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Drei jüngere Glocken sollen das historische Geläut der Alten Kirche entlasten

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Von: Sabine Pinger

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Evangelische Kirchengemeinde Bönen übernimmt Glocken aus der endwidmeten Versöhnungskirche in Hörstel.
Pfarrer Joachim Zierke, Glockenexperte Matthias Overbeck und Küsterin Kornelia Vertgewall sind dankbar für das „dicke“ Geschenk aus Hörstel. Nun müssen die neuen Glocken noch in den Turm der Alten Kirche eingebaut werden. © Pinger Sabine

Die Zahl ihrer Schläge lassen sich kaum schätzen. Seit 1533 läutet Maria im Turm der Alten Kirche, rund 100 Jahre später kam Sankt Catrina, 1652 Sankt Agatha hinzu. Die drei Glocken rufen die Bönener seither zu den Gottesdiensten und zum Gebet. Sie verkünden den Tod von Gemeindegliedern, „jubilieren“ bei Hochzeiten, Taufen und hohen Feiertage. Ihr Stundenschlag gab früher die Zeit an, sie warnten bei Katastrophen und spendeten Trost – zuletzt allabendlich in der Corona-Zeit. All das hinterlässt Spuren, auch wenn die Bronzeglocken bisher noch erstaunlich gut intakt sind. Damit das so bleibt, sollen sie nun Unterstützung bekommen.

Bönen - Glaube, Liebe und Hoffnung, dazu die Weihnachtsbotschaft auf den Schlagringen: „Ehre sei Gott in der Höhe, Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen“. Die drei „Neuen“ sind schlichter und jünger als der historische Bönener Dreiklang. Im Weihnachtsgottesdienst 1954 wurden sie in der Versöhnungskirche im tecklenburgischen Hörstel geweiht. Nachdem das Gotteshaus im August entwidmet wurde, werden sie dort jedoch nicht mehr gebraucht. In der Evangelischen Kirchengemeinde Bönen sind die drei hingegen hoch willkommen.

„Es ist ein Geschenk“, sagt Pfarrer Joachim Zierke und ein Glücksfall, wie Matthias Overbeck hinzufügt. Der Glockensachverständige der Evangelischen Kirche von Westfalen hat sich darum gekümmert, dass die Glocken jetzt in die Gemeinde gekommen sind.

Hier sollen sie Maria, Catrina und Agatha keineswegs ersetzen, sondern sie deutlich entlasten. „Die alten Glocken werden seit rund 500 Jahren täglich geläutet. Das belastet das Bronzegeläut natürlich“, erklärt Joachim Zierke.

Tatsächlich ist fast ein Wunder, dass die Drei diese lange Zeit im liturgischen Dienst relativ unbeschadet überstanden haben. Lediglich bei Maria musste der Schlagring schon einmal aufgeschweißt werden. Die unzähligen Klöppelschläge hatten ihn abgenutzt, er war zu dünn geworden.

Verkürztes Geläut

„Das Schweißen ist aber die denkbar schlechteste Lösung, um die Lebenszeit von Glocken zu verlängern. Hierdurch wird in die historische und denkmalgeschützte Substanz der Glocken eingegriffen, auch der Klang kann sich dadurch verändern“, erklärt Matthias Overbeck.

Um solchen Abnutzungserscheinungen und möglichen Sprüngen vorzubeugen, wurde bereits die Geläutzeit verkürzt, das Betgeläut von Agatha um 7, 12 und 18 Uhr von sechs auf drei Minuten. „Allein durch dieses Betzeitläuten kommt jährlich eine Zeit von 60 Stunden zusammen“, stellt der Sachverständige fest.

Künftig sollten die Hörsteler Glocken solche „Alltagsaufgaben“ übernehmen, um ihre weitaus älteren und wertvolleren Kolleginnen zu schonen. An den hohen Kirchenfesten wie Ostern oder Weihnachten sollen dann alle sechs gemeinsam erklingen. „Wann welche Glocken läuten, müssen wir ansonsten noch festlegen“, gibt Joachim Zierke an. Dafür gebe es eine neue Läuteordnung.

Neuer Glockenstuhl gefordert

Zunächst müssen die schwergewichtigen Geschenke – die kleinste Glocke wiegt etwa 100 Kilogramm – allerdings im Turm aufgehängt werden. Dafür muss ein eigener Glockenstuhl gebaut werden. Das Material dafür, robustes Eichenholz, hat Matthias Overbeck gleich aus Hörstel mitgebracht. Der Fachbetrieb, der den Glockenstuhl dort abgebaut hat, soll ihn an der Alten Kirche auch wieder aufbauen. Errichtet werden soll er in der zweiten Etage des einstigen Wehrturmes, direkt unter dem bisherigen Geläut.

„Ursprünglich haben wir überlegt, eine neue, kleinere Glocke gießen zu lassen und sie in das alte Geläut zu integrieren. Dafür hätten wir aber in die historische Substanz des Glockenstuhles eingreifen müssen“, schildert Overbeck. Der stammt aus dem Jahr 1425 und ist entsprechend empfindlich. Die jetzige Lösung gefällt dem Experten deshalb deutlich besser. „Die neuen Glocken passen von der Disposition her wunderschön zu den alten. Wenn sie zusammen geläutet werden im Plenum, ergeben sie ein Wacht-auf-ruft-uns-die-Stimme-Motiv“, schwärmt er.

Spenden sollen Aufbau ermöglichen

Bis es so weit ist, wird jedoch noch einige Zeit vergehen. Auch wenn die Hörsteler Glocken ein Geschenk sind, kostet der Einbau mit neuem Motorwerk, Technik und Co. einen fünfstelligen Betrag, schätzen Zierke und Overbeck. Aus dem Budget der Kirchengemeinde ist das zurzeit nicht zu stemmen. „Wir werden Spenden dafür sammeln“, kündigt der Pastor an. Die sollen in den Gottesdiensten, bei Veranstaltungen und Festen eingenommen werden. Und damit die Gemeinde auch weiß, wofür sie spenden sollen, steht die kleinste der drei Glocken aus dem Tecklenburger Land nun im Altarraum der Alten Kirche.

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