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Das Elend mit der Grundsteuer: Gemeinde muss 2500 Flurstücke bearbeiten

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Von: Kira Presch

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Rathaus Bönen
Auch im Bönener Rathaus rauchen die Köpfe der Verwaltungsmitarbeiter, die sich um die Grundsteuererklärung kümmern müssen. © Liesegang Markus

Die Bürger stönen über die Grundsteuererklärung, die nach Verlängerung bis Ende Januar beim Finanzamt eingereicht sein musste. Aber nur knapp zwei Drittel sind bisher eingegangen. Da geht es übrigens den Kommunen nicht besser. Auch die Gemeinde Bönen muss alle Liegenschaften anmelden. Weil das insgesamt über 2500 Flurstücke sind, wird’s wohl noch etwas dauern.

Bönen – Die Grundsteuerreform trifft alle, Bürger aber auch Kommunen, Land und Bund. Viele Bürger raufen sich die Haare bei dem Versuch, elektronisch mittels Elster ihren Grundbesitz an die zuständige Finanzbehörde zu übermitteln. Denn das System hat durchaus seine Tücken – vor allem, wenn Nutzungen nicht eindeutig sind. Am 31. Januar ist die Verlängerungsfrist abgelaufen. Dennoch sind bislang gerade mal rund zwei Drittel der Erklärungen eingegangen. Aber auch Kommunen bleiben von der Grundsteuererklärung nicht verschont. Bei der Gemeinde Bönen sind es rund 2500 Flurstücke, die überprüft und übermittelt werden müssen. Eine echte Herausforderung für die Verwaltungsmitarbeiter.

Ein erheblicher Arbeitsaufwand

„Tatsächlich bedeutet das Projekt Grundsteuererklärung auch für die Gemeinde Bönen einen erheblichen zusätzlichen Aufwand“, erläutert Fachbereichsleiter Robert Eisler. „Insbesondere, nachdem sich herausgestellt hat, dass für den überwiegenden Teil der Grundstücke die digitale Übermittlung über Elster an den verschiedenartigen Nutzungen oder bestimmten Konstellationen scheitert.“ Etwa bei Kombinationsnutzungen wie Schule mit Hausmeisterhaus oder Treffpunkt Go in mit Wohnhaus daneben sei die Bewertung schwierig.

„Elster ist vielleicht für das klassische Ein- und Mehrfamilienhaus geeignet, bei komplexeren Strukturen wird es problematisch. Wir haben uns daher zunächst darauf konzentriert, die bereits in vergangenen Jahren erfassten und steuerlich bereits bewerteten Grundstücke, für die wir also bereits Grundsteuer bezahlen, als erstes zu übermitteln.“

Die Grundsteuerreform

2019 wurde das Grundsteuerreformgesetz verabschiedet, dass sich alle Grundstücke zum 1.1.2022, dem Hauptfeststellungszeitpunkt, einer neuen Grundsteuerwertermittlung zu unterziehen haben. Die Abgabefrist wurde bis zum 31.1.2023 verlängert.

Nach den Regelungen des Grundsteuergesetzes gelten auch weiterhin gewisse Steuerbefreiungsregeln, sofern es sich um Grundstücke handelt, die etwa für hoheitliche Tätigkeiten genutzt werden. Zudem gilt eine Befreiung von Grundbesitz für Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr dienen. Wohnungen sind dagegen stets steuerpflichtig.

Da die neuen Grundsteuerbeträge ab 2025 fällig werden, ist das Zeitfenster zur Grundsteuerveranlagung begrenzt. Das Bundesfinanzministerium meldet, dass bis zum 29. Januar knapp 60 Prozent der erwarteten Erklärungen elektronisch eingegangen sind, 9 Prozent auf Papierformularen.

Bei einer ausbleibenden Erklärung kann das zuständige Finanzamt einen Verspätungszuschlag fordern oder ein Zwangsgeld festsetzen. Wird die Grundsteuererklärung gar nicht abgegeben, schätzt das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen – was sich für den Eigentümer nachteilig auswirken könnte.

