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Bönener Kirchengemeinde macht sich auf den Weg zur Klimaneutralität

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Von: Sabine Pinger

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Diie Evangelische Kirchengemeinde Bönen soll bis 2040 klimaneutral sein.
Pfarrer Detlef Belter sieht die Bönener Kirchengemeinde vor große Aufgaben gestellt. © Robert Szkudlarek

Die dicke Jacke ist Pflicht. Wer die Weihnachtsgottesdienste in den Bönener Kirchen besuchen möchte, sollte sich warm anziehen. Die Heizungen dort sind ausgeschaltet. Damit will die Kirchengemeinde ihren Beitrag in der Energiekrise leisten. Ob die Gotteshäuser jedoch überhaupt wieder beheizt werden, ist offen. In den kommenden Jahren wird das Thema Energie für die Kirchen nämlich eine enorm große Rolle spielen.

Bönen - Bis Ende 2035 sollen die Treibhausgasemissionen der Evangelischen Kirche von Westfalen auf zehn Prozent im Vergleich zu 1990 verringert werden. Das hat die Synode gerade beschIossen. In den folgenden Jahren soll sie dann nach und nach auf null zurückgehen, bis 2040. Sie geht damit voran, denn ganz Deutschland soll nach dem Willen der Bundesregierung erst 2045 klimaneutral sein.

„Erst mal ist es gut und richtig, dass wir diesen Weg gehen“, sagt Detlef Belter. Immerhin habe die Kirche den Auftrag, die Schöpfung zu bewahren. Und die ist von der Klimakatastrophe massiv bedroht. Dennoch hält der Bönener Pfarrer es für schwierig, das Ziel zu erreichen. „Ich glaube nicht, dass wir mit dem Bestand, den wir haben, bis 2035 die zehn Prozent schaffen. Ich hoffe aber, dass wir bis dahin so viel wie möglich hinbekommen. Dazu müssen wir uns jetzt gemeinsam auf den Weg machen und so viele Menschen wie möglich mitnehmen.“

Ein Tropfen auf dem heißen Stein

Ideen gibt es bereits. Und die aktuelle Situation zeigt, dass in der Not einiges machbar ist. Um in der Energiekrise zu sparen und ein Zeichen zu setzen, werden die Kirchen im Ort nicht mehr angestrahlt und beheizt, in den übrigen Räumen der Gemeinde die Temperatur auf höchstens 19 Grad beschränkt. „Wenn es sehr kalt wird, dann überlegen wir, eine ‘Winterkirche’ im Martin-Luther-Haus einzurichten. Das lässt sich gut beheizen“, erklärt Belter.

Während es Geld spart, wenn Heizung und Licht ausgeschaltet bleiben, kostet der Klimaschutz an anderer Stelle jedoch viel Geld. Laut Synode sollen daher ab kommendem Jahr vier Prozent der Kirchensteuerzuweisungen dafür verwendet werden. „Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein, damit kommen wir nicht weit“, befürchtet Belter. Für den Kirchenkreis Hamm, zu dem Bönen gehört, bedeutet das eine Zuweisung von aktuell rund 450 000 Euro – für alle zwölf Gemeinden. „Wir müssen sicher mehr machen, das ist klar. Aber was lässt man dafür weg? Wo spart man ein?“, stellt der Pastor die Fragen, die viele seiner Kollegen umtreiben. „Wenn wir 20 bis 25 Prozent der Zuweisungen für den Klimaschutz verwenden, müssten wir viele Sachen stilllegen, die Jugendkirche beispielsweise.“

Bestand überprüfen

Gut sei, dass der Kirchenkreis eine Finanzgemeinschaft bildet. „Andere Gemeinden sind da ganz auf sich gestellt“, weiß der Pfarrer. Was umgesetzt werden kann, darüber sollten sich jetzt alle Gedanken machen. „Wir müssen uns unsere Gebäude anschauen und gucken, was dringend notwendig ist. Vielleicht eine Dämmung, neue Fenster oder Heizungsanlagen. Auch Photovoltaik kommt infrage. Damit sind wir bisher dünn besetzt.“ Mit der Umsetzung der Klimaneutralität würden auf jeden Fall viele gravierende Änderungen einhergehen. Die Gemeinden müssten sich unter anderem überlegen, ob sie all ihre Gebäude behalten oder sich an der einen oder anderen Stelle kleiner setzen können.

Problematisch seien dabei oft bürokratische Hürden, beispielsweise durch den Denkmalschutz. „Es gibt zu viele Hemmnisse, die es uns schwer machen – auch im Denken. Wir müssen kreativer denken“, wünscht sich Belter. Er kann sich vieles vorstellen, sogar eine PV-Anlage auf dem Dach der Alten Kirche. „Es muss ja nicht unbedingt auf dem Turm sein, der ja wirklich alt ist. Aber auf dem Kirchenschiff wäre es denkbar.“ Ob die Panels in dieser Höhe störend wirken, ist fraglich. „Und ob etwas schön ist oder nicht, sollte ohnehin zweitrangig sein. Wichtig ist, wie wir die Klimaneutralität mit unseren Mitteln hinbekommen.“

Trotz aller Hürden ist der Pastor von der Notwendigkeit der Entscheidung überzeugt. „Wir hätten viel früher damit anfangen sollen“, blickt er auf die globale Erderwärmung, die weiter bedrohlich ansteigt (siehe Kasten). Dass sich das 1,5-Grad-Ziel noch erreichen lässt, auf das sich die Staatengemeinschaft 2015 geeinigt hat, glaubt er nicht. Aber: „Nichts ist unmöglich. Es geht viel mehr, als wir uns im Moment vielleicht vorstellen können.“

Umsetzbare Ideen gefordert

Um als Kirche schnell voran zu kommen, hofft der Bönener auf Unterstützung. „Der Kirchenkreis will einen Klimamanager einstellen. Der könnte uns gut helfen und Ideen liefern, was sich umsetzen lässt, auch finanziell.“ Zu tun bekommt der Profi auf jeden Fall genug. Neben den Immobilien, den Kirchen, Gemeinde- und Pfarrhäuser, ist allein der Bereich Kindertageseinrichtungen ein extrem breites Feld. Es muss aber beackert werden, um die „Klimaschutzkonzeption 2040“ umzusetzen. Vier Bönener Kitas gibt es im Trägerverbund des Kirchenkreises, insgesamt sind es 39. Und es geht nicht nur darum, deren Gebäude CO2-frei zu stellen, sondern auch um das tägliche Leben darin. „Man muss schauen, wie man dort gesundes, schmackhaftes Essen anbietet, das klimaneutral entsteht“, nennt Belter ein Beispiel. Darüber hinaus gehe es um die Mobilität der Mitarbeiter, die Mobiliare, Angebote, Konzepte und mehr.

„Wir müssen so umdenken, dass wir es hinbekommen. Es gibt Dinge, die schnell gehen und andere, die nur mit einem hohen finanziellen Aufwand zu machen sind. Ein Schritt nimmt den nächsten mit“, so der Pfarrer. Manchmal brauche es viele kleine Schritte, bis ein großer erkennbar sei.

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