteten Menschen zunächst noch weiter erhöhen werde. „Einige Stimmen gehen von noch höheren Zahlen als in den Jahren 2015/2016 aus“, sagt er.

Kleinschwimmhalle ausgebaut

Es sei das Bestreben der Verwaltung, die Gemeinde möglichst frühzeitig auf neue Flüchtlingsbewegungen vorzubereiten, unterstreicht Otte. Bereits zu Jahresbeginn habe man daher die ehemalige Kleinschwimmhalle am Schulzentrum ausgebaut. „Sie steht nach wie vor als Reserve für eine kurzfristige Unterbringung zur Verfügung.“

Eine Nutzung von Gewerbe- oder Turnhallen sei aktuell nicht beabsichtigt, sagt Otte. Mit Blick auf die verfügbaren Plätze und möglichen Handlungsoptionen sieht er die Gemeinde „derzeit noch gut aufgestellt für die Aufnahme weiterer geflüchteten Menschen“.

Kostenlage unklar

Die Situation in den Unterkünften ist laut dem Fachbereichsleiter „momentan absolut unauffällig“. Konflikte seien hier derzeit nicht bekannt. Grundsätzlich aber gebe es das „Potenzial für Probleme“ zwischen den geflüchteten Menschen. Gründe seien unter anderem die unterschiedlichen Kulturen und Religionen.

Die Betreuung der Geflüchteten fordert die Gemeinde auch finanziell. „Die Erstattungen durch das Land im Rahmen des Flüchtlingsaufnahmegesetzes sind nicht vollständig kostendeckend“, erläutert Otte – auch wenn die Situation im Fall von geflüchteten Menschen mit einer Duldung jüngst verbessert worden sei. Eine genaue Bezifferung aller anfallenden Kosten sei „unterjährig nicht möglich“, verdeutlicht Otte. „Viele Kosten, insbesondere für medizinische Behandlungen, werden erst deutlich später abgerechnet.“

Wunsch und Wirklichkeit

Die Zusammenarbeit mit den ehrenamtlich Engagierten in der Flüchtlingsarbeit bewertet der Fachbereichsleiter positiv. Die Helfer engagierten sich „über die durch die Gemeinde leistbare Unterstützungs- und Integrationsarbeit hinaus“.

Nach seinen Wünschen gefragt, sagt Otte, er würde sich über ein stärkeres Engagement des Landes bei der Flüchtlingsaufnahme freuen. „Hilfreich wäre auch die Planbarkeit“, ergänzt er. Fluchtbewegungen seien allerdings abhängig von weltweiten Ereignissen und immer nur kurzfristig abzuschätzen – „daher wird es beim Wunsch bleiben“.

Sanierung am Nordkamp

In der Unterbringung an der Straße „Am Nordkamp“ steht derzeit eines der Mehrfamilienhäuser leer. „Es ist für eine umfangreichere Renovierung freigezogen worden“, berichtet Otte. Bis zu 20 Geflüchtete könnten hier, je nach Bedarf, untergebracht werden. Die Plätze stünden wieder zur Verfügung, sobald die Bauarbeiten abgeschlossen seien.

Die sogenannte Erfüllungsquote der Gemeinde Bönen bei der Aufnahme von Geflüchteten liegt derzeit bei rund 164 Prozent. Das geht aus der aktuellen Übersicht der Bezirksregierung Arnsberg mit Stand 21. Oktober 2022 hervor.

Viele privat untergekommen

Der hohe Wert resultiert nicht zuletzt aus der Einbeziehung von Schutzbedürftige aus der Ukraine, die privat untergekommen sind. Der Anteil der privat Wohnenden mache in Bönen mehr als die Hälfte aus, verdeutlicht Otte.

Aus gleichem Grund liegen auch die Erfüllungsquoten vieler anderer NRW-Kommunen bei teils weit über 100 Prozent. „Der Wert ist nur eine Momentaufnahme und kann sich schnell wieder ändern“, sagt Otte.

Wer sich als in organisierter Form in die Flüchtlingsarbeit einbringen wolle, kann sich laut Fachbereichsleiter Jörg-Andreas Otte an den Verein „Zuflucht.Bönen“ wenden, per E-Mail an kontakt@zufluchtboenen.de. Auch Vermieter könnten Unterstützung leisten, indem sie Wohnraum zur Verfügung stellten. „Angebote können an soziales@boenen.de gerichtet werden“, sagt Otte.

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