Wer wann den ausgewiesenen Teil der Bahnhofstraße befahren darf, ist darüber hinaus ganz klar geregelt. Fahrräder können fahren, außer an Markttagen. Dann dürfen hingegen die Händler mit ihren Marktständen in die Fußgängerzone. Lieferfahrzeuge sind hingegen nur in der Zeit von 19 Uhr abends bis 11 Uhr vormittags erlaubt. Das steht unter dem Fußgängerzonen-Zeichen an den beiden Eingängen.
Der Fahrer eines GLS-Transporters weiß das nicht, oder er hat das Schild übersehen. Es ist bereits 11.14 Uhr, als er in die Fußgängerzone einbiegt. Eine Ermahnung von der Mitarbeiterin des Bönener Ordnungsamtes, die zufällig vor Ort ist, bekommt er nicht. Nur vier Minuten später folgt sein Kollege von DHL, dann ein Fahrer von Fedex. Der Internethandel boomt, entsprechend beschäftigt sind die Lieferanten.
Um kurz nach 11.30 Uhr kommen die ersten „Einkäufer“, stellen ihre Autos vor der Redaktion des Westfälischen Anzeigers ab und gehen „shoppen“. Viele lassen während des „Sprungs“ in den Lebensmittelladen den Motor ihres Autos laufen, manche auch gleich noch die Musikanlage.
Kurz nach 12 Uhr fahren zwei Transporter durch die Mitte, um 12.30 Uhr der nächste DHL-Fahrer. Nachmittags flitzen drei Mofas durch die „City“, dazu einige Elektroroller. Die E-Scooter sind – wie viele andere Fahrzeuge – flott unterwegs. Schrittgeschwindigkeit? Um auf Fußgänger oder Kinder mit Lauf- und Fahrrädern Rücksicht zu nehmen? Fehlanzeige!
Gefühlt besonders schnell sind einige der Amazon-Fahrer. Der Online-Handelsriese schickt sie fast täglich in die Bönener Mitte. Und sie nutzen den schnellsten Weg, um die bestellten Waren zu Kunden entlang der Fußgängerzone zu bringen. Bekanntlich stehen sie, wie die meisten Zusteller, unter hohem Druck. Zeit ist Geld – sie müssen Zielvorgaben erreichen. Mindestens zwei Tauben kostete das schon das Leben. So schnell konnten sie vor dem heraneilenden Transporter nicht auffliegen. Der Wagen zerquetschte sie – um 13 Uhr mittags in der Bönener Fußgängerzone. Ein Kleinkind, das mit seiner Mutter unterwegs war, musste zusehen.
Gegen 18 Uhr rollt noch ein kleiner „Pizza-Flitzer“ über das strapazierte Pflaster. Die losen Steine klappern unter den Reifen. Der Fahrer bringt freilich keine belegten Fladen, sondern parkt am Gemeindeteich. Lässig steigt er aus, um mit Blick auf den See mit seinen Freunden zu plaudern.
Die WA-Mitarbeiterin zählt zwischen 11 und 18 Uhr 15 Fahrzeuge, die in die Fußgängerzone gefahren sind. Das ist ein eher unterdurchschnittlicher Tag, wie die Kollegen in der Redaktion bemerken. Sie haben schließlich einen guten Blick auf den Einfahrtsbereich. Und an diesem Tag bleiben zum Beispiel die Lieferanten aus, die üblicherweise mehrmals wöchentlich den türkischen Lebensmittelladen, die beiden Supermärkte oder die Bäckereien versorgen. Sie fahren fast direkt vor die Tür, um ihre Waren zuzustellen. An die vorgegebenen Lieferzeiten halten sie sich nicht.
Die Zahl der Fahrzeuge steigt zudem deutlich an, wenn es regnet oder kalt ist. Dann scheuen augenscheinlich vor allem die „Einkäufer“ den längeren Weg vom großen, kostenlosen Parkplatz hinter den beiden Supermärkten, wenn sie im Sevimli-Market etwas zu besorgen haben.
Eine Ausnahmegenehmigung zum Befahren der Fußgängerzone darf nur erteilt werden, wenn eine besondere Dringlichkeit und Notwendigkeit begründet wird, heißt es in der Straßenverkehrsordnung. Für die Bönener Mitte genehmigt der Kreis Unna das Befahren der Fußgängerzone. Zehn Ausnahmegenehmigungen wurden demnach ausgestellt – zum weitaus überwiegenden Teil an ortsansässige Privatpersonen. Für alle anderen, also auch für die Lieferdienste und Zusteller, gilt somit das Fahrverbot zwischen 11 und 19 Uhr.
Der Bereich werde regelmäßig kontrolliert, gibt die Gemeindeverwaltung an. Oftmals, so die Beobachtung, gibt es dann mündliche Ermahnungen für die Fahrer von den Mitarbeitern des Ordnungsamtes. Die würden aber durchaus auch 55 Euro als Verwarnung kassieren, heißt es aus dem Rathaus. Wer mit seinem Kraftfahrzeug bis 3,5 Tonnen eine Fußgängerzone benutzt, soll laut Bußgeldkatalog 20 Euro zahlen. Das trifft auf die meisten Paketboten und Lieferdienste zu. Wer darüber hinaus einen Fußgänger gefährdet, muss sogar 70 Euro berappen.
Für die E-Scooter-Lenker könnte ein Bußgeld von 15 bis 30 Euro verhängt werden, wegen Fahrens auf nicht zulässigen Wegen. Nur, wenn ein Zusatzzeichen „Elektrokleinstfahrzeuge frei” unter dem Fußgängerzonen-Schild hängt, dürfen sie dort fahren. Hängt es aber nicht.