1. wa.de
  2. Lokales
  3. Bönen

Für ein besseres Miteinander: Fördermittel sollen Integration anschieben

Erstellt:

Von: Kira Presch

Kommentare

Wohnblock Adalbertstraße
Die Vermüllung der Wohnanlage an der Adalbertstraße, wo geballt viele Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien in der Gemeinde leben, führte neben anderen Problemen immer wieder zu Beschwerden aus dem Wohnumfeld. © Lindemann Werner

Das Problem ist schon lange bekannt: Immer wieder gab es in der Vergangenheit Beschwerden über Bewohner der Wohnanlage an der Adalbertstraße. Hier leben geballt und oft auf engstem Raum vor allem Familien aus Rumänien und Bulgarien. Integration Fehlanzeige. Fördergelder vom Land sollen jetzt Abhilfe schaffen und das Zusammenleben im Viertel verbessern.

Bönen – Einen Zugang zu den Betroffenen habe die Verwaltung bisher nicht herstellen können. Das Problem: mangelndes Vertrauensverhältnis und Sprachbarrieren. Das soll sich nun ändern mit einem Förderantrag beim Land, das die nötigen Mittel für Integrationsarbeit zur Verfügung stellen soll, und im Ausschuss für Familie, Sport und Kultur (FSK) am Donnerstag, 9. März, um 18 Uhr im Ratssaal vorgestellt wird.

Immer wieder Beschwerden aus dem Wohnumfeld

Beschwerden über Dreck, Müll und Lärmbelästigung aus dem Wohnumfeld werden immer wieder an die Gemeinde herangetragen. Die Bönener Schulen melden unregelmäßige Schulbesuche bis zu dauerhafter Schulabwesenheit bei rumänischen und bulgarischen Schülern. Um dem erfolgreich entgegenzutreten, fehle es aber an finanziellen und personellen Ressourcen für eine dringend nötige Zielgruppenarbeit, argumentiert die Gemeinde und verweist auf die schwierige Haushaltslage. Aus dem Landesförderprogramm Kommunales Integrationsmanagement (KIM) stehen der Gemeinde Bönen bislang zwei halbe Stellen im Fallmanagement, aber keine Projektmittel zur Verfügung.

Bönen profitiert von einem Rest im Fördertopf

Auf Initiative der Landtagsabgeordneten Silvia Gosewinkel haben die Gemeinde Bönen und das Kommunale Integrationszentrum (KI) des Kreises beim zuständigen Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes NRW (MKJFGFI) jetzt einen Antrag auf Förderung aus dem Programm „Zuwanderung aus Südosteuropa“ für die Gemeinde Bönen gestellt.

„Wenn man Integration ernst meint, dann muss man die Sprache der Menschen sprechen“, erläutert die Landtagsabgeordnete Silvia Gosewinkel, „und man muss sich externe Experten holen, die die interkulturellen Kompetenzen dazu haben. Das kann die Kommune nicht leisten, da ist das Land gefragt.“ Deshalb habe sie Unterstützung beim MKJFGFI angefragt. Ursprünglich, so Gosewinkel, sei das Förderprogramm nur für sogenannte Hotspots ausgelegt, zu denen die Gemeinde Bönen nicht zählt. Weil aber noch Gelder im Fördertopf übrig waren, hatte das Ministerium grünes Licht gegeben für einen Antrag auf Fördermittel, um dringend erforderliche Integrationsmaßnahmen in der Gemeinde zu starten.

Der Förderantrag hat ein Volumen von 50 000 Euro und bezieht sich auf das Haushaltsjahr 2023. Es handelt sich um eine 100-prozentige Finanzierung. Weder der Kreis Unna noch die Gemeinde Bönen müssen einen Eigenanteil leisten.

