Bergkamen – Überhaupt beschritt Martini Neuland im Hammer Unternehmen Lohmann & Gawehn. „Der Betrieb besteht seit über 100 Jahren, und Katja ist die erste weibliche Auszubildende“, betont Kreuzmann. Ganz einfach deswegen, weil es schwierig sei auf Baustellen mit weiblichem Personal – Stichwort: getrennte Sanitäranlagen. „Aber Frauen werden inzwischen sogar bevorzugt, nutzen das Klo der Bauleiter“, weiß der Ausbilder. Auf größeren Baustellen würden sich getrennte Toiletten inzwischen durchsetzen.
„Es wird ja auch immer mehr darüber geredet, dass Frauen in Handwerksberufe gehen. Ich kenne das so nicht“, erzählt Martini. „Ich war das einzige Mädchen in meiner Berufsschulklasse.“ Mit den Jungs hätte es aber keinerlei Probleme gegeben. Allerdings hätten von anfänglich 25 Schülern nur vier die drei Jahre dauernde Ausbildung durchgestanden.
Drei Jahre hätte Martini nicht machen müssen. Die gebürtige Bönenerin hat das Fachabitur. „Aber das Verkürzen der Ausbildung um ein halbes Jahr war nie Thema“, sagt sie. Ein Studium kam ebenfalls nicht infrage. „Ich wollte auf keinem Fall ins Büro“, betont sie. Und warum ausgerechnet Malerin und Lackiererin? „Ich habe mich über die verschiedenen Handwerksberufe informiert. Malerin und Lackiererin klang abwechslungsreich. Und ist es auch. Man ist immer an anderen Orten, lernt andere Menschen kennen.“
Ob sie als kleines Mädchen denn auch viel gemalt hat? „Nee. Ich hab nie Bilder gemalt. Das ist ja künstlerisch.“ Als Leistungskurse in der Schule belegte die frühere Ringerin der TuS Bönen Sport und Biologie. „Ich bin perfektionistisch und arbeite mit Maßen.“
In den Hammer Malerbetrieb kam Martini über ihr Hobby. Mit ihr trainierte der Lohmann & Gawehn-Mitarbeiter Thomas Schlüter im Polizei- und Schutzhundeverein Nordbögge. Sie selbst sei zu diesem Zeitpunkt mit ihrem ersten Ausbildungsbetrieb unglücklich gewesen. „Es war eine Katastrophe!“, erinnert sich Martini. Schlüter offerierte die Lösung. „Ich frage mal den Chef“, versprach er. Nach einer Woche Praktikum unterschrieb sie in Heessen.
Lieblingsarbeit? „Lieber in Privathaushalten“, erklärt Martini. „Und am liebsten mache ich Sondertechniken.“ Das sind zum Beispiel Strukturarbeiten. „Individuelle Gestaltung eben.“
Solche Talente lassen wir nicht ziehen.
In der praktischen Gesellenprüfung musste Martini alles zeigen – von der Hochglanzlackierung bis hin zu Ornamenten und Logos. „Du arbeitest eine Woche lang in einer 2,5 Quadratmeter großen Kabine. Nach der Aufgabenstellung überlegst du die Umsetzung und ganz wichtig: Du erstellst einen Zeitplan.“ Es passte alles. Martini verließ die Prüfung mit einer glatten Eins.
Am Landesentscheid konnte Martini nicht teilnehmen. Traurig? Nein, nicht wirklich. Der Grund des Fernbleibens ist ein erfreulicher. In wenigen Wochen erwartet sie ihr erstes Kind.
Sorgen um ihre Karriere muss sich die junge Frau keine machen. Mit der Auszeichnung als Kammerbeste geht ein Stipendium einher, das Martini für die Meisterschule nutzen wird. Das ist auch das nächste Ziel der 21-Jährigen. „Ich will so viel an Wissen über das Handwerk aufsaugen wie geht“, betont die Gesellin. Deswegen wäre eine Teilnahme am Leistungswettbewerb auf Landesebene schon nicht schlecht gewesen, revidiert sie die erste Aussage, „dort hätte ich ja auch andere Gesellen, die vielleicht anders arbeiten, kennengelernt.“
Und wie sieht es mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus? „Man wächst mit seinen Aufgaben“, antwortet Martini. Kein Problem mit einer jungen Mutter im Team sieht Ausbilder Kreuzmann. „Solche Talente lassen wir nicht ziehen“, betont der Malermeister nachdrücklich. Martini sei eigenständig und verantwortungsbewusst. „Sie ist schon in der Ausbildung in den Bauleiterjob reingerutscht.“ Er verweist auf das letzte Großprojekt des Unternehmens, das Base-Camp-Studentenwohnheim in Dortmund. „Dort hat sie die 100 Meter langen Flure auf sechs Etagen alleine gestaltet. Pfeil- und Streifenornamente plus Stockwerksnummern“, beschreibt der Ausbilder begeistert die akribische Arbeit seines Schützlings. „Und es war ja schon in der Ausbildung so, dass der Architekt, mit dem wir öfter zu tun haben, sie extra angefordert hat.“