Kapazitäten für Asylbewerber in Bönen bald erschöpft

Bönen - Die täglichen Nachrichten verheißen nichts Gutes: Krisenherde weltweit. Besonders der Konflikt in Syrien führt dazu, dass Hunderttausende Menschen ihr Land verlassen und unter anderem in Deutschland Asyl suchen. Auch Bönen ist von Zuweisungen betroffen.
24 Asylbewerber hat die Gemeinde in diesem Jahr bis einschließlich September aufgenommen. Zum Vergleich: Im ganzen Jahr 2013 waren es nur 19 Personen. „Noch haben wir Kapazitäten, aber lange reichen die nicht mehr“, sagt Doris Kuhnt, die bei der Verwaltung als Mitarbeiterin der Asylstelle an vorderster Front kämpft.
Gerade am Dienstagmorgen hat Doris Kuhnt noch eine vierköpfige Familie aus Aserbaidschan aufgenommen. „Die stand plötzlich vor der Tür und musste untergebracht werden“, erzählt Doris Kuhnt.
Die Kapazitäten am Billy-Montigny-Platz sind nahezu erschöpft, aber am Nordkamp konnte die Familie untergebracht werden. „Wir versuchen, Familien einen eigenen Bereich zuzuweisen, damit sie etwas Privatsphäre haben“, sagt Doris Kuhnt.
Ein schwieriges Unterfangen, denn in der Regel stehen den Asyllbewerbern nur kleine Zimmer oder Zweibettzimmer zur Verfügung. „Das ist im Verhältnis zu anderen Kommunen noch gut“, erzählt Doris Kuhnt, „wo die Menschen in kleinen Vierbettzimmern zusammen hausen oder in Containern und Zelten unterkommen müssen.“
Aber auch in Bönen gehen die Kapazitäten zu Ende. Gerade vor ein paar Wochen fand eine Begehung statt, bei der geprüft wurde, wie viele Menschen noch untergebracht werden können. „Wenn alle zusammenrücken und wir mehr Betten aufstellen, dann haben wir Platz für maximal zehn bis 15 Personen. Dann ist allerdings das Ende erreicht“, berichtet die Mitarbeiterin der Asylstelle. Danach müsse die Verwaltung andere Wohnmöglichkeiten finden.
Neben der Unterbringung sind es aber auch andere Kosten, die für die Gemeinde zur finanziellen Zerreißprobe werden angesichts der leeren Haushaltskasse. So muss die Gemeinde auch für die Krankenkosten aufkommen. „Allein für eine schwer kranke Frau aus dem Irak liefen innerhalb von zwei Jahren Behandlungskosten in Höhe von rund 120.000 Euro auf“, berichtet Kuhnt. „Kosten, die wir nicht allein stemmen können.“
Jetzt gibt es aber einen Silberstreifen am Horizont: Der Städte- und Gemeindebund habe gerade die Kommunen aufgefordert, alle Krankenkosten über 50.000 Euro pro Person und Jahr einzureichen. Zudem beschloss der NRW-Flüchtlingsgipfel am Montagabend in Essen schnelle Hilfe für die Kommunen.
Das Land zahlt künftig pro Flüchtling 4950 Euro statt bisher 3960 Euro pro Flüchtling und Jahr. Insgesamt stockt das Land die Mittel für Asylbewerber um 46,5 Millionen Euro auf.
Die Kommunen können sich dem Zustrom der Asylbewerber nicht entziehen. Diese werden in NRW einer der beiden Erstaufnahmeeinrichtungen in Dortmund und Bielefeld zugeordnet. Dort werden die ersten notwendigen Schritte eingeleitet wie Aktenanlage und Unterbringung sowie Versorgung.
„80 bis 100 Asylbewerber werden normalerweise pro Tag etwa in Dortmund aufgenommen. Es können aber auch 500 sein“, berichtet Christoph Söbbeler, Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg, die landesweit für die Verteilung der Asylbewerber zuständig ist. Die Unkalkulierbarkeit sei dabei das Problem. „Die Mitarbeiter wissen nie, wie viele Zugänge sie täglich erwarten.“ Asylbewerber könnten sich eben nicht anmelden wie ein lange geplanter Besuch.
„Bis zum Ende des Jahres rechnen wir mit rund 40 000 Zugängen allein in NRW“, prognostiziert Söbbeler. Bundesweit meldet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 116.659 Erstanträge im Zeitraum Januar bis September.
Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum stellten nur 74.194 Menschen einen Erstantrag auf Asyl; dies bedeutet einen enormen Zuwachs um 57,2 Prozent. Auf Platz Eins bei den Herkunftsländern liegt derzeit Syrien, gefolgt von Eritrea und Serbien.
Von den Erstaufnahmeeinrichtungen werden die Asylbewerber nach einem Rechenschlüssel abhängig von der Einwohnerzahl auf die 396 Kommunen im Land verteilt. „Wir versuchen, den aufnehmenden Städten und Gemeinden zumindest einen Vorlauf von zwei bis drei Tagen zu geben“, so Christoph Söbbeler, „aber das ist nicht immer möglich.“ Oft trügen aber gute, etablierte Strukturen dazu bei, dass kleinere Gemeinden die Aufgaben besser lösen könnten als große Städte. - kir