Schnitzel, Fett und Nudeln: Bergkamener Unternehmer bezahlte Lieferanten nicht
Bergkamen - Wegen betrügerischer Lebensmittelbestellungen im sechsstelligen Bereich und Steuerhinterziehungen großen Stils muss sich der frühere Geschäftsführer eines mittlerweile geschlossenen Unternehmens aus Bergkamen vor dem Dortmunder Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Gesamtschaden der mutmaßlichen Machenschaften des 41-jährigen Selmers auf rund eine Million Euro.
Gleich zu Beginn des Großverfahrens richtete der Vorsitzende Richter Thomas Beumer mahnende Worte an den Angeklagten: „Die Tatvorwürfe gegen Sie wiegen schwer. Laut Aktenlage spricht vieles für eine Verurteilung!“, ließ der langjährig erfahrene Richter den Angeklagten und seine beiden Verteidiger wissen.
Im Falle einer Verurteilung müsse er mit einer hohen Strafe rechnen, auch weil er mehrfach vorbestraft sei, offenbar schon mehrfach vergleichbare Taten begangen habe. Nach den Vorwürfen der viele Seiten und Tabellen umfassenden Anklageschrift war der Angeklagte ab 2012 Geschäftsführer eines Groß- und Einzelhandels mit Sitz in Bergkamen. Das Unternehmen versorgte in großem Stil Gastronomen und Einzelhändler mit Lebensmitteln und Zubehör.
Unter der Hand weiter verkauft
Nach drei Jahren soll der Angeklagte die Firma zum Schein einem neuen Geschäftsführer überschrieben haben, der offenbar kaum der deutschen Sprache mächtig war. Tatsächlich jedoch, so die Anklage, nutzte der Ex-Geschäftsführer die Firma noch einige Monate für den alleinigen Zweck, Lebensmittel zu bestellen, nicht zu bezahlen und auf eigene Rechnung heimlich weiter zu verkaufen.
Oberstaatsanwalt Günter Klink listete über dreißig Minuten lang die angeklagten betrügerischen Bestellungen auf: Palettenlieferungen mit Hähnchen- und Schweineschnitzel, tonnenweise Bratenfett, Nudeln, Käse, Gewürze, aber auch Weine, Werbegeschenke und einen geleasten Luxuswagen.
Die Lieferungen wurden dann offenbar unter der Hand weiter verkauft, teilweise auch in Inseraten und im Internet angepriesen. Zahlreiche Lieferanten blieben bis heute auf ihren Rechnungen sitzen. Mehr als ein Dutzend Verhandlungstage hat die Wirtschaftsstrafkammer vorsorglich bis in den August hinein terminiert. An den nächsten Verhandlungstagen hat der Angeklagte Gelegenheit, sich zu den massiven Vorwürfen zu äußern. Diese seien, so der Vorsitzende Richter in der ersten Bewertung, „alles andere als Kavaliersdelikte“.
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