„Wir verlieren mit den Kraftwerken 1200 gute Jobs im Kreis Unna. Ich möchte mindestens genau so viele neue schaffen“, so Löhr Dafür sei er bereit, „gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft ins Risiko zu gehen“, um bei der Entwicklung der wasserstoffgetriebenen Industrie als ein Pionier zu profitieren.
Zu ergründen, wie dies und mehr mit den erwarteten Förder-Millionen aus dem Strukturstärkungsgesetz eine wirtschaftliche Säule im Kreis Unna wird, ist Aufgabe einer neuen strategischen Einheit, die der Kreistag mit der parallelen Gründung der „Projektgesellschaft Zukunft Kreis Unna mbH“ schaffen soll. Dafür möchte Mario Löhr die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) im Zuge des 2021/22 altersbedingt anstehenden Führungswechsels schon jetzt neu aufstellen.
Die WFG, bisheriger Motor neuer Entwicklungen, soll sich auf Flächenentwicklung und Firmenansiedlung konzentrieren und Projektträger sein. Das vertrage sich nicht mit der Rolle als unterstützende und beratende Einheit für Förderanträge zum Kohleausstieg. Deshalb soll diese Aufgabe aus der WFG ausgelöst werden, um die „Professionalisierung der Projektentwicklung“ für die ehrgeizigen Pläne in einer eigenen Gesellschaft zu forcieren.
Geld ist da: Aus dem Kohletopf erwartet der Kreis eine Personakostenförderung von maximal 400 000 Euro jährlich. Damit sollen findige Köpfe für zukunftsträchtige Ideen geholt werden. Möglichst zum letzten Quartal des Jahres möchte Löhr den Geschäftsführer berufen und ihm/ihr dann bis zu fünf Mitarbeiter an die Seite stellen.
Durchfinanziert ist die Zukunfts-GmbH so als 100-prozentige Tochter des Kreises Unna damit nicht. Im Vollbetrieb müsste der Kreis jährlich 275 000 Euro zuschießen, würde aber 120 000 bis 150 000 Euro aufseiten der WFG einsparen. Der künftige Chef wäre den Kreistagsvertretern in der Gesellschafterversammlung unterstellt. Die Städte sollen ohne unmittelbaren Einfluss in einem Kommunalbeirat mitreden. Als Brücke zu Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik ist ein Innovationsbeirat vorgesehen.
Die Energiegesellschaft sollen 51 Prozent Kreis-Anteil zu einer kommunal gesteuerten GmbH machen. Das schafft gesetzliche Privilegien für kommunale Wasserstoff-Erzeuger, ohne die das Vorhaben zu gegenwärtigen Marktbedingungen nicht bestehen könnte. Ausgleichsregelungen für „Grünen Wasserstoff“ (Elektrolyse mit Solarstrom) und der volle steuerliche Querverbund zur Verlustabschreibung unter den Töchtern des „Konzerns Kreis Unna“, samt der VKU mit ihrer Busflotte und der GWA mit den Müllfahrzeugen als Großabnehmer, lassen laut Expertise aber eine Entlastung des Kreises erwarten. Für die GWA hat der Berater PwC in einer Studie geprüft, wie die Umstellung von Diesel auf H2 laufen könnte.
Um die 500 Tonnen Wasserstoff würden die Wagen der Verkehrs- und der Müllgesellschaft jährlich verbrauchen, wenn die Umstellung auf Brennstoffzellen-Fahrzeuge erfolgt ist. Mit 800 bis 900 Tonnen Jahresproduktion ist der Elektrolyseur von 6 Megawatt im Pilotprojekt umrissen. Da ließe sich, neben dem dabei anfallenden Sauerstoff, noch etwas verkaufen. Die verschlossene Müllkippe soll dafür mit Photovoltaik-Modulen bestückt werden.
Den Remondis-Konzern als Entsorger und Logistiker mit hohem Sprit- und Energiebedarf – und Wachstumsdrang – hat Löhr als Kooperationspartner ins Gespräch gebracht. Auch die Steag und die Eon-Tochter Westenergie umwarb der Landrat im WA-Gespräch offen. Mit 24,5 Prozent sollen diese Partner in die GmbH einsteigen, Know-how mitbringen – und Geld. Der Kreis Unna würde seinen Anteil bestreiten, indem er Flächen einbringt und Fördermittel einwirbt.
Die zweite Hälfte der Minderheitsbeteiligung ist einem Konsortium aller im Kreis tätigen Stadtwerke zugedacht. „Wir wollen den Stadtwerken ihr Geschäft nicht streitig machen“, betonte Löhr angesichts banger Fragen. Aber GSW & Co. haben etwas, was beim Ausbau einer H2-Versorgung später von Bedeutung ist: Ein Gasnetz, durch das sich Wasserstoff leiten ließe, um ein Tankstellennetz, Bebetriebe und Gebäude, etwa der Kreissiedlungsgesellschaft zu versorgen. Eine vergleichbare Anlage existiert bereits in Mainz.