Die Übermittlung an die zuständige Finanzbehörde in Hamm hat die Verwaltung überwiegend schriftlich per Formular vorgenommen, weil hier auch ausführlichere Erläuterungen möglich sind im Gegensatz zur elektronischen Übermittlungsform. „In Elster gab es so viele Fehlermeldungen und Probleme – manche Kombinationen sind gar nicht möglich –, dass wir uns entschieden haben, wenn wir das noch irgendwann abgeben wollen, dann machen wir das jetzt auf Papier. Damit sind wir gerade fertig geworden“, kann Eisler vermelden.

Hunderte Parzellen sind zu bewerten

Bleibt noch der große Rest, denn insgesamt hält die Gemeinde rund 2500 Flurstücke in ihrem Eigentum. „Das hätten wir weder zum ersten noch zum zweiten Abgabetermin leisten können“, macht Eisler deutlich. Gemeldet werden müssen nun noch Grundstücke, die entweder in der Vergangenheit steuerbefreit waren und auch weiter sind – öffentliche Einrichtungen wie zum Beispiel das Rathaus oder Schulgebäude – und zahlreiche einzelne Flurstücke.

Wirtschaftsweg
Eine nicht unwichtige Frage: Die Verwaltung muss zum Beispiel klären, ob der Seitenstreifen zur Straße zählt oder zur landwirtschaftlichen Fläche? © Schiller, Carola

„Die sind teilweise auch landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich genutzt, sogenannter Streubesitz, der teilweise unter einer Steuernummer zusammengefasst ist, aber aus hunderten Parzellen wie Grabenparzellen, Straßenbegleitgrün oder Blühstreifen und ähnlichem besteht. Wir müssen aber zunächst alle Flurstücke prüfen.“ Auch bei einem Baugebiet, dessen Parzellen mittlerweile vermarktet sind, müsse genau geprüft werden, ob alles korrekt verbucht sei. „Die Grundstücke gehen in den Besitz der neuen Eigentümer über, die Gräben und Straßen bleiben bei uns“, erläutert Eisler.

Auch die Verwaltung holt sich Hilfe bei der Hotline

Dieses „Paket“ ordnungsgemäß zu übermitteln werde wohl noch etwas dauern. „Wir sind aber in enger Abstimmung mit dem Finanzamt, wie und in welcher Art die verbleibenden Flächen zu melden sind. Auch wir haben da bereits öfters die Hilfe der Hotline bemüht, die trotz des Ansturms immer freundlich Hilfe anbietet“, verrät Eisler. Aber auch da gebe es manchmal unterschiedliche Aussagen und Raum für Interpretationen. Da stellt sich die Frage: Ist ein Randstreifen nun Teil der Straße oder landwirtschaftliche Fläche? Wer weiß. Es bleibt eben schwierig – für Privatleute wie Behörden.

Lange Wartezeiten beim Finanzamt

Der hohe Beratungsbedarf und die Mehrbelastung durch die Grundsteuererklärungen – rund 52 900 Erklärungen (Stand 23. Januar), etwa 55 Prozent, seien bisher in der Hammer Finanzbehörde eingegangen, bestätigt deren Chef, Dirk Oeler – führt wiederum zu höheren Arbeitsbelastungen. Das geht unter anderem zu Lasten der Bearbeitungszeit bei der Einkommenssteuererklärung: Mit einer vergleichsweise langen durchschnittlichen Bearbeitungszeit von 52 Tagen rangierte das Finanzamt Hamm bisher ohnehin auf einem hinteren Platz im Ranking des Online-Portals lohnsteuer-kompakt.de.

Inzwischen müssen sich die Steuerpflichtigen im Einzugsbereich des Hammer Finanzamtes teilweise mehrere Monate gedulden, bis sie ihren Steuerbescheid erhalten. Und da fehlen noch rund 43 300 Grundsteuererklärungen, die in Hamm demnächst noch bearbeitet werden müssen.

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