Positives Echo im Kreisausschuss

Im Kreis-Ausschuss für Arbeit, Soziales, Inklusion und Familie (ASIF) wurde der Förderantrag bereits am Dienstagabend den Ausschussmitgliedern vorgestellt. „Der Förderantrag wurde wohlwollend ohne weitere Diskussion zur Kenntnis genommen, weil er keine finanziellen Auswirkungen für den Kreis und die Gemeinde hat“, berichtet die Ausschussvorsitzende Angelika Chur. „Der Dank geht vor allem an die Landtagsabgeordnete Silvia Gosewinkel, die eine 100-prozentige Landesförderung vermittelt hat, was sonst eher die Ausnahme ist.“ Vor allem der Weg habe überzeugt: Die gemeinsame Erstellung eines Handlungskonzepts von Gemeinde und KI mit großer Expertise. „Die nachhaltige Integration und Teilhabe dieser Menschen aus Südosteuropa muss man unterstützen und verbessern – das ist auch Ziel der Gemeinde Bönen.“

Massive Zuwanderung durch EU-Osterweiterung

Hintergrund der Probleme, die die Gemeinde nun mit Landesunterstützung angehen will, ist die EU-Osterweiterung mit der seit 2014 geltenden Arbeitnehmerfreizügigkeit, die auch dem Kreis Unna einen verstärkten Zuzug von Familien aus Südosteuropa bescherte. Zwischen 2014 und 2021 stieg die Zahl der Zuwanderer aus Bulgarien kreisweit auf knapp 1000 Personen, aus Rumänien sogar auf das Dreifache.

In der Gemeinde Bönen leben 195 Menschen aus Rumänien und 53 aus Bulgarien (Stand: 2022), die Arbeit etwa in der Logistik, Fleischindustrie oder Bauwirtschaft fanden, größtenteils geballt in einem Quartier. Allein 110 Menschen aus Rumänien und Bulgarien leben in einem Wohnkomplex an der Adalbertstraße, darunter rund 80 Kinder und Jugendliche. Das führte schon in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen, gleichzeitig gelang es nicht, mit den Familien ins Gespräch zu kommen.

Kommunales Präventionskonzept

Auch ein im Jahr 2020 eingerichteter Arbeitskreis, bei dem sich lokale Akteure, Initiativen, Vereine, Ehrenamt, Schulen sowie Vertreter des Kreisjugendamts und des KI trafen, um über den Umgang mit der rumänisch-bulgarischen Gemeinschaft zu sprechen, brachte bisher keine spürbaren Veränderungen.

Tor am Spielplatz Holtfeld
Gegen Lärmbelästigung in den Abendstunden war der Spielplatz Am Holtfeld gegenüber dem Hochhaus Adalbertstraße bereits 2020 mit Zaun und abschließbarem Tor gesichert worden. Zur Integration trug das nicht bei. © Kröger

Aktuell erarbeite die Gemeinde nach eigenem Bekunden in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Fachbereich Familie und Jugend des Kreises ein kommunales Präventionskonzept. Ein Schwerpunkt stellt dabei die „Integration vor Ort und Unterstützung der zugewanderten Familien aus Südosteuropa“ dar.

Dabei sollen die Familien mit ihren Bedürfnissen und kulturellen Wurzeln im Vordergrund stehen. Angedacht ist demnach unter anderem die Einbindung von Migrantenorganisationen mit Experten aus dem gleichen Kulturkreis, die als Türöffner ein Vertrauensverhältnis aufbauen und helfen, Vorurteile und Ängste abzubauen.

Ziele und Maßnahmen des Programms

Ziele des Förderprogramms sind frühzeitige Integration, Abbau der Schulabstinenz und Verbesserung der Lebensqualität für alle Bewohner des Quartiers. Dazu gibt der Förderantrag konkrete Maßnahmen an: Im ersten Quartal 2023 soll Kontakt zu Migrantenorganisationen aufgenommen werden, um den Kontakt zu den betroffenen Familien herzustellen. Im zweiten Quartal sollen Informationsveranstaltungen zu Schule und Beruf und zum Zusammenleben in der Gemeinde stattfinden.

Im dritten Quartal sollen Verwaltung und Politik in Informationsveranstaltungen einbezogen und für das Thema sensibilisiert werden. Zudem soll ein Nachbarschaftsfest organisiert werden, das alle Anwohner zusammen bringt. Außerdem ist in Kooperation mit der Wohnungsbaugesellschaft die Einrichtung eines Hausmeisterbüros in der Wohnanlage mit regelmäßiger Präsenz vor Ort geplant, das Infos über Hausordnung, Ruhezeiten und Hilfen bei der Müllentsorgung gibt. Das Büro soll dann auch zeitweise KIM-Mitarbeitern für Beratungsstunden zur Verfügung stehen.

Auch interessant

Kommentare