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Wer nichts lernt, für den wird‘s eng - Fachkräftemangel wird zur Herausforderung

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Von: Kira Presch

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(von links) Uwe Ringelsiep (Jobcenter), Landrat Mario Löhr und Thomas Helm (Arbeitsagentur)
Stellten die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt im Kreis vor: (von links) Uwe Ringelsiep (Jobcenter), Landrat Mario Löhr und Thomas Helm (Arbeitsagentur). © Presch Kira

Die gute Nachricht: Der Arbeitsmarkt 2022 zeigt sich erstaunlich stabil – trotz Corona, Ukraine-Krieg und Inflationsrate. Das zeigt ein Blick auf die Entwicklung der Zahlen seit 2019, die der Kreis Unna, Arbeitsagentur und Jobcenter jetzt vorstellten. Dennoch kein Grund zur Freude, denn der Fachkräftemangel wird sich noch massiv verschärfen.

Kreis Unna – Landrat Mario Löhr blickt mit Sorge in die Zukunft, denn der Fachkräftemangel werde alle noch lange beschäftigen:„Mir graut es vor den nächsten zehn Jahren.“ Da müssten jetzt alle gemeinsam anpacken, fordert er – Verwaltung, Arbeitsvermittlung, Wirtschaft, Land und Bund, um Bedingungen zu schaffen, die den künftigen Herausforderungen erfolgreich gegensteuern.

Beschäftigung erreicht Höchststand

Insgesamt waren zum Jahresende 2022 15 008 Menschen arbeitslos gemeldet, ein Wert, der nur geringfügig über der Marke von 2019 liegt. Trotz Flüchtlingswelle liegt die Arbeitslosenquote im Kreis 5,6 Prozent unter dem Vorjahr 2021.

Gleichzeitig erreichen die Beschäftigungszahlen mit 137 853 einen Höchststand. Ein Blick auf die Beschäftigungsstruktur zeigt: 60 Prozent der versicherungspflichtig Beschäftigten sind Fachkräfte, zehn Prozent Spezialisten und neun Prozent Experten. Nur 21 Prozent üben noch Helfertätigkeiten aus. Und hier liege das Problem, betont der Chef der Agentur für Arbeit, Thomas Helm. „Das wird sich durch technologische Entwicklungen massiv verändern. In der Lagerwirtschaft findet bereits ein großer Personalabbau durch zunehmende Automatisierung statt. Roboter ersetzen zunehmend Menschen.“

Ohne Ausbildung wird es eng werden

Das bedeutet, für Menschen ohne Ausbildung und ohne Schulabschluss wird es künftig immer weniger Arbeitsplätze geben. Signifikant: Unter den 15 008 Menschen ohne Arbeit im Kreis haben 60 Prozent keine abgeschlossene Berufsausbildung.

Die Langzeitarbeitslosigkeit ging nach zwei Jahren Anstieg wieder zurück um 11,7 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit (zwischen 15 und 25 Jahren) sank sogar um 14,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 979. Das ist erst mal positiv. Bei der Jugendarbeitslosigkeit wird das Problem noch deutlicher: 90 Prozent der Betroffenen haben keine Berufsausbildung.

Besseres Marketing gefragt

Natürlich gebe es die Möglichkeit einer späteren beruflichen Qualifizierung im Job, aber „es ist wichtiger denn je, junge Menschen für die duale Ausbildung zu begeistern“, sagt Jobcenter-Chef Uwe Ringelsiep. Schulische und berufliche Bildung, das sei die Stellschraube. „Das wird die Herausforderung der nächsten Jahre.“ Da sei besseres Marketing gefragt.

„Wir müssen stärker mit den Schulen ins Gespräch kommen und über neue Strategien nachdenken“, ergänzt Löhr. „Wenn Jugendliche ein, zwei Jahre im Berufskolleg ,parken’ ohne Abschluss am Ende, weil die berufliche Orientierung fehlt, das können wir uns eigentlich nicht leisten“, macht Löhr deutlich, „denn wir sind auf diese Kräfte angewiesen.“

Zuwanderung gegen Fachkräftemangel

Prägend im Jahr 2022 war neben den Auswirkungen der Corona-Pandemie der Ausbruch des Ukraine-Krieges mit seinen Folgen wie Inflation und Energiekrise. So habe sich die Zahl der erwerbsfähig gemeldeten Personen mit ukrainischem Pass von 63 im Dezember 2021 auf 2228 ein Jahr später erhöht. Hinzu kommen noch einmal 2231 Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund aus anderen Ländern.

„Wir brauchen Zuwanderung, um unsere Fachkräfteprobleme lösen zu können“, macht Löhr deutlich mit Blick auf die kommenden Jahre. Das Chancen-Aufenthaltsrecht, so Helm, gebe Menschen, die gut integriert sind, die Möglichkeit, Arbeit zu suchen und ein dauerhaftes Bleiberecht zu erlangen.

„Traditionell haben wir einen guten Branchenmix im Kreis“, sagt Landrat Mario Löhr. Aber: Auch hier seien große Umbrüche absehbar.

Einzelhandel größter Arbeitgeber im Kreis

Die Metallindustrie beispielsweise, traditionell stark im Kreis, liegt nur noch auf Rang neun im Arbeitsplatzranking der Branchen. Als Branche, die im Kreis Unna die meisten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze anbietet, steht der Einzelhandel mit einem Anteil von 9,1 Prozent und 12 351 Beschäftigten klar auf Platz eins, gefolgt vom Gesundheitswesen und der Logistikbranche.

Genau Letztere hat aber auch seit März 2019 895 Arbeitsplätze abgebaut. Dabei handelt es sich vor allem um unqualifizierte Helferjobs. Die größten Zuwächse bei Arbeitsplätzen verzeichnen dagegen die Bereiche Baugewerbe, Gesundheitswesen, Sozialwesen, Erziehung und Unterricht sowie Gastronomie im Kreis Unna.

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