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Fahrlehrer sieht große Defizite – „Orientierung im Straßenverkehr funktioniert nicht per App“

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Von: Carola Schiller

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Seit 1996 bildet der Bönener Fahrlerer Ulrich Nagel Fahrschüler aus.
Seit 1996 bildet der Bönener Fahrlerer Ulrich Nagel Fahrschüler aus. © Dalley

Im Jahr 2022 haben 39 Prozent die theoretische Führerscheinprüfung nicht bestanden. Das sind zehn Prozentpunkte mehr als zehn Jahre zuvor. Den Trend zum Scheitern aufgrund fehlender Voraussetzungen kann Fahrlehrer Ulrich Nagel aus Bönen bestätigen.

Bönen – Die Zahl der Führerscheinanmeldungen steigt. Laut Technischem Überwachungsverein (Tüv) war sie im vergangenen Jahr so hoch wie nie zuvor. Allerdings erhält nicht jeder, der sich der Prüfung stellt, anschließend (sofort) den ersehnten Schein. Allein 2022 haben 39 Prozent die Theorieprüfung nicht bestanden. Das sind zehn Prozentpunkte mehr als zehn Jahre zuvor. Für die Prüforganisationen liegt einer der Gründe im zunehmend dichten Straßenverkehr. Gleichzeitig mahnen die Organisationen aber auch Schulen und Eltern, den Nachwuchs besser vorzubereiten. Ganz besonders im Bereich der Verkehrssicherheit.

Den Trend zum Scheitern aufgrund fehlender Voraussetzungen kann Bönens Fahrlehrer Ulrich Nagel bestätigen. Mit Sorge beobachtet er, wie das Wissen der Nachwuchsautofahrer in Sachen Verkehrssicherheit nachlässt. Einfache Verkehrsregeln, aber auch Straßenschilder, müssten die jungen Leute eigentlich kennen, macht er deutlich. Schließlich sind sie im öffentlichen Raum unterwegs, als Radfahrer und Fußgänger.

Die Orientierung im Straßenverkehr funktioniert nicht per App oder mit der Hilfe von Google.

Ulrich Nagel

Die Verantwortlichkeit sieht der Fahrlehrer aber wie die Prüfungsorganisationen bei den Schulen und besonders bei den Eltern. Die müssten ihren Kindern das Wissen, wie man sich sicher im Straßenverkehr bewegt, schon in den frühen Schuljahren mitgeben und ihnen das auch zutrauen, damit das Wissen verfestigt wird. Doch dabei hapert’s. Die Jugend verlasse sich eher darauf, nichts zu wissen und sich bei offenen Fragen auf Google zu verlassen.

Die Orientierung im Straßenverkehr funktioniere aber nicht per App oder mit der Hilfe von Google. Da sei Wissen und die Fähigkeit zu schnellen Entscheidungen gefragt. Das fehle. „Wenn der Fahrschüler auf der Kreuzung steht, und es kommt ein Auto, muss er schnell entscheiden, was richtig ist. Das haben die nicht gelernt“, sagt Nagel.

Auch Eltern sind gefragt

Entsprechend seien die Fahranfänger in für Autofahrer alltäglichen Situationen überfordert. Die bestandene theoretische Prüfung helfe da letztendlich auch nicht. Er beobachte, dass die Schüler sich das Wissen direkt für die Prüfung aneignen, aber nicht in der Lage sind, es anschließend wieder abzurufen. Das sei aber wichtig, denn ohne theoretisches Wissen sei eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr nicht möglich.

Defizite beobachte Ulrich Nagel außerdem beim Thema Rücksichtnahme, und auch hier wünscht er sich Eltern mit Vorbildfunktion. Und wenn es nur darum geht, einfach mal jemandem die Tür aufzuhalten. So was müsse aber vorgelebt werden. Den Fahrschülern rät Ulrich Nagel in Bezug auf die Theorie: „Das ist Wissen, das ihr braucht.“

Wer künftig die Führerscheinprüfung ablegt, muss sich wohl bald auf Änderungen gefasst machen. Unter anderem soll es einen Refresh-Kurs für Anfänger geben.

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