„Die Fördertranche 2021 war völlig überzeichnet“, antwortete Marc Alexander Ulrich als aktuell amtierender Baudezernent auf die Frage nach der Umsetzungsperspektive, da nun der Rat den Umbau beschlossen hat. „Wir haben aber ein Schreiben von Ministerin Ina Scharrenbach persönlich, aus dem hervorgeht, dass das Land grundsätzlich willens ist, alle diese Projekte zu fördern.“
Die Fördergeberin dürfte als Kamenerin aus eigener Anschauung wissen, welche Probleme Bergkamen mit dem eingeleiteten Wandel der verrufenen „City“ zu lösen antritt. Sie hat den Verantwortlichen nach Ulrichs Worten ans Herz gelegt, den Förderantrag nachzuschärfen: Welche Erfordernisse sind durch Corona klarer zutage getreten? In der Bedeutung des öffentlichen Raums, bei Kultur und Bildung als Baustein. Wo und wie wirkt das Zusammenspiel von Architektur, Flächengestaltung und sozialen Ankerpunkten?
Das beinflusse noch einmal die Betrachtung des Rathauses vor dem Hintergrund der erforderlichen Erweiterung und Sanierung. „Welche Rolle können Einrichtungen dabei spielen? Bleibt es beim reinen Bürobau oder kommen dritte Nutzer infrage? Kann man bei einem Anbau mehr Leben mit reinnehmen?“, skizzierte der Dezernent die Fragestellungen. Das Nutzungskonzept müsse deutlich über die Idee hinausgehen, den Ratssaal in seiner markanten Architektur zu einer Veranstaltungsstätte zu machen. Beispielsweise bei den Überlegungen, die Stadtbücherei zu vergrößern.
Bis zum 30. September währt die Antragsfrist fürs kommende Jahr. Bis dahin kann die Verwaltung mit den Gremien an der Konzeption weiter arbeiten, Gutachten und Beiträge einholen, die nicht im Konflikt zum Förderantrag stehen. „Das passt eigentlich ganz gut“, sagte nicht nur der Kämmerer in Ulrich. Als Hüter der Finanzen ist’s ihm lieber, wenn die Kassenlage in Bezug auf die durchschnittlich 25 Prozent Eigenanteil an dem zig Millionen schweren Vorhaben verlässlicher beurteilt werden kann als zurzeit. Mit einem Zuschlag fürs ISEK wäre der Rahmen gesichert und die Förderfähigkeit der Bausteine testiert. Sie müssen gleichwohl einzeln und über Jahre zur Bezuschussung angemeldet werden.
Generell „bleibt uns die nötige Zeit, um die Pläne im erweiterten Spektrum der Fachausschüsse mit mehr Bürgerbeteiligung zu erörtern“, so der Dezernent. Auch aus Blickwinkeln, die es noch nicht gab, als die Planungsgruppe Stadtbüro sich mit einer hier so noch nie vorgenommenen Bestandsanalyse daran machte, die Leitlinien zu skizzieren: „Wir haben in Corona eine Menge gelernt über die Bedeutung des öffentlichen Raums und wie man ihn gestalten sollte, damit alle ihn nutzen können.“
Während das erst besprochen werden will, wird an einem zentralen Punkt der Gestaltung „mittendrin“ schon Konkretes geplant. Um das „Berg-Karree“ getaufte Vorhaben anstelle der Turmarkaden und des berüchtigten City-Wohnturms ist schließlich im vergangenen Jahr so hart gerungen worden, damit es sich den neuen Leitlinien fügt, statt nach drei gescheiterten auch noch den vierten Einkaufsbunker in die Mitte zu klotzen.
Mit 14 000 Quadratmetern Wohnraum im abgewogenen Verhältnis zum 4000 Quadratmeter Supermarkt, plus Drogeriemarkt und Gewerbebesatz hat das mit 100 Millionen Euro veranschlagte Investorenprojekt der Hilee B GmbH den Segen des Rates und seit April den grünen Stempel unterm Bauvorbescheid. Jetzt wird an der Ausbauplanung und den Pachtverträgen gearbeitet. Noch in diesem Jahr sollte in die 3,8 Hektar verwaiste Schuttwüste vorm Rathaus wieder Leben einkehren.