Am nächsten Tag bemerkte die Betroffene, dass ihr Portemonnaie mit etwa 500 Euro Bargeld, einigen Karten und kostbaren Erinnerungen fehlte. Sie suchte und suchte, rief dann in dem Supermarkt an und ein Blick auf das Video offenbarte das Geschehen. Wobei die Geldbörse samt Inhalt bis heute spurlos verschwunden ist.
Diebstahl wurde der Rentnerin, die sich in über sieben Lebensjahrzehnten nie etwas zu Schulden kommen ließ, vor dem Amtsgericht Unna zur Last gelegt. Sie musste zunächst einmal tief Luft holen und fragte fast hilflos: „Wo fange ich an?“ An dem besagten Tag habe sie es eilig gehabt. „Ich kann mich wirklich nicht daran erinnern, dass ich da auch noch einen anderen Gegenstand eingepackt habe.“ Und sie könne sich auch nicht entsinnen, vorher auf etwas gezeigt zu haben. Wenn sie die Geldbörse bewusst wahrgenommen hätte, hätte sie sie doch der Eigentümerin gebracht oder im Geschäft abgegeben. Und als sie davon erfahren habe, habe sie alles abgesucht – inklusive Kofferraum. „Ich kann nur sagen, ich weiß es nicht. Ich habe kein Portemonnaie.“
Nach den Aussagen der Geschädigten und des Supermarkt-Inhabers sowie der Betrachtung des Videos bestanden aus Sicht des Richters keine Zweifel daran, dass die 74-Jährige die Geldbörse einsteckte. Wohl aber bezweifelte er eine Zueignungsabsicht der Seniorin. Ihre Einlassung in der Verhandlung sei glaubhaft. Finanziell habe sie es nicht nötig, so etwas zu tun. Und da sie noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten sei, weise auch nichts auf ein zwanghaftes Stehlen, also Kleptomanie, hin. Er sprach die ältere Dame frei und betonte am Ende, dass es völlig offen sei, wo das Portemonnaie geblieben sei. „Wenn Sie es nicht wissen – wir wissen es auch nicht.“